Kündigen 07.12.2016, 10:38 Uhr

Wie mache ich es richtig?

Die Art und Weise, wie ein Betrieb mit ausscheidenden Mitarbeitenden umgeht, ist ein Gradmesser der Unternehmenskultur. Transparenz, Wertschätzung und Sozialverträglichkeit machen ein gutes Trennungsmanagement aus.
Der Artikel wurde ursprünglich auf weka.ch publiziert. Die Autorin ist CEO der cm-p AG. In ihrer langjährigen Führungsverantwortung hat sie selbst diverse Trennungsgespräche durchgeführt. In ihrer heutigen Beratungs- und Coachingtätigkeit begleitet sie Personen in Outplacement-Prozessen. Eine Kündigung ist keine Alltagssituation – für keinen der Beteiligten. Auch wenn wir uns längst an die Medienmeldungen von Massenentlassungen aus Restrukturierungsgründen gewöhnt haben – sobald es einen selbst betrifft, ist eine Kündigung eine ebenso ungewohnte wie unangenehme Situation. Es gibt kaum eine andere Konstellation im beruflichen Kontext, die so nach Krise schreit wie die vermeintliche Erosion der Lebensgrundlage durch eine Kündigung. Es bringt nichts, hier darüber zu philosophieren, inwieweit wir uns zu fest über den Job definieren. Fakt ist, dass eine Kündigung einer der einflussreichsten Stressoren überhaupt ist. Manche Studien sprechen der Kündigung gar eine grössere Tragweite zu als dem Tod des Lebenspartners. Was bedeutet dies für das Trennungsmanagement? Wie kann diese schwierige Situation professionell gestaltet werden?

Trennungsgrund klar benennen

Die Frage, was genau zur Entscheidung geführt hat, sich von einem Mitarbeitenden zu trennen, wird vielfach verdrängt. Oft wird den wahren Gründen die Argumentation «aus wirtschaftlichen Gründen» vorgeschoben, um keine differenzierte Aussage über die Entscheidungskriterien machen zu müssen. Unsere Erfahrung in der Begleitung von Fach- und Führungskräften in der beruflichen Neuorientierung zeigt jedoch, dass eine solche Begründung problematisch ist, da den Betroffenen dadurch die Chance genommen wird, an ihren Schwächen zu arbeiten. Oftmals klingt noch Monate später die Frage nach, wieso ausgerechnet man selbst und nicht ein Kollege oder eine Kollegin gehen musste. Die mit dieser ungeklärten Frage verbundene Blockade führt oft dazu, dass die Neuorientierung schwerer fällt und der neue Job nicht dem optimalen Profil entspricht. Dies soll aber keinesfalls heissen, dass beim Kündigungsgespräch schonungslos mit der zu kündigenden Person abgerechnet werden soll.
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Unterstützende Angebote machen

Betriebliche Unterstützungsangebote können gekündigten Mitarbeitenden die Neuorientierung erleichtern. Im Rahmen von Massenentlassungen wird seit Anfang 2014 vonseiten des Staates ein Sozialplan eingefordert. Die Ausgestaltung des Sozialplans hat aus unserer Sicht eine wesentliche Auswirkung auf die zeitnahe Reintegration. Allerdings führt die Lohnfortzahlung oft dazu, dass sich die Betroffenen nicht umgehend auf die Stellensuche begeben, sondern die gewonnene Zeit als Ferien betrachten. Damit bleiben wichtige Wochen und Monate für die Neupositionierung ungenutzt. Die lockeren Strukturen einer mehrmonatigen Auszeit werden von vielen in den ersten Wochen als positiv gewertet. Beginnt danach aber die Stellensuche, fällt es Betroffenen oftmals schwer, sich wieder neu zu motivieren und die dafür notwendigen Strukturen zu schaffen – denn die Stellensuche ist ein Fulltime-Job.

Outplacement als Alternative

Eine immer populärere Alternative zu betriebseigenen Angeboten ist die Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung durch eine professionelle Out- placement-Organisation. Der Nutzen für den Betroffenen ist direkt und nachhaltig. Gerade für Personen, die sich schon seit einigen Jahren nicht mehr aktiv am Arbeitsmarkt positionieren mussten, wird ein grosser Mehrwert generiert. Der Gekündigte erhält je nach Betreuungsintensität alles notwendige Wissen für die Stellensuche und eine Prozessbegleitung, die es ermöglicht, die Lernerfahrungen zu reflektieren. Vor allem kann er in einem ersten Schritt die Enttäuschung, die Wut und die Frustration aufarbeiten, sodass überhaupt erst der Blick nach vorne möglich wird. Die Auswahl der richtigen Outplacement-Organisation ist dabei zentral. Denn nur wenn diese das unternehmerische Umfeld versteht und sich bereits mit den unterschiedlichsten Karrierewegen und Jobprofilen auseinandergesetzt hat, kann überhaupt eine effektive Begleitung erfolgen. Daneben muss der Job-Coach fit sein und auf eine für den Kandidaten optimale Suchstrategie zurückgreifen. Nicht zu unterschätzen ist die persönliche Übereinstimmung zwischen Coachee und Coach. Für eine erfolgreiche Neupositionierung spielt es eine wesentliche Rolle, ob überhaupt die Bereitschaft besteht, nach neuen Wegen zu suchen, statt einfach nur auf bereits ausgetretenen Pfaden weiterzugehen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Vorgesetzte tragen Verantwortung

Vorgesetzte tragen Verantwortung

Die Durchführung des Kündigungsgesprächs ist grundsätzlich die Aufgabe des Vorgesetzten. Es kann durchaus hilfreich sein, wenn die Fachpersonen aus der Personalabteilung den Linienvorgesetzten zur Seite stehen. Es ist jedoch wichtig, dass die Verantwortung trotzdem von der Linie getragen wird. Die Führungskräfte haben auch dafür zu sorgen, dass die Vorgespräche stattfinden und ein möglichst reibungsloser und einvernehmlicher Abgang erfolgt.

