06.02.2012, 08:14 Uhr

Software-Lizenzierung ist ein Balanceakt

Die meisten Unternehmen sind sowohl über- als auch unterlizenziert. Sie wollen weder zu viel für Lizenzen bezahlen noch rechtliche Risiken eingehen? Eine Analyse und ein laufendes Management der Lizenzen, verbunden mit einer klaren Software-Strategie, schaffen Abhilfe.
Viele Unternehmen beschleicht beim Gedanken an ihre Software-Lizenzen ein ungutes Gefühl, denn sie sind oft gleichzeitig über- und unterlizenziert. Die durchschnittliche Unterlizenzierung, die Insight bei Kundenprojekten der letzten Jahre festgestellt hat, liegt bei etwa 20, die Überlizenzierung bei etwa 15 Prozent. Falschlizenzierungen sind kostspielig, fehlende Lizenzen bergen ein rechtliches Risiko, da der Nachweis korrekter Lizenzierung laut Urheberrecht Pflicht ist. Dafür verantwortlich ist die Geschäftsleitung, die ihre IT-Administratoren in die Pflicht nehmen sollte. Bei Verstössen – die meistens ohne böse Absicht geschehen – droht neben dem finanziellen Schaden eine massive Rufschädigung.

Lizenzmanagement auf dem Papier …

Das Jahresende ist ein guter Zeitpunkt, die IT-Strategie um eine Software-Strategie zu erweitern. Dabei sollte überlegt werden, wer welche Programme in welcher Version überhaupt braucht. So benötigen z.B. nicht alle Mitarbeitenden eine Professional-Lizenz von Microsoft Office, wenn sie im Arbeitsalltag bloss einen Teil davon für ihre Tätigkeit verwenden und auch die Standardversion ausreichen würde. Jede Software-Strategie hat eine kaufmännische und eine technische Dimension. Aus kaufmännischer Sicht muss die zukünftige Nutzung von Software eingeschätzt werden. Es gilt abzuwägen, ob die Investition mit entsprechenden Wartungsverträgen zu schützen ist, oder ob aus Kostengründen darauf verzichtet werden kann. Die technische Ebene umfasst die künftige Ausrichtung der IT. Soll also auf klassische Jahreslizenzen gesetzt oder die Software neu «as-a-Service» nur für die benutzten Volumina bezogen werden? Oder lohnt sich die Anschaffung eines neuen Betriebssystems? Sind diese Rahmenbedingungen geklärt, folgt eine Aus­legeordnung der aktuellen Lizenzen und Wartungsverträge sowie der aktuell genutzten und installierten Software-Produkte. Grosse Diskrepanzen zwischen vorhandenen Lizenzen sowie installierter und tatsächlich verwendeter Software sind dabei keine Seltenheit.

… und in der Realität

Die Auslegeordnung der vorhandenen und tatsächlich verwendeten Lizenzen wird meist in einem Software-Asset-Management-Projekt (SAM) realisiert. Ziel ist, ein zielgerichteter und geplanter Umgang mit Software-Lizenzen, um kosteneffizient und ohne rechtliches Risiko arbeiten zu können. Es geht also um das gesamthafte Management sowohl der kaufmännischen als auch der technischen Aspekte. Das Software Asset Management soll möglichst kontinuierlich die Software-Compliance des Unternehmens sicherstellen, damit jederzeit klar ist, welche Lizenzen noch im Unternehmen vorhanden und welche zu erneuern oder zu aktualisieren sind. Nächste Seite: Wenn Profis am Werk sind. Dazu werden in einem ersten Schritt alle Rechnungen und anderen Nachweise von Lizenzkäufen zusammengetragen. Zudem wird ein Inventar der installierten und tatsächlich auf Clients und Servern verwendeten Software erstellt. Um eine brauchbare Datenbasis mit den dazugehörigen Details wie Software-Produkt, Version, Sprache, Installationsort, PC-Asset und vielem mehr zu erhalten, wird ein Inventarisierungs-Tool verwendet. Ein solches Tool existiert meistens schon im Unternehmen, wird aber oft falsch oder gar nicht eingesetzt. Der komplexeste Schritt besteht im Abgleich der tatsächlich verwendeten mit den installierten Programmen sowie mit den vorhandenen Lizenzen. «Eine Schwierigkeit besteht darin, dass Programme, die installiert sind, teilweise anders heissen als auf der Rechnung vermerkt», erklärt Dr. Bernhard Schweitzer, Director Services bei Insight Technology Solutions. «Gute Inventarisierungs-Tools», fordert er deshalb, «erstellen nicht nur ein Inventar der benutzten Programme, sondern stellen diese auch in verschiedenen Reports dar.» Der Abgleich des Lizenzbestands und der verwendeten Software muss unter Einbezug einer Vielzahl äusserst komplexer Lizenzierungs­regeln erfolgen, um Kosteneinsparungen realisieren zu können. Tools wie Powerline machen diesen Schritt reproduzier- und abbildbar, indem sie den komplexen und aufwendigen Abgleich von Einkaufs- und Bestandsdaten automatisiert. Dabei wird auch der lizenzrechtliche Zusatznutzen, etwa Zweitkopierrechte oder ein Konzernausgleich, hinzugezogen. So kann auch für internationale Konzerne die bestmögliche Lizenzierung ermittelt werden.
Das Software-Asset-Management-Projekt endet mit allfälligen Lizenznachkäufen respektive Kündigungen von Wartungsverträgen, die nicht mehr gebraucht werden, oder mit einer Konsolidierung der Lizenzen. In letzterem Fall wird bloss noch eine – im Idealfall die ak­tuellste – statt vieler verschiedener Versionen eines Programms verwendet. Auch wenn das SAM-Projekt danach fürs Erste abgeschlossen ist, in Vergessenheit geraten darf es nicht. So stellt eine fortlaufende Überprüfung eine kontinuierliche Compliance der Lizenzen sicher.

