22.01.2014, 14:32 Uhr

SEPA wird für Deutschland zum Problem

Am 1. Februar treten neue Verordnungen für den Euro-Zahlungsverkehr in Kraft. Unternehmen müssen bis dahin ihre Systeme angepasst haben. Das gelingt in einigen Ländern besser als in anderen, weswegen eine Übergangszeit gewährt wird.
Weil insbesondere Deutschland Probleme mit der SEPA-Umstellung hat, gewährt Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier eine Fristverlängerung
Traditionell besitzt jedes Land eine nationale Lösung zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Daneben gibt es international verbreitete Lösungen (beispielsweise SWIFT). Dieses Nebeneinander führt dazu, dass beispielsweise Auslandszahlungen teurer sind als Inlandszahlungen. Ausserdem kann sich ? durch die Unterschiede der Zahlungsverkehrssysteme ? die Fehlerquote erhöhen. Seit 2008 gibt es mit SEPA (Single Euro Payments Area) einen einheitlichen Zahlungsraum für Euro-Überweisungen. Am 1. Februar treten fr diese Zone neue Regeln in Kraft. Für die IT Abteilung von Banken und Unternehmen bedeutet dies eine Menge Arbeit. Die jahrzehntelang genutzten DTA-Dateien (Datenträgeraustauschverfahren) werden durch XML-Formate ersetzt, die Kontonummern und Bankleitzahlen auf IBAN und BIC umgestellt. Auch beim Lastschriftverfahren (LSV) gibt es Änderungen. Die Banken sind dazu aufgefordert, genau wie andere Geschäftskunden, sich selbst um die Verwaltung von Lastschriftmandaten zu kümmern. Das betrifft standardisierte Themen wie Rateneinzüge für Sparverträge, die ohne Unterbrechung weiterlaufen müssen, oder Kontoauflösungen. Es müssen also Kundenstammdaten umgestellt und die Systeme entsprechend angepasst werden.

Deutschland ist zu langsam

Scheinbar sind bis dahin verschiedene Länder, insbesondere Deutschland, nicht in der Lage, die geforderten Umstellungen vorzunehmen. Darum hat die Europische Kommission vorgeschlagen, die nationalen LSV- und Überweisungsformate für weitere sechs Monate zuzulassen. Damit sollen Störungen für Verbraucher und Unternehmen auf ein Mindestmass reduziert werden. Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments stimmten heute der Fristverlängerung zu.
Trotz der «grossen Anstrengungen aller Beteiligten» sei die Migration bei Überweisungen und Lastschriften aktuell noch nicht weit genug fortgeschritten, um einen reibungslosen Übergang zu SEPA zu gewährleisten, sagt Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier. Er schlägt darum vor, dass die Frist für die Umstellung der 1. Februar bleibt, Zahlungen aber noch bis zum 1. August 2014 in einem anderen als dem SEPA-Format akzeptiert werden können. An SEPA hält er fest: «Ohne einen leistungsfähigen SEPA gibt es keinen effizienten Binnenmarkt. Die gesamte Zahlungskette ? Verbraucher, Banken und Unternehmen ? wird von SEPA und den billigeren und schnelleren Zahlungen profitieren.» Die Deutsche Bundesbank schreibt, dass Deutschland auf Fristverlängerung angewiesen ist. Im November waren 32 Prozent aller Überweisungen in Deutschland SEPA-Überweisungen. Im Dezember waren es 45 Prozent. Die sechsmonatige Verlängerung würde Deutschland reichen, alle geforderten Umstellungen vorzunehmen, vermutet die Bundesbank. Allerdings: Bei allen in Deutschland eingereichten Lastschriften war der Anteil mit 17,67 Prozent SEPA-Lastschriften noch niedriger, es ist also noch einiges an Arbeit nötig. Entsprechend warnt Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, die Finanzinstitute davor, sich auf der allfälligen Verlängerung auszuruhen: «Die SEPA-Umstellung muss für alle Marktteilnehmer weiterhin höchste Priorität haben. Dies ist im Interesse aller, denn auch im Falle einer Fristverlängerung bleibt es dabei: SEPA kommt!» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Schweizer haben noch Zeit

Europa ist auf gutem Weg

Zahlen der nationalen Zentralbanken zeigen, dass Deutschland eine Ausnahme und besonders langsam in der Umstellung ist. Ende Dezember waren 74 Prozent aller Euro-Überweisungen in der SEPA-Zone den neuen Regularien angepasst, teilt die Europische Zentralbank mit. Bei den Lastschriften waren es 41 Prozent, im Vergleich zum November (26 Prozent) eine deutliche Zunahme. Die Europäische Zentralbank ist aufgrund dieses Fortschritts davon überzeugt, dass «die meisten Institute die Migration bis 1. Februar 2014 abgeschlossen haben werden.»
Die Schweiz ist zwar seit 2006 SEPA-Mitgliedsland und hat dann die Angaben der Kontonummern auf das IBAN-Format mit 21 Stellen umgestell, als Nicht-EU-Mitglied ist man aber nicht an die Frist gebunden. «Wir haben keine entsprechende Verpflichtung und dürfen weiterhin die nationalen Formate brauchen», heisst es auf Anfrage bei SIX Interbank Clearing, welche die Schweizer Unternehmen beim SEPA-Anmeldeprozess begleitet. Spätestens ab Oktober 2016 will man aber auch in der Schweiz bereit sein. Das Schweizerische Clearing System (SIC) wird per Sommer 2016 auf ISO 20022 (XML) umgestellt. 

Credit Suisse zeigt, wie's geht

Bislang nehmen sechs nationale Banken an SEPA teil, die erste war die Credit Suisse. Auf Anfrage, was Schweizer Firmen bei der Umsetzung beachten müssen, schreibt die CS: «Neben der technischen Implementierung gilt es vor allem auch die betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten und den Nutzen von ISO 20022 (XML) zu nutzen (u.a. neue Prozesse oder Standardisierung). Im Weiteren bringt die Einführung von ISO 20022 (XML) auch einen Paradigma-Wechsel, da teilweise nicht mehr die Bank den Kunden den Standard vorgibt, sondern der Kunde mit ISO 20022 (XML) der Bank die Vorgaben machen kann.»



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