31.08.2015, 06:51 Uhr

So schützen Sie Ihre IT vor einem Strom-Crash

Störungen oder Ausfälle der Stromversorgung können IT-Systeme empfindlich treffen. Eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) verhindert dann das Schlimmste.
Versorgungsunternehmen und unabhängige Experten prophezeien als Preis für die Energiewende und einen verschlafenen Netzausbau instabile Netze und länger andauernde Stromausfälle. Bereits heute soll es in Ballungsräumen zu 15 Ausfällen jährlich kommen – mit Ausfallzeiten zwischen fünf Minuten und einer Stunde. Umso wichtiger wird für die elektronischen Systeme in Unternehmen eine «unterbrechungsfreie Stromversorgung», kurz «USV». Folgenschwerer Stromausfall Bereits der Ausfall eines Transformators in der Nähe oder die Abschaltung eines Teilnetzes in der Region kann die Unternehmens-IT empfindlich treffen. Wenn der Computer etwa während des Speicherns einer Datei plötzlich abgeschaltet wird und die Datei anschliessend unlesbar ist, kann sich die Arbeit von Stunden binnen Sekunden in nichts auflösen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann auch teuer werden. Denn aus Gründen der «Compliance» müssen möglicherweise Änderungen an Dokumenten lückenlos protokolliert werden, was dann nicht mehr möglich ist. Bestimmte Daten müssen von Gesetzes wegen sogar ausdrücklich gegen unbeabsichtigte Veränderungen geschützt werden. Technisch bedingte Verstösse gegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen können hohe Geldbussen nach sich ziehen. Hinzu kommen die bei einem Stromausfall vorprogrammierten Datenverluste. Und selbst wenn man davon verschont bleibt, geht ein Ausfall der Stromversorgung ins Geld. Denn bis ein Server wieder ordnungsgemäss hochgefahren ist, stehen die Systeme nicht zur Verfügung – in dieser Zeit kann kein Umsatz gemacht werden, etwa weil die Kommunikation mit dem Online-Shop gestört ist. Professionelle «USV» verhindern Geräteschäden Die beschriebenen Schäden verhindern können Geräte, die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung garantieren. Sie versorgen die angeschlossenen Verbraucher für einen eher kurzen Zeitraum mit Strom - Zeit, um das System ordnungsgemäss herunterzufahren. Wie gross der Zeitraum ist, den die «USV» überbrücken kann, ist von der angeforderten Leistung und der internen Batteriekapazität abhängig. Die Laufzeit muss allerdings mindestens so lang sein, wie die verbundenen Systeme für das kontrollierte Herunterfahren benötigen. Ein E-Mail-Server mit einer Reihe von Konten benötigt dafür schon mal bis zu 20 Minuten. Zu einer professionellen «USV» gehört eine Software, die den versorgten Server auch herunterfährt. Fehlt diese, verzögert die «USV» letztlich nur für die Dauer der Überbrückungszeit die Probleme, die sich durch den Stromausfall ergeben. Die begrenzte Versorgungsdauer unterscheidet eine «USV» von einem Notstromaggregat, dessen Aufgabe die Stromversorgung über einen längeren Zeitraum ist. Dieser wird nur durch den zur Verfügung stehenden Treibstoff begrenzt, mit dem das Notstromaggregat betrieben wird. Ein vollständiger Stromausfall ist das augenscheinlichste Problem mit der Stromversorgung. Auf die empfindliche Elektronik in IT-Systemen warten aber noch andere Gefahren. Werden die Verbraucher nicht gleichmässig versorgt, drohen Fehlfunktionen und sogar Schäden an der kostspieligen Mikroelektronik. Gefahren, vor denen «USV» schützen ! TABELLE ! Gefährlich sind unter diesem Aspekt sowohl Über- wie Unterspannungen. Blitzeinschläge in das (Haus-)Netz oder die unmittelbare Nachbarschaft lassen die Netzspannung binnen Millisekunden so stark ansteigen, dass angeschlossene Geräte dauerhaft Schaden nehmen. Durch sogenannte induktive Kopplungen können davon alle elektrischen Leiter innerhalb eines Gebäudes betroffen sein, also nicht nur die Stromversorgungsleitungen, sondern auch Daten- und Telefonleitungen. Das ist der Grund, warum nach einem Blitzeinschlag auch Systeme beschädigt sein können, die sich gar nicht im selben Stromkreis befunden haben. Doch auch Schwankungen in die andere Richtung verursachen Pro­bleme. Eine Unterversorgung, die sich bei der klassischen Glühbirne in einem kurzen Flackern äussert, führt bei einem Computer zum Neustart oder Abschalten. Virtualisierte