Next Generation CRM 06.08.2012, 09:45 Uhr

Excel reicht nicht mehr

In keinem anderen Medium geben Kunden so viel von sich preis wie in sozialen Netzwerken. Lohnt sich für Schweizer Unternehmen die Investition in ein mobiles Social-Media-CRM?
Für modernes CRM reichen Excel und Co. nicht mehr aus.
Kundenzufriedenheit ist Schweizer Firmen wichtig. Auf der Hitparade der grund­legenden IT-Herausforderungen, die Com­puterworld jedes Jahr erstellt, rangiert die Verbesserung der Kundenbeziehung gleich hinter der Sorge um die konjunkturelle Entwicklung (Swiss IT 2012). Customer Rela­tionship Management Software (CRM) unterstützt Marketing, Vertrieb und Service bei dieser Aufgabe. Wirft man aber einen Blick in die Unternehmen selbst, zeigt sich, dass 15 Prozent punkto Kundenanalyse immer noch mit einfachen Office-Werkzeugen wie Excel unterwegs sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage von Makam Market Research unter 250 Firmen in der Schweiz und Deutschland. Und es kommt noch schlimmer: Nur 16 Prozent sind mit ihrer CRM-Lösung zufrieden. Häufig ist die schlechte Datenqualität der Grund, das heisst, so einfache Dinge wie Dubletten oder falsche Telefonnummern. Excel mag heute noch ausreichen, morgen aber sicher nicht mehr. Die Korrektur-Software und Eingabekontrolle einer CRM-Lösung verbessert, im Gegensatz zu Excel, ganz nebenbei auch die Datenqualität. Und: CRM-Lösungen, ob on premise oder aus der Cloud, sind ausbaufähig. Die Schlagworte Mobility, Social CRM/Social Media Analysis und Cloud markieren Ausbaustufen, die Schweizer Firmen im Auge behalten sollten, auch wenn sie heute noch nicht in sie investieren. «Heute plant nahezu jeder Anbieter, wenn er sie nicht schon hat, eine mobile Version seiner CRM-Software für die gängigen Betriebssysteme iOS, Android und Windows Phone», sagt der Unternehmensberater und ausgewiesene CRM-Experte Wolfgang Schwetz. Zwar lässt sich nicht alles, was in einem komplexen CRM steckt, eins zu eins auf einem mobilen Client darstellen. Insbesondere Smartphones mit ihren kleinen Displays setzen noch recht enge physikalische Grenzen. Das Ziel sei jedoch, so Schwetz, eine zwar anders strukturierte, jedoch komplette mobile Anwendung für den Aussendienstmitarbeiter. Der Nutzen mobiler CRM-Apps leuchtet ein. Vertriebler schmücken ihren Kundenvortrag mit aktuellen Analyseergebnissen, pflegen Gesprächsprotokolle unmittelbar danach ins Firmen-CRM ein oder rechnen Reisespesen online ab. Auch interne Foren, sogenannte Activity Streams, intensivieren den Informationsaustausch. Der Cloud-CRM-Pionier Salesforce stellte vor eineinhalb Jahren Chatter vor, eine Diskus­sionsplattform, auf der man ähnlich wie bei Facebook informiert wird, wenn neue Beiträge etwa zu einem wichtigen Grosskunden publiziert wurden. Chatter benachrichtigt auch bei Ereignissen wie «Beschwerde von Kunde XY» oder «Auftrag grösser als 100 000 CHF». Der Nutzer bestimmt selbst, über welche Kunden und Events er sich auf dem Laufenden halten will. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Social Media als Trendbarometer

