30.07.2014, 10:12 Uhr

Wie viel Business verträgt die Ethik?

CEOs und CIOs geraten zunehmend in einen Interessenkonflikt zwischen Wertesystem und Wirtschaftserfolg. Wie lassen sich Geschäft und Ethik unter einen Hut bringen?
Wie lassen sich Geschäft und Ethik unter einen Hut bringen?
Überrissene Boni, Spekulationen mit Kundengeldern, Umweltsünden beim Abbau von Rohstoffen, Betrug am Kunden, ausgelagerte Produktion in Billiglohnländer, hohe Abfindungen von Konzernchefs, nachdem und obwohl sie alles in den Sand gesetzt haben – das sind nur einige Beispiele, wenn es um Verletzungen ethischer Werte in der Wirtschaft geht. Aber auch unethisches Verhalten am Arbeitsplatz in kleinerem Rahmen ist in der Schweiz ein ernst zu nehmendes Thema. Dabei bilden die Fälle von auf­gedeckter und vor Gericht gebrachter Wirtschaftskriminalität nur die Spitze des Eisbergs. Daneben gibt es eine breite Palette an unethischen Vergehen, die nicht immer leicht iden­tifizierbar sind. CEOs und CIOs geraten zunehmend in Interessenkonflikte: Wertesystem versus Wirtschaftserfolg, Arbeitsbelastung versus Lebensqualität. Doch wo liegt die Grenze zwischen ethisch vertretbarem und unethischem Fehlverhalten, wer begeht welche Verstösse gegen die Ethik und wie lässt sich dieser Drahtseilakt meistern, ohne dass der Unternehmenserfolg darunter leidet? Verstösse auf allen Ebenen Um herauszufinden, wie stark unethisches Verhalten in Schweizer Firmen verbreitet ist, hat der Wirtschaftsprüfer KPMG im Rahmen seiner Studie «Fehlverhalten und Ethik am Arbeitsplatz» zusammen mit der Erasmus-Universität Rotterdam 428 Studienteilnehmer aus der Deutschschweiz anonym befragt. 83 Prozent gaben an, in den letzten 12 Monaten mindestens eine der 37 aufgeführten Formen unethischen Verhaltens beobachtet zu haben. 64 Prozent gaben zu, selbst unethisch gehandelt zu haben. Das Kri­terium «Verschwendung und Missbrauch von Ressourcen» wurde dabei sowohl am häufigsten beobachtet (54,6%) als auch begangen (36,4%). Zudem wurden Tätigkeiten, die einen Interessenkonflikt darstellen, wie zum Beispiel Nebentätigkeiten, Bevorzugung von Familie und Freunden oder Nutzung der Arbeitszeit für private Zwecke, von 40 Prozent der Teilnehmer beobachtet und von 24,8 Prozent auch selbst begangen. Gefolgt von Verstössen gegen Vorschriften des Arbeitsschutzes, gegen Lohn- und Überstundenregelungen, gegen die Privatsphäre der Mitarbeitenden sowie von Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Glauben. Auch Fälle von sexueller Belästigung wurden beobachtet, Zeit- und Spesenerfassungen gefälscht, Sicherheitskontrollen umgangen und Vermögenswerte gestohlen oder veruntreut. Gefragt wurde jedoch nicht nur nach unethischem Verhalten gegenüber der Organisation und Arbeitskollegen, sondern auch gegenüber Kunden. Als unethisch gilt in diesem Zusammenhang etwa das Wecken unrealis­tischer Erwartungen beim Kunden oder die Annahme unangemessener Geschenke von Lieferanten. Gegenüber der Allgemeinheit verhält man sich unethisch, wenn beispielsweise Umweltvorschriften verletzt oder falsche bzw. irreführende Angaben an die Öffentlichkeit oder die Medien gestreut werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: ist Wirtschaft per se unethisch? Ist Wirtschaft per se unethisch? Das alles klingt auf den ersten Blick so, als würde in Schweizer Unternehmen pausenlos unethisch gehandelt. Aber dem ist nicht so. «In unserer Gesellschaft scheint ein Konsens zu herrschen, dass es in der Wirtschaft generell nicht ethisch zu- und hergeht, das ist falsch», sagt dazu