04.07.2016, 15:28 Uhr

Banken und ihre Probleme mit der Digitialisierung

Beim Erstkontakt mit Kunden tun sich Banken schwer, digital zu sein. Das fanden Mystery Shopper im Auftrag von Namics heraus. Untersucht wurden unter anderem Credit Suisse, Migros Bank, Postfinance, Raiffeisen und UBS.
Banken haben beim Erstkontakt mit ihren Kunden Nachholbedarf, sagt eine Studie von Namics. Unter dem Titel «Bankkunde werden: Hürden in digitalen Zeiten» veröffentlichte die Webagentur Ergebnisse eines Mystery Shoppings bei 14 Banken in der Schweiz und Deutschland. In der Schweiz wurden Credit Suisse, Migros Bank, Postfinance, Raiffeisen, UBS und Zürcher Kantonalbank geprüft. Dabei wurde jeweils ein Konto eröffnet und eine Kreditkarte bestellt. Das Ergebnis: Die Banken betreiben Scheindigitalisierung, arbeiten ineffizient und lassen Kundenfokus vermissen. Scheindigitalisierung Wer online ein Konto eröffnet, durchläuft den Prozess bei einer Bank zu fast zwei Dritteln offline. Im Einzelfall befanden sich bis zu 74 Prozent der Kontaktpunkte ausserhalb der digitalen Welt, heisst es in der Studie. Zudem erhielten Interessenten im Schnitt neun Postzusendungen bis das Onlinekonto freigeschaltet und die Kreditkarte zugestellt ist. Hinzu kommen durchschnittlich drei Anrufe und mindestens ein Besuch in der Filiale, bei einer Bank musste der Gang zur Filiale sogar viermal angetreten werden. Demgegenüber stehen zwei ebenfalls untersuchte sogenannte Herausforderer, das deutsche Fintech Number26 sowie die australische Westpac Bank. Bis zu 90 Prozent der Kontaktpunkte seien bei diesen zwei Finanzinstituten digital gewesen. Ineffizienz Bis eine Überweisung auf das eröffnete Konto möglich war, dauerte es im Median 7,5 Tage. Bei den beiden Challengers waren es 2 respektive 5 Tage. Dahinter folgt die ZKB mit sechs Tagen. Am zweitlängsten dauerte es bei der UBS, stolze 22 Tage. Ähnlich langwierig scheint es, bis mit einer Kreditkarte online ein Produkt gekauft werden kann: 11 Tage im Median für die Mystery Shopper. Bei der in dieser Rubrik schlechtesten Bank dauerte es sagenhafte 50 Tage. Weiter komme es zu Kanalwechseln, wie dem Versand des ausgedruckten Onlineformulars per Post, schreiben die Studienautoren. Die schlechteste Bank mutete ihren Kunden 26 Kanalwechsel zu, die beste fünf, der Durchschnitt lag bei zehn. Fehlender Kundenfokus Wer Kunde einer Bank werden möchte, musste meist 20 Schritte durchlaufen, heisst es in der Studie. Davon führte der Kunde mindestens zehn Schritte eigenständig aus. Zudem erhielten Interessenten im Schnitt per E-Mail, per Post und in der Filiale 22 Dokumente. Dabei mussten die relevanten Informationen selbst gefiltert werden, was laut Autoren die Fehleranfälligkeit erhöht. Darüber hinaus mussten die Mystery Shopper bei unterschiedlichen Kontaktpersonen wiederholt ihre Daten angegeben, zum Teil gingen diese beim Kanalwechsel auch verloren. Selbst persönliche Anreden hätten in den Unterlagen oft variiert. Usability-Probleme Nebst den Ergebnissen der Mystery Shopper hat ein Expertengremium die Banken auf ihre Nutzerfreundlichkeit hin untersucht. Die folgende Grafik zeigt, wie viele Banken in den jeweiligen Forschungsfeldern wie abgeschnitten haben: Produkte würden entweder kundenunfreundlich präsentiert oder Tools eingesetzt, die kaum Mehrwert bieten oder sogar verwirren. Hier liege ein grundlegendes Problem bei der Produktzusammenstellung  und der Produktpräsentation vor, sagt Namics. Zudem würde den Kunden bei der Produktbestellung online starten können, letztendlich aber einen analog konzipierten Offlineprozess durchlaufen. Dieses irreführende Versprechen führe auf Kundenseite zu Vertrauensverlust und Frustration. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Handlungsempfehlungen Handlungsempfehlungen Statt einem Fazit legt Namics den Banken Handlungsansweisungen nahe, die wir hier 1zu1 übernehmen: Sorgen Sie für Einheitlichkeit Jeder Kundenkontakt, unabhängig des Kanals, ist Teil des Markenerlebnisses. Gestalten Sie die visuelle Erscheinung, aber auch  Texte, Abbildungen und Kontaktmöglichkeiten einheitlich über alle Kontaktpunkte und Kanäle hinweg.Denken Sie von aussen nach innen und treten Sie so einheitlich auf, wie es der Berater auch tun soll: «One face to the customer».Nutzen Sie die von Kunden gewünschte  Technologie (richtig) Wählt oder wünscht der Kunde einen Kanal, so bieten Sie diesen durchgängig an. Ist diese Durchgängigkeit nicht zu gewährleisten,  sollten sie diesen auch nicht anbieten.Mehrfachangaben sind Gift für den Kunden. Fragen Sie nur die Daten ab, die Sie auch tatsächlich benötigen und nutzen Sie diese in der Folge konsequent. Datendurchgängigkeit ist das Ziel.Messen und verbessern Sie kontinuierlich Der Kunde bemerkt Fehler ohnehin, also vertuschen Sie sie nicht. Messen Sie lieber die Qualität der Prozesse und setzen Sie sich Ziele, um die Qualität kontinuierlich zu verbessern.Definieren Sie eine für den Kundenprozess verantwortliche Person. Sie muss die laufende Optimierung sicherstellen und alle wesentlichen  Abteilungen, wie Produktmanagement, Front und Call Center, an einem Tisch zusammenbringen.Denken Sie in Prozessen, nicht in Silos Definieren Sie die wichtigsten Prozesse aus Kundenperspektive, und zwar in der Form von Customer Journeys. Dokumentieren Sie  deren Stärken und Schwächen so, wie sie von Kunden erlebt werden. Korrigieren Sie proaktiv.Gestalten Sie die Customer Journey als Teil des Produktes und nicht  nur als eine reine Verkaufsstrecke. Verknüpfen Sie neue Angebote  und Produkte immer mit den angestrebten Kundenprozessen und Qualitätsmetriken.



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