18.11.2014, 13:54 Uhr

Supercomputer-Entwicklung gerät ins Stocken

Der leistungsfähigste Supercomputer Europas steht nach wie vor in der Schweiz. Das liegt auch daran, dass die Regierungen weniger Geld in die Entwicklung dieser Spielzeuge stecken.
Die Schweiz hat weiterhin den schnellsten Supercomputer Europas. Der «Piz Daint» steht im Swiss National Supercomputing Centre (CSCS) in Lugano und liefert eine Leistung von 6,27 Petaflops (Billiarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde) ab. Das reicht auf der zweimal jährlich erscheinen Top 500-Liste (nicht zu verwechseln mit unserer jhrlich erscheinen Top 500 Liste der strksten Schweizer ICT-Firmen) zu Rang 6 weltweit. Was das Resultat aber auch zeigt: der einstmals florierende Wettkampf nach immer mehr Rechenleistung ist ins Stocken geraten. Denn bereits im letzten Jahr wurden beim Piz Daint 6,27 Petaflops gemessen, was auch für Rang sechs reichte. Und an der Spitze steht bereits zum vierten Mal in Folge Chinas Supercomputer Tianhe-2 (33,86 Petaflops), allerdings ohne im Vergleich zu seinem Debut im Juni 2013 an Leistung zugelegt zu haben.
In der Regel ist der schnellste Computer auf der Liste in den kommenden Jahren nicht mehr zuoberst, da neue Rechner die alten Rekorde pulverisieren. Als Folge wird die zusammengezählte Rechenleistung der Liste immer höher. Während diese Leistungssteigerung von 1994 bis 2008 aber 90 Prozent betrug, waren es in den letzten fünf Jahren nur noch 55 Prozent. So gibt es denn auch trotz der Leistungsstagnation der arrivierten Rechner in diesem Jahr nur einen Neueintritt in die Top10. Die Cray-Anlage ? vom gleichnamigen Hersteller kommt auch der Piz Daint ? schaffte es mit 3,57 Petaflops auf Rang 10.

Geld für Entwicklung fehlt

Die These, dass die Entwicklung ins Stocken gerät, wird von Prof. Dr. Anton Gunzinger, Gründer des Zürcher Unternehmens Supercomputing Systems AG, gestützt: «Der Grund für die langsamere Leistungsentwicklung ist, dass Regierungen kein Geld mehr für diese Spielzeuge haben». Interessant sei in dieser Hinsicht auch die Anzahl Computer pro Kontinent. Noch nie hätten die Amerikaner derart wenige Computer in die Liste gebracht wie dieses Mal (231/-2). Auch China und Japan verloren, dazugewonnen hat nur Europa (130/+14). «Das Resultat kann also durchaus mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Länder zu tun haben», sagt Gunzinger. Auf die Frage, warum Regierungen plötzlich kein Interesse mehr daran haben, ihr Geld in diese Superrechner zu investieren, antwortet der Experte: «Derzeit hat das Lösen linearer Gleichungssysteme keine Top-Priorität. Es ist heute wichtiger, grosse Datenmengen zu analysieren.» Ob sich dieser Trend umkehren wird oder die Ära dieser Art Supercomputer bereits wieder endet, vermag Gunzinger nicht vorauszusagen. Fest steht: der schnellste Supercomputer Europas ist nach wie vor der «Piz Daint». Sollte dies so bleiben, ist das für das Ansehen der Schweiz eine gute Sache, für die Entwicklung der Supercomputer aber nicht.



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