Eva Häuselmann, Inhaberin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung despite. Die Expertin für Ethik und Human Ressource Management sitzt auch im Vorstand von «Eben Switzerland», dem Schweizer Netzwerk für Wirtschaftsethik. Jedes Unternehmen habe den Auftrag, wirtschaftlich zu handeln und erfolgreich zu arbeiten. Durch die Globalisierung sind Komplexität und Ansprüche der verschiedenen Stakeholder dermassen gestiegen, dass ethisches Handeln heutzutage zu einem wirtschaftlichen Erfolgsfaktor werde, um das kein Unternehmen herumkomme. «Ich kenne nachhaltig erfolgreiche Führungskräfte, die ihr unternehmerisches Handeln ethisch reflektieren und dies glaubwürdig nach innen und aussen vertreten», sagt Häuselmann. «Nur schaffen es die selten in die Schlagzeilen.» Für die Unternehmensberaterin besteht ethisches Handeln im Bemühen, eine Balance zwischen Profitabilität und Wahrung moralisch-ethischer Werte herzustellen. Zudem stünden Unternehmen, auch aufgrund der Skandale der letzten Jahre, wie sie z.B. in der Finanzindustrie stattgefunden haben, viel mehr unter Beobachtung und werden bezüglich der Corporate Responsibility in die Pflicht genommen. «Es wird zunehmend diskutiert, was es heisst, ethisch zu arbeiten. Hier spüre ich ganz klar eine Zunahme der Sensibilität», so Häuselmann. Häuselmanns Team hat zahlreiche Interviews mit erfolgreichen Geschäftsführern und Geschäftsleitungsmitgliedern geführt und wurde vom grossen Interesse am Thema Business und Ethik überrascht. Im Gespräch seien Haltungen sichtbar geworden, die weit über den kurzfristigen Erfolg hinausreichen: So lassen sich Verantwortungsträger von Sinnhaftigkeit, Commitment, Wertschätzung und Langfristigkeit im unternehmerischen Handeln leiten. Sicherlich gäbe es auch schwarze Schafe, die erkannt werden müssten. Auf die überrisse-nen Boni-Zahlungen bei den Banken beispiels­weise angesprochen, sagt die Beraterin: «Hier herrscht in der Tat eine erstaunliche Blindheit. Viele haben da einfach weggeguckt und nicht begriffen, welche negativen Auswirkungen dieses Handeln hat.» Gruppendynamik und Praxistransfer Ein weiterer Teil der KPMG-Studie, in der Daten aus dem «Schweizer HR-Barometer» (1500 Teilnehmer) der ETH Zürich einbezogen wurden, zeigt auf, dass sowohl Atmosphäre und Kultur im Unternehmen als auch der Wohlfühlfaktor am Arbeitsplatz einen starken Einfluss auf das abweichende Verhalten der Angestellten haben. «Wer beim Top-Management ein Fehlverhalten beobachtet, hat weniger Probleme damit, denselben Verstoss auch selbst zu begehen, und fühlt sich zudem auch für andere Arten unethischen Verhaltens motiviert», sagt Anne van Heerden, Head of Forensic, KPMG Schweiz. Verhält sich also ein Mitarbeiter unethisch und wird dies beobachtet, besteht ein höheres Risiko, dass das Beispiel Nachahmer findet. Als Ur­sachen für unethisches Verhalten wurden beispielsweise implizierte Erwartungen an den Arbeitgeber genannt, etwa mit Blick auf die eigene Weiterentwicklung, interessantere Arbeitsinhalte, Arbeitsplatzsicherheit und ein höheres Gehalt. Werden diese Erwartungen dann nicht erfüllt, entsteht ein sogenannter psychologischer Vertragsbruch. Wenn das Vertrauen in den Arbeitgeber schwindet, nimmt das Fehlverhalten am Arbeitsplatz zu. Wer zudem grosse Angst davor hat, den Arbeitsplatz zu verlieren, legt bedeutend häufiger Fehlverhalten an den Tag als Mitarbeiter mit einer tiefen Arbeitsplatzunsicherheit. Zudem: Je höher das Vertrauen in die Unternehmensführung, umso ethischer handelt der Einzelne. Häuselmann empfiehlt, nicht