Wenn Profis am Werk sind

Oft ist es effizienter, einen spezialisierten Dienstleister für das Software Asset Management beizuziehen. Denn durch das Hinzuziehen eines zertifizierten Partners wird das Projekt auch von den meisten Herstellern anerkannt und dem Unternehmen bleiben die detaillierten und zeitraubenden Kontrollen durch die grossen Hersteller erspart. Wichtig dabei ist, dass der externe Dienstleister seine Vorgehensweise dem einzelnen Unternehmen anpasst und sich Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis bewegen. Nächste Seite: die Macht am Verhandlungstisch Oft hilft gerade der Blick von aussen und ein Vergleich mit anderen Unternehmen, um den besten Weg zu finden. Dann ist – ausser in der Implementierungsphase – auch nicht mit einem erhöhten Aufwand zu rechnen. Denn häufig stehen die Verantwortlichkeiten in den Unternehmen bereits fest und die zuständigen Personen müssen nur noch für das Thema SAM und Lizenzmanagement sensibilisiert werden. SAM-Projekte werden oft erst dann angestossen, wenn ein grosser Software-Hersteller auf der Matte steht. Unter grossem Zeitdruck muss das Projekt dann auf Biegen und Brechen vor der angedrohten Herstellerkontrolle durchgezogen werden. Dabei geht gerne vergessen, das Ganze in einen laufenden Prozess einzubauen, um die Compliance auch künftig kontinuierlich sicherzustellen. Ein viel intelligenterer Zeitpunkt für ein komplexes SAM-Projekt wäre parallel zu einer Migration auf ein neues Betriebssystem oder im Rahmen eines grossen Rollouts. So kann das Projekt systematisch aufgebaut und im Unternehmen verankert werden. Zudem ist hier das Kosteneinsparungspotenzial am grössten, da die Lizenzen für die neue Software gleich richtig verhandelt und eingekauft werden können. Öfter kommen SAM-Projekte auch nach Firmenübernahmen und der damit einhergehenden IT-Konsolidierung ins Rollen sowie im Rahmen eines IT-Insourcings.

Die Macht am Verhandlungstisch

Die anfangs erwähnte, umfassende Software-Strategie ist auch ein gutes Instrument, um der Geschäftsleitung zu beweisen, dass die IT-Abteilung sparsam und bewusst mit dem Budget umgeht. Zudem hilft die Strategiedefinition enorm bei grösseren Lizenzrahmenverträgen, da der Bedarf zuvor genau eruiert werden kann. Die Unternehmens-IT stellt sich gegenüber dem Hersteller in einer besseren Position auf. Nicht selten resultieren so aus dem Software-Asset-Management-Projekt und der entsprechenden Software-Strategie Einsparungen in Millionenhöhe. Zum Autor: Antonio P. Sirera ist Regional Director Switzerland, Austria, Russia & Eastern Europe bei Insight Technology Solutions
Harald Schodl


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