18.03.2011, 06:00 Uhr

Richtige Worte

Der Lebenslauf beginnt mit der Primarschule, im Vorstellungsgespräch lästert der Kandidat über seinen alten Chef – beides Tabus bei einer Bewerbung. Wie Sie es richtig machen, weiss IT-Karriere-Expertin Yasmine Limberger.
Etwas können und darüber reden, Foto: © knallgrün / Photocase.com
Das Anschreiben, die Unterlagen und das Vorstellungsgespräch sind Hürden, die jeder Bewerber nehmen muss. Auch wenn er noch so viel Erfahrung besitzt, kann er dabei jede Menge Fehler machen. Denn nicht nur Berufseinsteiger tun sich schwer, ein pointiertes Anschreiben zu verfassen oder ihren beruflichen Werdegang adäquat dazulegen. Auch Manager plaudern zu viel aus oder lassen sich im Assessment Center ins Boxhorn jagen. Yasmine Limberger, Personalmarketingchefin beim weltweit tätigen IT-Berater Avanade, hat schon vieles erlebt. Computerworld berichtet sie aus ihrer über zehnjährigen Praxis von Fehlern, die IT-Manager besser vermeiden sollten, wenn der nächste Jobwechsel ansteht.

Massgeschneidertes Profil

Während sich der Berufsanfänger noch schwer tut, Qualifikationen und Erfahrungen für die angezielte Stelle auszusuchen, weil er häufig schlicht weniger zu bieten hat, kann der erfahrene Informationstechnologe aus dem Vollen schöpfen. Indes ist es meist kontraproduktiv, mit allen Pfründen wuchern zu wollen, die über drei Ecken für den Job passen würden. Eine Bewerbung sollte auf den Punkt geschrieben sein, Highlights aus den bisherigen Tätigkeiten anbieten, bemerkenswerte Kenntnisse hervorheben. «Einerseits gilt, dass Bescheidenheit im Berufsleben fehl am Platz ist, andererseits sollte man aber auch nicht zu sehr auf den Putz hauen», rät Limberger. Alle weiteren Fähigkeiten gehören in den Lebenslauf. Bei jedem Abschnitt muss der Kandidat begründen können, warum er unbedingt diese Eigenschaft herausstellen will – idealerweise mit einer geforderten Qualifikation in der Stellenausschreibung. «Der Recruiter schaut in der Bewerbung explizit auf die Schlagwörter, die das Unternehmen sucht», weiss die Recruiting-Managerin. Wenn diese Kriterien angemessen gewürdigt und mit Beispielen ergänzt in den Unterlagen enthalten sind, erhöht das die Chance im Bewerbungsverfahren. «Ein Recruiter verbringt maximal zwei Minuten mit dem Lesen des Anschreibens. Viele schauen direkt auf den Lebenslauf», erklärt die Expertin. Ein genau auf die Position zugeschnittener Lebenslauf und eine gezielte Auswahl der Referenzen ist also viel wichtiger. Das Curriculum Vitae sollte übersichtlich aufgebaut und chronologisch mit der letzten (aktuellen) Berufsstation beginnen. Indem der Bewerber einige Stationen mehr, andere weniger beschreibt, kann er auch seine bisherige Karriere für die neue Wunsch­position zuschneiden. Von zu viel Ausführlichkeit rät Limberger aber ab: «Der Lebenslauf sollte maximal drei bis vier Seiten umfassen.» Wenn ein Kandidat seine Unterlagen zusammenstellt, sollte er in die Rolle eines Recruiters schlüpfen. Betont er die richtigen Aspekte und legt alle passenden Dokumente bei, die er als Personalentscheider benötigt, um sich ein adäquates Bild zu machen? Kann der Bewerber diese Frage bejahen, ist er seinem Ziel – der Einladung zum persönlichen Vorstellungs­gespräch – einen grossen Schritt näher. Dann dürfen natürlich eine seriöse E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer nicht fehlen. Auch wichtig ist der Hinweis, wann man am besten erreichbar ist. Schliesslich wäre ein Anruf während des Mittagessens mit dem aktuellen Vorgesetzten eher unpassend.