nur auf univer­sitärem, akademischen Level zu diskutieren, was es heisst, ethisch zu handeln. Das Thema sollte auch bei der Führungskräfteentwicklung in den Unternehmen selbst vertieft werden. Denn bei der praktischen Umsetzung hake es noch. Integere Führung werde einem nicht in die Wiege gelegt, das müsse man entwickeln. Dazu müsse das Urteilsvermögen in ethisch heiklen Entscheidungssituationen geschärft werden. Auch die Kompetenz, Entscheidungen mutig und klar zu vertreten und im Team eine Vertrauenskultur aufzubauen, müsste erworben werden. «Das Thema Ethik gehört für mich ganz klar ins Risikomanagement, da sollten Firmen noch viel aktiver werden», sagt Häuselmann. Sich mit den Erwartungen von Gesellschaft und Politik auseinanderzusetzen, ist nicht nur ein moralischer Imperativ, es gilt, sich diesen aus wohlverstandenem Eigeninteresse im Sinne einer Prophylaxe vor weiteren Regulierungen durch die Politik und aus strategischer Weitsicht zu stellen, erklärt die Beraterin. Ebenso müsse das Tabuthema wirtschaftskriminelles Handeln angesprochen werden – trotz hohem finanziellem Schaden und Vertrauensverlust werde Integritätsrisikomanagement ungenügend und meist kaum systematisch betrieben. Lesen Sie auf der nächsten Seite: frühzeitig anfangen Frühzeitig anfangen Prof. Dr. Peter Seele, Assistenzprofessor für Corporate Social Responsibility und Wirtschafts­ethik am Institute of Marketing and Communication Management der Universität Lugano, geht noch weiter: Im «Manifest zur ökonomischen Aufklärung» haben sich Seele und eine Gruppe von Finanz-, Wirtschafts-, Religions-, Kultur- und Medienwissenschaftlern sowie Theologen bereits vor drei Jahren für eine Erneuerung der wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung ausgesprochen und explizit die Aufnahme von Ethik in die Curriculare gefordert. Massnahmen für mehr Wirtschaftsethik seien nur sinnvoll, wenn die künftigen, ökonomisch-politischen Eliten anders ausgebildet werden, schreiben die Wissenschaftler. Die ökonomische Ausbildung müsse in einem verantwortungsbewussten Geiste verändert werden. Zu den erwähnten empfohlenen Massnahmen gehören beispielsweise: die Zertifizierung von Finanzprodukten, die Überwachung der Banken sowie deren Grös­senbegrenzung, das Verbot von OTC (Over-the-counter)-Transaktionen, die Einführung einer Transaktionskostensteuer, die Beschränkung von Boni und der Abbau globaler Schulden. Schwere Verstösse, die sich auch in den erwähnten Wirtschaftskriminalitätsfällen widerspiegeln, werden übrigens mit grosser Mehrheit vom Management begangen. Auch, weil diese leichter Regeln umgehen können. Aber auch bei allen anderen Arten von Fehlverhalten ist die Geschäftsetage munter dabei. Bei jeder Art von Fehlverhalten, auf allen Unternehmensebenen, sind Männer überrepräsentiert. «85 Prozent der Täter sind Männer», bestätigt Martijn de Kiewit, Leiter Ethics & Compliance Management bei KPMG Schweiz. Sind Frauen die besseren Menschen? Nein, aber vielleicht haben Frauen eine höhere Sensibilität, um Situationen, die Fehl­verhalten begünstigen, wahrzunehmen, diese anzusprechen und Lösungen zu finden, glaubt Häuselmann. Doch auch Frauen müssen profitabel arbeiten. Eine gute Basis sei der wertschätzende und entwicklungsfördernde Umgang mit Mitarbeitenden, Verlässlichkeit in den Kundenbeziehungen, Fairness gegenüber Lieferanten und Sensibilität für gesellschaftliche Entwicklungen, so die Ethik-Expertin. «Frauen wie Männer müssen dabei dem Widerstand von oben oder unten standhalten, Farbe bekennen und eigene