Social Media als Trendbarometer

Beim Trend Social Media Analysis ist der Mehrwert nicht ganz so klar ersichtlich. Dieser Trend nimmt gerade erst Fahrt auf, verspricht aber Gros­ses. Denn soziale Netzwerke sind ein Indikator für den künftigen Markterfolg eines Unternehmens. Sie lassen sich als Prognoseinstrument einsetzen. Steigt die Awareness der Netz­gemeinde, dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch die Abverkäufe nach oben hüpfen. Telekommunikationsanbieter etwa werten Kundendaten aus, um ihre Absprungraten zu reduzieren. Beginnt zum Beispiel ein Abonnent, den Account eines Wettbewerbers zu benutzen, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass er seinem Telko-Provider von heute auf morgen untreu wird, etwa 13 Prozent. Diese Schnellwechsler sind durch Marketingkampagnen nicht erreichbar. 71 Prozent benutzen die Accounts mehrerer Provider parallel. Aber: Etwa 16 Prozent warten zwei bis neun Wochen, geben sich also eine längere Bedenkzeit, ehe sie endgültig zur Konkurrenz überlaufen. Diese Kundengruppe ist durch gezielte Ansprache, etwa Social-Network-Kampagnen, manipulierbar. Die Absprungrate lässt sich dadurch signifikant senken. Die Europazentrale des Automobilherstellers Honda hat zum Beispiel das Analysewerkzeug Radion6 von Salesforce im Einsatz. Marketing und Vertrieb analysieren damit den Erfolg ihrer PR-Kampagnen per Feedback in sozialen Netzen und bekommen ein besseres Gefühl dafür, wie sie, in den Augen ihrer Kunden, im Kräfte­vergleich mit der Konkurrenz dastehen. Honda hat damit auch die Antwortzeiten auf Service­anfragen reduziert. Der Automobilkonzern plant langfristig, seine Verkaufs- und Servicepartner an die Plattform anzubinden.

Image-Monitoring

Zurzeit werden Social-Media-Analysewerkzeuge in erster Linie für das Marken-Monitoring eingesetzt. Wichtig ist dabei die sogenannte Sentiment-Analyse, also die Positiv- oder Negativ-Nennung von Produkten und Marken, die im Analysewerkzeug Radion6 für einen Aufpreis zu haben ist. Damit lassen sich zum Beispiel solche Fragen beantworten und Szenarien analysieren: - Wie gut oder wie schlecht bewertet die Netz-Community die neuen Modelle von Mercedes, Honda oder Audi? Wie schneidet mein Produkt im Direktvergleich mit der Konkurrenz ab? - Sind meine Produkte zu teuer? Wie zufrieden sind meine Kunden mit den angebotenen Finanzierungsmodellen? - Was hält die Öffentlichkeit vom neuen CEO? - Ich möchte per Alert-Nachricht informiert werden, wenn Kunden bzw. Multiplikatoren Schmäh-Postings über mein Unternehmen absetzen. - Welche Sozialprofile haben unsere Kunden? - Über welche Kanäle, Blogs, Foren, Zeitschriften ist meine Kundschaft am besten zu erreichen? Auch Oracle bietet im Rahmen seiner Fusion-Business-Apps, die on premise und in der Cloud laufen, eine Social-Network-Komponente an. Enthalten sind sogenannte «soziale Objekte», also Templates für die unternehmensweite, typisierte Kommunikation via Text, Audio und Video. Oracles Social Intelligence Services führen Keyword-, Kontext- und Sentiment-Analysen über Facebook, Twitter, LinkedIn etc. durch. Der Hersteller hat seine Social Services (Social Network, Social Data und Social Intelligence in sein Fusion-CRM integriert und vermarktet das Lösungspaket als «Next-Generation CRM». Für das Konkurrenzprodukt SAP CRM 7.0 hat der auf CRM spezialisierte Dienstleister Movento ein Add-On entwickelt, das auf der Startseite die abonnierten Tweeds anzeigt. Ausserdem kann man in Facebook, LinkedIn und Xing nach Profilen suchen, die bestimmte vorgegebene Kriterien erfüllen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Konservative Schweizer

Konservative Schweizer

Auf der Anbieterseite nimmt der Markt mit den sozialen Netzen langsam Fahrt auf, die Kunden sind von den praktischen Vorteilen jedoch noch nicht restlos überzeugt. Die Werbeagentur Webguerillas aus Zürich hat Ende letzten Jahres 308 Marketing-Entscheidungsträger der Schweizer Wirtschaft gefragt, was sie von der Kunden­ansprache in sozialen Netzen halten: 30,7 Prozent haben die Absicht, damit vor allem den klassischen Werbemix zu ergänzen, 36,4 Prozent erhoffen sich den Zugang zu neuen Zielgruppen und 31,8 Prozent wollen zusätzliche Medienreichweite, auch über Mundpropaganda, generieren. Ein Vergleich mit dem Nachbarland Deutschland zeigt: Punkto digitale Netze und online denkt die Schweiz eher konservativ. Schweizer Unternehmen setzen auf Print-Werbung (76%), Direkt-Marketing (60,1%) und Sponsoring (49,7%), um ihre Zielgruppen zu erreichen. Alternative Werbung und digitale Konzepte der Kundenansprache stecken dagegen noch im Experimentierstadium (vgl. Grafik).


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