Systeme sind ab diesem Moment nicht mehr verfügbar, Datenverluste also unausweichlich. Eine zweite wichtige Aufgabe vieler «USV»-Systeme besteht deshalb darin, die Netzspannung für die angeschlossenen Geräte zu stabilisieren. Schwankungen, egal in welche Richtung, werden ausgeglichen. Grundsätzlich sind für die Stromversorgung in den kommenden Jahren wenig technische Änderungen zu erwarten. Die Bedrohungen werden also im Wesentlichen die gleichen bleiben: StromausfälleSpannungseinbrücheSpannungsstösseUnterspannungÜberspannungBlitzeinwirkungenSchaltspitzen Vor diesem Hintergrund lautet die Fragestellung also nicht, ob die Unternehmens-IT eine «USV» benötigt, sondern wie ein wirkungsvoller Schutz aufgebaut wird. Lesen Sie auf der nächsten Seite: «Die drei Geräte-Klassen gängiger «USV»-Lösungen» Die drei Geräte-Klassen gängiger «USV»-Lösungen Die Stabilität des Umfelds hat den grossen Vorteil, dass die Technik der «USV» nicht im gleichen Masse veraltet, wie dies in anderen Bereichen der Fall ist. Natürlich macht die Akku-Entwicklung Fortschritte, sodass zum Beispiel mehr Leistung in kleineren Gehäusen möglich ist. Aber eine «USV» ist kein Gerät, das regelmässig ausgetauscht werden müsste.  Die drei USV-Klassen nach «IEC 62040-3»-Norm ! TABELLE ! «USV»-Anlagen werden in diversen Bauformen, Preislagen, Leistungsklassen und Ausstattungen angeboten. Um aus Sicht von Käufern und Technikern den Markt übersichtlicher zu gestalten, wurde bereits vor über zehn Jahren die Norm «IEC 62040-3» verabschiedet, nach der sich «USV» in drei Gerätekategorien unterteilen lassen: Offline-«USV» Die einfachste Bauform wird auch als «Voltage and Frequency Dependent» (VFD) bezeichnet. Sie entspricht der Geräteklasse 3 der Norm «IEC 62040-3». Während des Netzbetriebs wird der Strom vom Eingang zum Ausgang durchgeleitet. Zusätzlich werden die internen Akkus aufgeladen. Diese geben ihre Energie wieder ab, wenn der Netzstrom unterbrochen ist. Die sehr einfache Bauform macht die Geräte günstig und zuverlässig. Sie benötigen keine Lüfter, belasten also akustisch nicht den Arbeitsplatz. Ihre Batterien halten lange durch. Zu den Nachteilen dieser Bauform zählt die relativ lange Umschaltzeit auf Akkubetrieb von typischerweise zehn Millisekunden. Fällt die Netzspannung vollständig aus, müssen die per «USV» gesicherten Geräte also diese Zeit überbrücken. Typisches Einsatzgebiet ist die Absicherung von Einzelplatz-PCs, kleineren Servern und Telefonanlagen. Online-«USV» Technisch aufwendiger ist eine Online-«USV», auch «Voltage and Frequency Independent» (VFI) genannt. Diese Geräte der Klasse 1 der Norm versorgen angeschlossene Verbraucher aus den internen Akkus ständig mit Strom, der über einen Wechselrichter in Wechselspannung transformiert wird. Am Ausgang der «USV» erhalten die Geräte stets die optimale Spannung, unabhängig davon, was die «USV» selbst aus dem Netz erhält. Eine Online-«USV» schützt umfassend vor allen Gefahren durch Strom-Ausfälle und -Schwankungen. Zu ihren grössten Vorteilen gehört die lange Autonomiezeit und die aus Sicht der Stromverbraucher nicht vorhandene Umschaltzeit. Ihre komplexere Technik macht die Geräte aber auch teurer und anfälliger. Zudem benötigen Online-«USV» eine Kühlung. «VFI»-Systeme sichern Server oder Netzwerke ab und werden in der Steuerungstechnik und bei unternehmenskritischen Anwendungen eingesetzt. Line-interactive «USV» Bei den «Line-interactive-USV» («Voltage Independent», VI) sorgt eine Kontrolleinheit dafür, dass die Ausgangsspannung für die angeschlossenen Verbraucher konstant ist, unabhängig von der Eingangsspannung der «USV». Bei Stromausfällen oder zu starken Schwankungen zwischen Ein- und Ausgangsspannung wird die Spannung mit den eingebauten Batterien ausgeglichen. Solche Geräte liegen preislich zwischen den zuvor genannten Varianten. Zu den wesentlichen Vorteilen zählen die relativ kurze Umschaltzeit (geringer als bei Offline-«USV», länger als bei Online-«USV») und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. «VI-USV»-Geräte eignen sich sehr gut für kleinere Netzwerke und deren Peripherie oder auch für Einzel-Server. Lesen Sie auf der nächsten Seite: «Notfall-Stromversorgung planen und dimensionieren» Notfall-Stromversorgung planen und dimensionieren Bevor