Interessen zurückstellen. Das fordert Urteils­vermögen, Durchsetzungsfähigkeit und Mut.» Einflussfaktoren verstehen Ein Vier-Augen-Prinzip, strengere Vorschriften und mehr Kontrollen allein reichen nicht aus, um unethisches Handeln zu identifizieren und zu verhindern. Wer tolle Regeln hat, diese aber schlecht implementiert, läuft Gefahr, dass die Mitarbeiter diese Regeln brechen. Zudem gilt: Je mehr Regeln, umso konfuser und unübersichtlicher wird die Sache und umso weniger werden diese beachtet. Ethik ist nicht nur über Regulierungen und Vorschriften Geltung zu verschaffen, stattdessen müsse ethisches Verhalten gefördert werden. Hier ist gemäss Häuselmann noch viel Potenzial in den Unternehmen vorhanden. Um potenziell unethisches Verhalten frühzeitig zu erkennen, müssen Unternehmen auch die Einflussfaktoren verstehen. «Die Unternehmen müssen die Erwartungen der Mitarbeitenden detailliert kennen», sagt de Kiewit, «erst dann können sie mittels Kommunikation und Schulungen Klarheit schaffen und die Einzelheiten aus dem Verhaltenscodex der Unter­nehmung erläutern.» Vertrauenspersonen und Whistleblowing-Hotlines sollte es in jeder Firma geben, um den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, unethisches Verhalten anonym zu melden. Denn mit über 40 Prozent sind anonyme Tipps die gängigste Methode, Fehlverhalten aufzudecken. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Interview mit Ethik-Professor Huppenbauer «Wirtschaft ist etwas moralisch wertvolles» Computerworld hat sich mit Prof. Dr. Markus Huppenbauer getroffen. Er ist Doktor der Philosophie und Titularprofessor am Ethik-Zentrum der Universität Zürich. Computerworld: Professor Huppenbauer, Business und Ethik – sind das zwei Begriffe, die einander ausschliessen? Markus Huppenbauer: Nein, ich sehe keinen grundsätzlichen Konflikt. Die Wirtschaft an sich ist etwas moralisch Wertvolles. Es werden Güter und Dienstleistungen für unser Leben zur Verfügung gestellt, Firmen zahlen Steuern, Menschen haben einen Arbeitsplatz... CW: ... und verhalten sich in vielerlei Hinsicht unethisch, wie uns die im Artikel erwähnte KMPG-Studie zeigt. Wo beginnt für Sie ethisches Fehlverhalten? Huppenbauer: Bei elementaren Themen wie den Menschenrechten gibt es keine Spielräume. Hingegen ist es wohl nicht per se verkehrt, während der Arbeitszeit auch mal Privates zu erledigen. Was hier erlaubt ist, kann unternehmensintern geregelt werden und ist oft keine Frage der Ethik. CW: Ist Ethik branchenabhängig? Gibt es Wirtschaftszweige, die ethischer handeln als andere? Und wie sieht es in der IT-Branche aus? Huppenbauer: Ich denke, wir sind, was die Ethik betrifft, heute insgesamt sensibler als noch vor ein paar Jahren. In einigen Branchen hat sich schon viel verbessert. Auch, weil sie schon länger unter Beobachtung stehen wie beispielsweise die Agro-, Pharma- oder Lebensmittelbranche. Auch die Rohstoffbranche ist seit einigen Jahren auf dem Radar. Für die IT-Branche galt das bisher kaum. Das hat sich aber mit dem Foxconn-Skandal oder dem Bekanntwerden der Korruptionsfälle bei der öffentlichen Beschaffung in der Schweiz geändert. CW: Stichwort öffentliche Beschaffung: Die Ausschreibungs­verfahren lassen sich leicht aushebeln. Braucht es mehr oder strengere Gesetze? Huppenbauer: Neue Gesetze bringen nur etwas, wenn sie nicht leicht auszuhebeln sind. Und natürlich gibt es Schlaumeier, die werden auch bei neuen Gesetzen Lücken finden. Es braucht hier einen gewissen Druck der Öffentlichkeit, damit sich die Dinge ändern. Deshalb ist es gut, wenn