Jowissa 13.09.2012, 10:00 Uhr

ERP mit dem iPad

Der Solothurner Uhrenfabrikant Jowissa verwaltet seinen Warenbestand auf dem iPad. Das zugrundeliegende ERP basiert auf einer FileMaker-Datenbank und läuft auf einem Mac Mini.
Der Jowissa-Aussendienst erfasst Kommissionsware am iPad
Mehr als jedes dritte Schweizer Unternehmen ist mit der Implementierung, dem Austausch oder dem Upgrade seines ERP-Systems befasst. Das sagten 427 IT-Verantwortliche in der Swiss-IT-Umfrage Anfang Jahr. Zum gleichen Zeitpunkt offenbarte die Beratungsfirma Profondia, dass es nicht immer SAP sein muss. Die Lösungen des Weltmarktführers sind nur in jedem zehnten Unternehmen hierzulande installiert. Über 72 Prozent setzen auf die Produkte anderer Hersteller. Der Grund sind oftmals schlicht die hohen Kosten eines SAP. So ging es auch dem Uhrenhersteller Jowissa, der vor gut zwei Jahren diverse ERP evaluiert hat. «Ziel war es, ein IT-Rückgrat für den Betrieb zu schaffen, die Produktion zu integrieren und auch den Webauftritt in die Lösung einzubinden», skizziert Simon Wyss von Jowissa den Anforderungskatalog. Wer viel verlangt, bezahlt auch viel: «Preise von bis zu 300'000 Franken waren für uns um Welten zu hoch. Entschieden haben wir uns schliesslich für das günstigste Produkt: DabuSoft Retail auf der Basis von FileMaker», berichtet Wyss. Seit Sommer 2010 lief das Implementierungsprojekt. Zunächst haben Studenten den kompletten Artikelstamm und alle Einzelteile in einer FileMaker-Datenbank erfasst. Dieser Prozess nahm rund 600 Arbeitsstunden in Anspruch, führt Jowissa doch aktuell rund 350 Produkte und verwaltet intern weitere 1000.

Barcode statt Tipparbeit

Zusätzlich sind pro Artikel Preise in verschiedenen Tarifstufen und Währungen vorhanden, denn das Unternehmen aus dem solothurnischen Bettlach exportiert in die ganze Welt. Zwar macht die Gesellschaft rund 60 Prozent ihres Geschäfts immer noch in der Schweiz. Die Kombination aus Schweizer Marke und günstigem Preis kommt aber auch in China, Japan und den USA an. Die Bestellungen managt Jowissa mit zwölf Mitarbeitern – ein klassisches KMU. Für das Unternehmen baute DabuSoft-Entwickler Longin Ziegler das neue ERP auf. Das System sollte auf Barcodes basieren, um die bislang erforderlichen manuellen Eingriffe zu automatisieren. Auf der Basis von FileMaker Go für das iPad und einem mobilen Barcodescanner realisierte Ziegler die Lösung für Jowissa. Nächste Seite: Mac Mini als Firmen-Server Aushängeschild des neuen Jowissa-ERP ist der Online-Shop. In der Produktauswahl finden Kunden ein stets nach dem gleichen Prinzip sortiertes Angebot vor: Grössere Uhren kommen vor kleineren Uhren, weiss vor schwarz. Kommt eine neue Uhr im Sortiment hinzu, ordnet sie sich selbständig im Online-Shop ein. Alle übrigen Informationen, die Jowissa für die Produktion benötigt, sind ebenfalls abrufbar. So kann bestellte Ware umgehend produziert und geliefert werden.
Wenn der Aussendienst in einem der rund 250 Verkaufspunkte hierzulande ein Produkt scannt, kann er den Einlesevorgang am iPad prüfen. Das System generiert automatisch eine Empfangsbestätigung. Dieses Dokument kann der Händler auf dem Display unterschreiben, so dass per E-Mail ein Prozess im ERP ausgelöst wird. «Wir geben auch Ware auf Kommission in den Markt. Da alle Vorgänge automatisch und zeitnah dokumentiert werden, haben wir stets einen Überblick über den Warenbestand bei unseren Kunden», führt Wyss aus. Das DabuSoft-System erfasst aber nicht nur Kundenbestellungen und die Lagerbestände beim Händler, es dient Jowissa auch in der Produktion. Wenn der Hersteller Einzelteile einkauft, lassen sich die Daten mithilfe der Zusatzentwicklung myDabuSoft in die FileMaker-Datenbank einpflegen. Bestände sind somit umgehend auf der Online-Plattform sichtbar. Etwa weiss DabuSoft, dass eine bestimmte Uhr ein blaues Zifferblatt hat. Diese Information wird an die Jowissa-Webseite weitergegeben, wo der Kunde die Artikel nach der Farbe filtern kann. Der designierte Geschäftsführer Simon Wyss hat mit der Online-Plattform eine ausbaufähige Lösung gekauft. Aktuell benötigt sie noch so gut wie keinen Platz: ein Mac Mini dient als Server. «Das System hat mit rund 48'000 Franken nur einen Bruchteil anderer Lösungen gekostet», sagt der Enkel des Jowissa-Gründers Josef Wyss.


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