eine «USV» angeschafft wird, muss der Bedarf detailliert ermittelt werden. Anhand von Listen oder Übersichtsdiagrammen gehen CTO oder Administratoren die Komponenten der Infrastruktur durch. Naheliegend ist die Absicherung aller Bauteile, die zentral im Server-Raum betrieben werden. Aber in fast jeder Organisation gibt es daneben noch dezentrale Einheiten, die ihre Daten in regelmässigen Abständen an eine zentrale Einheit übermitteln. Hier könnte die «USV» das für den Datenabgleich notwendige Zeitfenster schaffen. Von der Übersicht ausgehend wird dann geprüft, welche dieser Komponenten gemeinsam an einer «USV» betrieben werden können. Sind Anzahl und Art der Verbraucher bekannt, ermittelt man mit einfacher Mathematik die benötigte Leistung der «USV». Die Kapazität von Geräten wird in der Masseinheit «Volt-Ampere» (VA) angegeben. Das ist die Leistung, die das Gerät liefern kann. Korrespondierende Angaben stehen auf den Typenschildern oder in den Handbüchern der Geräte. Falls dort nur die Stromstärke (A=Ampere) angegeben ist, multiplizieren Sie diesen Wert mit der Spannung (230 Volt), um den Wert in «VA» zu erhalten. Lautet die Angabe auf einem Monitor zum Beispiel «1,5 A» und 230 Volt, benötigt das Gerät 345 «VA» Leistung. Addieren Sie die Werte für alle Geräte, die Sie absichern müssen und die Sie an den gleichen Stromkreis anschliessen wollen. Planen Sie eine Leistungsreserve von 20 Prozent ein und dimensionieren Sie die «USV» entsprechend grosszügiger. Angaben zum benötigten Energiebedarf liefern Ihnen Strommessgeräte, die Sie sich in den meisten Städten bei den Stromversorgern leihen können. Schliessen Sie die Geräte an eine Steckerleiste an und verbinden Sie sie mit dem Messgerät. Schalten Sie die Verbraucher aber nicht nur ein, sondern setzen Sie sie auch unter Last, um einen realistischen Wert zu erhalten. Einige Hersteller bieten auf ihren Webseiten Rechner zur Ermittlung einer empfehlenswerten Konfiguration an. Dort wählen Sie zwischen typischen Arbeitsplätzen oder erfassen schrittweise die Komponenten, die gesichert werden sollen. Schliesslich spielt bei der Auswahl einer «USV» auch deren Bauform noch eine Rolle. Mit transportablen Geräten, die unter den Schreibtisch passen, sind Sie am flexibelsten. Dagegen sind Geräte in der 19-Zoll-Bauform für Racks im Server-Raum perfekt, weil sie sich sehr platzsparend unterbringen lassen. Das Herunterfahren eines Servers und daran angeschlossener Systeme wird über das LAN initiiert. Dazu muss aber das Netzwerk auch aktiv sein. Deshalb dürfen Sie eher wenige beachtete Komponenten wie Hubs oder Switches bei der Absicherung nicht vergessen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: «Ausfallsichere «USV»-Anlagen und schwarze Schafe» Ausfallsichere «USV»-Anlagen Zu bedenken ist auch die Ausfallsicherheit der USV-Anlagen selbst. Rechenzentren mit Kundenanwendungen auf virtuellen Servern müssen auch die USV-Anlagen gegen Ausfälle absichern. Kann die USV ihre Aufgabe im Notfall nicht übernehmen, ist das so wie ein Betrieb ohne Schutzfunktion. ! TABELLE ! Dagegen helfen nur parallel arbeitende oder modular aufgebaute Systeme, die etwa den Betrieb auch dann gewährleisten, wenn einer der eingebauten Akkus ausfällt. Für ein Konzept, das Redundanzen umfasst, ist allerdings einiges Expertenwissen nötig, um die gewünschte Ausfallsicherheit zu erreichen.  Schwarze Schafe Offline-«USV» gibt es etwa in Form einer Steckerleiste. Online-«USV», die das Inventar eines Server-Raums mit Strom versorgen, kosten ein Vielfaches davon. Hochleistungsakkus sind teuer. Das wissen auch Fälscher und Produktpiraten, die dubiose Angebote auf Online-Auktionsplattformen einstellen. Generell spricht nichts dagegen, etwa auch gebrauchte Geräte aus Insolvenzen zu erwerben. Bei besonders günstigen Angeboten sollte man aber stets misstrauisch sein. Minderwertige Komponenten in Produktfälschungen sind gleich unter zwei Gesichtspunkten problematisch: Sie liefern nicht die Leistung, die benötigt wird. Und sie können sogar gefährlich sein, denn bei Überlastung droht möglicherweise Explosionsgefahr. * Der Autor schreibt für unsere Schwesterpublikation «com-magazin», wo der Artikel ursprünglich publiziert wurde.


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