die erwähnten Korruptionsfälle ans Licht kommen. CW: Was empfehlen Sie Mit­arbeitern, die sich auf Weisung unethisch verhalten sollen? Standhaft bleiben, Whistle­blowing? Auch auf die Gefahr hin, den Job zu verlieren? Huppenbauer: Es braucht viel Mut und Standhaftigkeit, sich in solchen Situationen ethisch korrekt zu verhalten. Die Hauptverantwortung liegt meines Erachtens ganz klar beim Management, von den Mitarbeitenden kein unethisches Verhalten zu verlangen. Whistleblowing ist dann ethisch erlaubt, wenn es zur Lösung des Problems keinen anderen Weg gibt. Generell ist es die Verantwortung des Managements, sicherzustellen, dass Mitarbeitende zum Erreichen von Gewinnzielen keine unethischen Mittel einsetzen müssen. CW: Aber geht es im globalen Wettbewerb nicht in erster Linie um Gewinnsublimierung und um die Zufriedenstellung der Aktionäre? Huppenbauer: Die Definition, dass ein Unternehmen primär dazu da ist, Gewinn zu erwirtschaften, ist meines Erachtens falsch. In der Schweiz gibt es sehr viele KMU, die durchaus auch andere Ziele verfolgen: Sie sind stolz auf ihr Produkt, sie wollen zufriedene Mitarbeiter und Kunden und einen guten Status in der Gemeinschaft. So gesehen ist es falsch, wirtschaftlichen Erfolg gegen Ethik zu stellen. CW: Viele wollen von der Globalisierung profitieren, aber dann doch nicht die Verantwortung bis zum letzten Produktionsstandort in Bangladesch übernehmen. Huppenbauer: Das mag sein, dass das ein paar wenige nicht wollen. Das Problem besteht aber eher darin, dass wir heute sehr komplexe Wertschöpfungsketten haben. Es ist sehr schwierig und aufwendig, diese zu überschauen und zu kontrollieren. Da stehen wir im Vergleich zu früher vor einer neuen Situation, die wir noch nicht überall im Griff haben. CW: Was ist bezüglich einer Auslagerung legitim, wo liegen die Grenzen? Huppenbauer: Wenn Arbeitsplätze andernorts günstiger sind, ist deren Auslagerung legitim. Nicht zuletzt, wenn dies dazu führt, dass hierzulande zumindest einige Arbeitsplätze erhalten werden können. Aber das Ausnutzen von anderen Gesetzen in anderen Ländern, um Menschenrechte zu missachten oder strenge Umweltschutzvorschriften umgehen zu können, ist heute verpönt. Es gibt ethische Minimalstandards und Unternehmen müssen sich selbst verpflichten, diese einzuhalten, auch wenn es keine entsprechende Gesetzgebung in diesen Ländern gibt. CW: Und wenn sie das nicht tun? Huppenbauer: Früher oder später kommt das ja doch raus und dann haben sie ein Reputationsproblem. CW: Also Medien informieren ja, neue Regeln nein? Huppenbauer: Medialer Druck hilft häufig, wenn Unternehmen ihr Verhalten ändern sollen. Neue Gesetze sind nötig, wenn zentrale Werte unseres Zusammen­lebens, wie etwa die Menschenrechte, geschützt werden sollen. Neue Gesetze sind aber nur sinnvoll, wenn sie nicht zu komplex sind, wirklich umgesetzt werden können und die unternehmerische Freiheit nicht zu sehr einschränken. Wir vergessen gerne, dass sich nicht alles rechtlich regeln lässt. Darum brauchen wir die ethische Selbstverpflichtung von Unternehmen. Auch wenn es Verbesserungsbedarf gibt, funktioniert diese in vielen Branchen der Schweiz schon sehr gut. Zur Person Prof. Dr. Markus Huppenbauer hat Philosophie und Theologie in Zürich studiert. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des European Business Ethics Network Schweiz. Sein gegenwärtiger Forschungsschwerpunkt liegt bei der Umwelt- und Wirtschafts­ethik sowie bei ethischen Fragen der Lebensführung.


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