Trennungsgrund im Vorfeld klären

Für niemanden von uns ist es einfach, eine Kündigung auszusprechen. Deshalb ist es wichtig, mit einer guten Vorbereitung in das Gespräch zu gehen und sich dabei auch seinen eigenen Emotionen bewusst zu sein. Wichtig ist es, sich selbst darüber Klarheit zu verschaffen, wieso dieser Schritt notwendig ist und wieso Sie hinter dieser Entscheidung stehen. Nur so können Sie im Kündigungsgespräch auch die Klarheit gegenüber der zu kündigenden Person vermitteln. Sollten Sie das Gefühl haben, Sie hätten selbst noch nicht genügend Informationen, dann fordern Sie diese bei den entsprechenden Stellen ein. Sobald Sie sich selber darüber im Klaren sind, welches der Grund für die Kündigung ist, geht es darum, Ihren Gefühlen Raum zu geben:
  • Welche Erfahrungen haben Sie selber mit Kündigungen gemacht? 
  • Haben Sie in der Vergangenheit schon Kündigungen ausgesprochen? Wie sind diese verlaufen? Worauf können Sie stärkend aufbauen?
  • Welche dieser Erfahrungen möchten Sie der gekündigten Person mitgeben?    
  • Was könnte hilfreich sein für den Wechsel in eine zukunftsweisende Perspektive?
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Im Gespräch Wertschätzung zeigen

Sollte das Verhältnis zwischen der gekündigten Person und Ihnen nicht zum Besten stehen, da schon über die letzten Monate verschiedene, schwierige Ereignisse das positive Arbeitsklima erschwert hatten, versuchen Sie zu einer neutralen Haltung zu kommen. Überlegen Sie sich, was an dem Menschen trotz seinen möglichen Schwächen positiv ist, wo seine Stärken liegen und wie Sie diese im Kündigungsgespräch erwähnen können. Gerade in einer solch angespannten Situation ist ein vorbereitendes Gespräch mit der Personalabteilung oft sehr hilfreich. Inwieweit diese dann auch an dem Kündigungsgespräch teilnehmen soll, können Sie gemeinsam definieren. Wichtig ist, dass die Trennung in einem wertschätzenden Rahmen stattfindet. Nur dies gewährleistet eine konfliktfreie Restzeit im Unternehmen und damit keine Imageschädigung durch stark emotionsgeladene Äusserungen der gekündigten Personen gegenüber den verbleibenden Mitarbeitenden.

Mögliche Reaktionen erahnen

Ein professionelles Trennungsmanagement beinhaltet das Bewusstsein dafür, wie der Gekündigte auf die neue Situation reagieren könnte. Natürlich sind die Reaktionsschemen in solchen Situationen sehr unterschiedlich, doch grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass es einige Themen gibt, die für alle Betroffenen eine Rolle spielen: Wut und Angst
Die natürliche Reaktion auf eine stark belastende Situation ist Wut, die Suche nach der Schuld im Aussen («Wieso tut mir dieser so etwas an?»), verbunden mit der Angst des Verlusts. Viele Personen haben bei einer Kündigung bildlich das Gefühl, dass ihnen der Teppich unter den Füssen weggezogen wird. Es wird über sie bestimmt, was der Mensch so oder so nicht schätzt. Wut ist der erste Schritt einer Verarbeitung und ist auch gleichzusetzten mit einer ersten Ablösung vom bestehenden Arbeitgeber. Die Verlustangst ist oftmals die länger andauernde Emotion, die häufig auch gekoppelt ist mit falschen Vorstellungen über die Reaktion von aussen. Wie sage ich es meiner Familie?
Wir erleben in unserer täglichen Praxis immer wieder Menschen, die während Wochen ihren Partner, ihre Freunde oder ihre Bekannten nicht über die anstehende Trennung informieren. Dies führt für die Betroffenen zu zusätzlichem Stress, da eine Scheinwelt aufrechterhalten werden muss. So oder so ist die Kommunikation mit dem Partner oder den nächsten Angehörigen gar nicht so einfach, gerade wenn es Abhängigkeitsverhältnisse gibt, die mit der Kündigung ins Wanken geraten. Die Verbleibenden nicht vergessen
Die Trennung von einem Mitarbeitenden hat auch immer starke Konsequenzen auf die verbleibende Belegschaft. Wie Sie die gekündigte Person behandeln, was Sie dieser für ein Angebot für die Neuorientierung offerieren, wird beobachtet und gewertet. In dieser schwierigen Situation zeigen Sie, wie ernst Sie Ihre unternehmerische Verantwortung leben und sich um die Mitarbeitenden kümmern. Keine Organisation kann heute mehr eine Arbeitsplatzsicherheit garantieren, aber Sie können als Organisation garantieren, dass Kündigungen sozial verträglich, transparent und wertschätzend erfolgen. Nur so stellen Sie sicher, dass es nicht zu einem Imageverlust kommt und Sie trotz der Entlassung Ihre bestehenden Leistungsträger erhalten. Mit all diesen Massnahmen – einer fundierten Vorbereitung, einer wertschätzenden Gesprächsführung und der Berücksichtigung der bestehenden Belegschaft – schaffen Sie es, als Person und Organisation gestärkt aus dieser schwierigen Situation herauszutreten. Denn das Trennungsmanagement ist nicht zuletzt ein Gradmesser Ihrer Unternehmenskultur.



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