Arbeitszufriedenheit 21.11.2012, 11:03 Uhr

Talente liegen brach, Motivation sinkt

Jeder Zehnte nutzt in der Arbeit keine seiner Stärken. Forscher der Uni Zürich appellieren an Chefs, Stellenprofile und Bewerber besser abzugleichen.
*Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserer Schwesterpublikation Cio.de veröffentlicht. 
Zufriedene Mitarbeiter, die sich für das Unternehmen engagieren, sich mit ihm identifizieren und ihren Job mit Leidenschaft ausfüllen - klingt zu gut, um wahr zu sein? Das können Führungskräfte aber durchaus erreichen. Sie müssen Mitarbeiter gezielt motivieren und vor allem auf deren Talente setzen. Ob der eigene Arbeitsplatz der richtige ist, kann nur beurteilen, wer weiss, wo die eigenen Stärken liegen. Kann man die nämlich einsetzen, wird man im Job glücklich. Das fanden Claudia Harzer und Willibald Ruch, Psychologen an der Universität in Zürich, heraus. Sie forschen am Prinzip der Positiven Psychologie, die in Deutschland eher als Glücksforschung bekannt ist, und als Forschungsgegenstand das hat, was uns glücklich macht: positive Gefühle, positive Charakterzüge und positive Umgebungen, wie etwa Familie oder Arbeitsplatz. Harzer und Ruch wollten herausfinden, ob es sich positiv auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz auswirkt, wenn Unternehmen die guten Charakterzüge ihrer Mitarbeiter, also Stärken und Talente, fördern. Die Psychologen massen per Selbst- und Fremdeinschätzung, wie sehr die Probanden Stärken wie Kreativität, Neugier und Ehrlichkeit, aber auch Führungsstärke und Humor bei der Arbeit einbrachten. Sie fragten die 24 Charakterstärken ab, die laut dem Psychologen Martin Seligman zu einem zufriedenen Leben beitragen.

Die glücklichsten Mitarbeiter

Heraus kam: Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz steigt an, je mehr Stärken ein Angestellter nutzen kann. Kann ein Mitarbeiter drei bis fünf seiner Talente ausreichend nutzen, fühlt er sich in seiner Firma wohl: «Sie haben mehr Spass bei der Arbeit, gehen mehr darin auf, empfinden die Arbeit als sinnvoller und sind zufriedener mit ihrem Beruf», heisst es in der Studie. Die Forscher fanden heraus, dass nur die wenigsten mehr als sechs ihrer persönlichen Stärken nutzen konnten. Bringt ein Angestellter eine Stärke nicht ein, kann das natürlich auch daran liegen, dass diese bei ihm wenig ausgeprägt ist. Die Wissenschaftler kamen aber auch zu einem für Unternehmen eher unangenehmen Ergebnis. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Jeder zehnte nutzt kein Talent

Jeder zehnte nutzt kein Talent

Mehr als jeder zehnte Mitarbeiter gab an, dass er keine einzige seiner Fähigkeiten im Job einsetzen konnte: 123 von mehr als 1000 Mitarbeitern fühlten sich demnach in ihrem Arbeitsplatz gar nicht wohl. Keine gute Bilanz für Firmen oder Führungsverantwortliche. Natürlich können Mitarbeiter nicht jedes Talent überall gleich einsetzen. Zwar gelten Religiosität und Mut als positiv - im Job wirklich nutzen kann man sie jedoch nicht, so die Studie. Ehrlichkeit und soziale Intelligenz empfanden dagegen die meisten Probanden als äusserst wichtig für die Jobzufriedenheit. Die anderen Charaktereigenschaften rangierten zwischen diesen beiden Extrempunkten.

Herausforderung für Führungskräfte

Angesichts dieses Ergebnisses sollten sich Entscheider darüber im Klaren sein, dass miese Stimmung und unmotivierte Mitarbeiter Unternehmen viel kosten. Da sollten Führungskräfte lieber in die eigenen Angestellten investieren. Denn zufriedene Mitarbeiter sind produktiver, heisst es in der Studie der Züricher Wissenschaftler. Eine Potenzialanalyse der eigenen Mitarbeiter kann Entscheidern helfen, Stärken zu erkennen. Entscheider müssen also nicht nur die Schwächen ihrer Mitarbeiter kennen. Davon profitiert letztendlich auch das Unternehmen selbst. Geld, das zeigen andere Studien, ist für Mitarbeiter zwar durchaus auch ein Anreiz. Am wichtigsten sind Angestellten aber ein positives Arbeitsumfeld und eine erfüllende Tätigkeit. «Wird vor der Besetzung einer Stelle abgeklärt, welche Charakterstärken für die Arbeit zentral sind, so kann eine Person anhand dieser Stärken rekrutiert werden. Davon profitieren dann Arbeitgeber und Arbeitnehmer», so Harzer. Denn zufriedene Mitarbeiter nähmen ihren Beruf als Berufung wahr. Für die Studie befragten Harzer und Ruch 1111 Probanden, davon waren 479 Männer und 632, Frauen. Die Probanden waren im Schnitt 43 Jahre alt.



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