Vorstellungsgespräch 24.10.2014, 11:30 Uhr

Auf diese Floskeln sollten Sie verzichten

Füllwörter in einem Bewerbungsgespräch sagen mehr aus über den Benutzer als ihm lieb ist. Erstaunlicherweise kommt es dabei nur wenig darauf an, ob es sich bei dem Kandidaten um eine gestandene Führungskraft oder um einen Absolventen handelt.
* Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserer Schwesterpublikation Tecchannel.de veröffentlicht.  Füllwörter in einem Bewerbungsgespräch sagen mehr aus über den Benutzer als ihm lieb ist. Erstaunlicherweise kommt es dabei nur wenig darauf an, ob es sich bei dem Kandidaten um eine gestandene Führungskraft oder um einen Absolventen handelt, so meine Erfahrung als Personalberater und Geschäftsstellenleiter Nordrhein-Westfalen der Personalberatung Vesterling.

Der «eigentlich»-Bewerber

Spitzenreiter der am häufigsten verwendeten Füllwörter ist der Begriff «eigentlich». «Seit vier Jahren arbeite ich im Unternehmen und bin eigentlich ein guter Teamleiter», antwortete mir der letzte Bewerber auf die Frage nach seinem Wechselwunsch. Er wollte mir damit sagen, dass ein Wechsel zeitlich angebracht sei und er gute Führungsqualitäten mitbringe. Er verwendete das Wort als Synonym für die umgangssprachliche Formulierung «im Grunde genommen». Schlecht beim Aussprechen des Wortes «eigentlich» ist, dass es unbewusst vermittelt, welche Haltung der Bewerber zu seiner Aussage einnimmt. «Eigentlich» wirkt eingrenzend, subjektivierend, unsicher und schwächt den Wert der Aussage ab. Bei mir öffnet das Füllwort automatisch drei Fragen:
  • Ist der Bewerber in Wirklichkeit ein guter Mitarbeiter und will mit Understatement punkten?     
  • Ist er von seinen Qualitäten selbst nicht überzeugt?      
  • Oder hält ihm sein Vorgesetzter vor, nicht ausreichend qualifiziert zu sein?
Als ich es genau wissen wollte, antwortete der Bewerber: «Wieso? Ich habe doch gesagt, dass ich gut bin» und war verwundert, als ich ihn auf sein «eigentlich» aufmerksam machte. «Eigentlich ist mir das noch gar nicht aufgefallen», schmunzelte er daraufhin und ergänzt sofort: «Man sagt ja schon mal seltsame Sachen. Uups, jetzt habe ich es schon wieder benutzt.»

«Man» ist ein Zeichen der Schwäche

Einerseits habe ich mich über die Einsicht des Bewerbers gefreut. Anderseits hatte ich beim nächsten Füllwort schwer zu schlucken: «man» ist das zweite weit verbreitete Unwort in Bewerbungsgesprächen. Es wirkt beinahe noch zersetzender, da es - falsch verwendet - unbewusste Einblicke in die Persönlichkeit gibt. Sie kennen die Formulierungen: «Man macht ja mal Fehler», «Man wusste damals noch zu wenig über die Problematik». Was halten Sie von diesen Bemerkungen? Mir signalisieren sie Schwäche, fehlende Verantwortung beziehungsweise das Unvermögen eine eigene Haltung einzunehmen. Urteile ich zu hart? Ich glaube nicht. Im Bewerbungsgespräch ist es wichtig, Fehler und Schwächen eingestehen und zugeben zu können. Niemand ist perfekt. Die Übernahme von Verantwortung wiederum setzt voraus, dass die Fehler dem Bewerber bekannt sind und er sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist. Insbesondere Führungskräfte oder angehende Führungskräfte sollten sich durch solches Bewusstsein und den offenen Umgang mit Schwächen auszeichnen. Die geeignete Sprache hierfür ist die persönliche Ich-Form. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Vorsicht vor dem Konjunktiv

Vorsicht vor dem Konjunktiv

Weitere Füllwörter und welche Assoziationen sie bei Recruitern auslösen:
  • «allem Anschein nach», «womöglich», «irgendwie», «halt», «vielleicht», weitere Konjunktivformen: Der Bewerber vermeidet eine klare Aussage oder exaktes Wissen scheint nicht vorhanden zu sein. Das Füllwort dient als Schutz vor möglichen Einwänden. Besser ist es, sich klar zu äussern und Mutmassungen wegzulassen.
  • «hmm», «äh», «also», «nun»: Als Einstieg in einen Haupt- oder Nebensatz füllen diese Wörter häufig Pausen bis zur Artikulation eines klaren Gedankens. Sie erwecken den Anschein von Unsicherheit, Schwierigkeiten bei der klaren Artikulation oder beim Schnelldenken. Diese Füllwörter lassen sich durch Diskussionstraining und gute Gesprächskonzentration deutlich reduzieren.
  • «wirklich», «sowieso»: Bestärkende Füllwörter erfüllen ihren Zweck nicht. Die Verstärkung lässt vermuten, dass die Aussage nicht so zutrifft, wie erwünscht.

Vorbereitung fürs Vorstellungsgespräch

Generell gilt: Vermeiden Sie im Bewerbungsgespräch überflüssige Wörter, Füllwörter und Phrasen. Bereiten Sie sich vor, indem Sie für sich Fragen beantworten, die Ihnen schon früher gestellt wurden oder die in einer der vielen Websites mit Bewerbungstipps lesbar sind. Eine Übung möchte ich Ihnen ans Herz legen, die ich gelegentlich in meinem Coaching empfehle: Hinterfragen Sie Ihren eigenen Lebenslauf kritisch und geben Sie sich gleich selbst die Antworten. Stellen Sie sich hierzu vor, Sie seien der Personalverantwortliche, dem ein Bewerber seinen Lebenslauf vorlegt. Nummerieren Sie zunächst alle wesentlichen Stationen im Dokument und hinterfragen Sie jede einzelne Station Punkt für Punkt kritisch. Notieren Sie sich die Fragen, legen Sie das Fragenblatt ein bis zwei Tage beiseite und beantworten sie dann die Fragen schriftlich. Nach weiteren zwei Tagen nehmen Sie sich Ihre Antworten vor, stellen eine weitere kritische Frage zu Ihren Antworten und beantworten diese erneut nach zwei Tagen. Sind Sie nach einer Woche genervt? Nein? - Dann haben Sie nicht kritisch genug gefragt. Wenn Sie sich zwischendurch nicht die Frage gestellt haben, warum Sie das jetzt machen und eine positive Antwort gefunden haben, dann könnte etwas falsch sein. Ziel der Übung ist es, sich gut für potenzielle Fragen im Bewerbungsgespräch zu wappnen, damit Sie souverän sind und nicht Denkpausen mit Füllwörtern stopfen müssen.



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