Absage ohne Blickkontakt

Die häufigste Art eines Erstgesprächs ist laut HR-Expertin Limberger heute ein telefonisches Interview. Es dient dem Recruiter, manchmal auch dem Fachbereichsleiter, zur Vorabklärung der gegenseitigen Erwartungen. Aber auch etwaige Unbestimmtheiten im Lebenslauf, mehr Details zu Projekten oder die Gehaltsvorstellung können Themen im Telefongespräch sein. So zwanglos ein solches Interview auch erscheinen mag, der Bewerber sollte das Gespräch ernst nehmen. «Ein Telefoninterview ist eine offizielle Bewerbungssituation», betont Limberger. Kandidaten sollten sich ernsthaft mit dem potenziellen Arbeitgeber sowie der ausgeschriebenen Position auseinandergesetzt haben und natürlich die eigenen Unterlagen vor dem geistigen Auge parat haben. Die Frage an den Recruiter, um welche der vakanten Posten es sich handelt und was das Unternehmen eigentlich macht, ist ein eindeutiges Signal für schlechte Vorbereitung. Dann muss sich kein Bewerber wundern, wenn er postwendend eine Absage erhält. Damit es gar nicht so weit kommt, empfiehlt die Managerin zum Beispiel Atemübungen: «Um sich zu entspannen, sollten Kandidaten vor dem Telefonat erst einmal tief durchatmen. Während des Gesprächs ist es ratsam, immer wieder auf die eigene Stimme und Sprache zu hören.» Läuft der Bewerber Gefahr, sich zu verhaspeln, weil er zu viel auf einmal herausstellen will, hilft eine kurze Pause. Dann sollte bewusst das Sprech­tempo gedrosselt werden. Alle Hinweise für das Telefoninterview gelten selbstverständlich auch für das persön­liche Gespräch. «Die Bewerbungs­situation von Angesicht zu Angesicht ist allerdings viel komplexer», sagt die Recruiterin. Sie beginnt schon bei der Kleiderwahl. Während der Hausanzug für das Ferngespräch durchaus angemessen sein kann, darf es zum Firmentermin schon der Einreiher sein. Pünktlichkeit beim Vor-Ort-Termin ist sowieso oberste Pflicht, genau wie der entschlossene Auftritt: Das signalisiert ein fester Händedruck mit zeitgleichem Blick in die Augen des Gegenübers. Im Gespräch selbst heisst es wieder, Disziplin zu üben. Fragen sollten nicht zu knapp, aber auch nicht zu ausschweifend beantwortet werden. Dank guter Vorbereitung gelingt es möglicherweise sogar, die Fragen des Personalers in eine gewünschte Richtung zu lenken. Dabei ist es aber aussichtslos, beispielsweise Lücken im Lebenslauf übergehen zu wollen. Fragen dazu werden mit Sicherheit gestellt, die Antworten sollten vorher zurechtgelegt und plausibel sein. Tabu ist auch, über frühere Arbeitgeber zu lästern. «Für Personalentscheider ist es ein Leichtes, Bewerber aus der Reserve zu locken, wenn die wahren Gründe für einen Jobwechsel auf unüberwind­baren Konflikten beruhen», weiss Limberger.

Typische Gesprächspunkte

Ein Vorstellungsgespräch variiert selbstverständlich von Stelle zu Stelle, von Person zu Person. Allerdings gibt es wiederkehrende Elemente, die HR-Abteilungen rund um den Globus in jedem Interview nutzen, um sich ein Bild vom Kandidaten zu machen. Acht immer wiederkehrende Bausteine eines Bewerbungs­gesprächs sind: Kurzdarstellung des Werdegangs: Hier kommt es laut Personalmanagerin Limberger auf die genaue Formulierung an. Bleibt die Frage eher offen, kann der Kandidat bei seiner Studienplatzwahl oder seiner Ausbildung beginnen. Genau wie bei einer expliziten Frage nach dem jüngeren Werdegang ist es ratsam, die Antworten möglichst immer in eine Beziehung mit den gesuchten Qualifika­tionen zu setzen. Frage nach den fachlichen Erfahrungen: Der Bewerber muss austaxieren, wie viel Fachchinesisch sein Gegenüber verträgt. Das ist bei einem Personaler recht einfach, beim Leiter der Fachabteilung besteht jedoch die Gefahr, zu sehr mit seinem Wissen zu protzen, bei den Spezialfragen dann aber ins Stammeln zu kommen. Aus dieser Sackgasse kommt man am besten heraus, indem man ehrlich die eigene Unkenntnis eingesteht. Schliesslich muss man nicht überall Experte sein. Frage nach der Wechselmotivation: Kandidaten dürfen nicht in die Falle tappen, bei diesem Thema über den bisherigen Arbeitgeber zu lästern. Vielmehr ist ein Blick in die Zukunft angebracht: Welche besonderen Konditionen bietet das Unternehmen, mit dem man gerade spricht? So erfährt der Gesprächspartner nebenbei auch, dass sich der Kandidat mit der neuen Stelle auseinandergesetzt hat. Explorationsfrage nach kritischen Situa­tionen: Noch einmal besteht das Risiko, die alten Kollegen durch den Schlamm zu ziehen. Jedoch stellt sich eine Person vor, die in Vergangenheit schon etwas geleistet hat und mit Team- und Konfliktfähigkeit glänzt. Genau das ist hier gefragt. Der Bewerber kann seine eigenen Problemlösungskompetenzen herausstellen und anhand von Beispielen illustrieren. Aufforderung zum Rollenspiel: Plötzlich sitzt der potenzielle IT-Manager nicht mehr dem Recruiter, sondern einem Kunden gegenüber, der ein Problem gelöst haben will. In einer solchen Situation ist keine grosse Bühnenkunst, sondern sind die richtigen Fragen und das Eingehen auf die Kundenbedürfnisse gefragt. Was wie ein Spiel anmutet, ist eine Methode der Bewerberselektion und muss unbedingt ernst genommen werden, sagt HR-Expertin Limberger. Frage nach Erwartungen und Zielen: Oftmals weiss der Personaler mehr über den vakanten Posten, als in der Ausschreibung steht. Nun gilt es, die Konditionen und Ansprüche mit dem Kandidaten abzugleichen. Der ist gut beraten, nicht zu hoch zu pokern, aber auch nicht zu tief zu stapeln. Die persönlichen Erwartungen sollten offen und im Detail besprochen werden. Frage nach Stärken und Schwächen: Ungeduld ist die falsche Antwort auf die Frage nach den persönlichen Schwächen. Schlimmstenfalls wird auch der Recruiter ungeduldig, weil er die Antwort schon zu häufig gehört hat und weitere Fehler hören will. Gute Freunde können zu beiden Charaktermerkmalen aber sicherlich Auskunft geben. Idealerweise wählt man eine Eigenschaft, die mit dem Beruf nicht direkt zu tun hat. Frage nach dem Eintrittstermin und dem Gehalt: Beim Wechselzeitpunkt und dem Geld sollten Kandidaten laut Limberger unbedingt realistisch bleiben. Eine bisherige Anstellung will ohne verbrannte Erde aufgelöst werden. Das kostet häufig etwas mehr Zeit, ist aber oftmals hilfreich, denn man sieht sich immer zweimal im (Berufs-)Leben. Beim Lohn empfiehlt es sich, nicht nur an den regelmässigen Gehaltseingang zu denken. Auch variable Lohnanteile oder Vergünstigungen wie ein Firmenwagen sind wertvoll. Anhand der typischen Gesprächselemente lässt sich ein Interview auch vorab durchspielen. Je nachdem, wie ernst gemeint die Bewerbung und attraktiv die vakante Position ist, kann sich der vergleichsweise geringe Aufwand durchaus lohnen. Buchtipp IT Survival Guide
Wie man im IT-Dschungel überlebt und als IT-Experte Karriere macht, bringt Yasmine Limberger in ihrem Buch auf den Punkt. Dabei schöpft sie aus ihrem langjährigen Erfahrungsschatz als Recruitingmanagerin einer Technologie­beratung und gibt hilfreiche Tipps für alle, die in der IT nicht nur überleben, sondern auch weiterkommen wollen. Yasmine Limberger, IT Survival Guide – Karriere- und Alltagsratgeber für Einsteiger und Professionals in der IT-Branche,
ISBN 978-3-86802-050-2



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