27.05.2013, 14:45 Uhr

Mobiler Web-Auftritt fordert Unternehmen

Smartphone-Nutzer suchen anders im mobilen als im stationären Web. Bald sind iPhone und Galaxy in der Mehrheit, die Webseiten und Apps orientieren sich aber oft noch am PC.
Kommerzielle Webseiten sind im Idealfall heute für das Endgerät optimiert, mit dem sie abgerufen werden
Nur 8 Sekunden haben Anbieter einer mobilen Webseite oder Smartphone-App Zeit, um ihre Inhalte zu präsentieren. Danach hat sich schon jeder dritte Mobilfunkbenutzer anderweitig informiert, der Kunde ist für den Anbieter verloren. Dieses Szenario ergab eine User-Befragung von Citrix. Der Software-Hersteller liefert zusätzlich zur Umfrage auch Messdaten: Innert 8 Sekunden ist nur die Hälfte der mobilen Webseiten geladen, jede fünfte Page braucht sogar mehr als 20 Sekunden für den vollständigen Download. Interessant dabei: Nur eine knappe Mehrheit der befragten User schob dem Mobilfunkprovider dafür den Schwarzen Peter zu (51%). Alle Übrigen sehen den Inhalteanbieter in der Pflicht. Kein gutes Zeugnis für ein Unternehmen, das sich mit einer Handy-Seite oder einer eigenen App als «innovativ» und «modern» präsentieren will. Während die Marketingfachleute Faktoren wie Ladezeiten und Absprungraten nur bedingt kontrollieren können, haben sie bei den Inhalten von Apps und Mobilportalen vollen Gestaltungsspielraum. Dabei liegt jedoch ebenfalls einiges im Argen.

Mobil ist nicht gleich Web

Kommerzielle Webseiten sind im Idealfall heute für das Endgerät optimiert, mit dem sie abgerufen werden. Auf einem Tablet erscheint die Homepage in voller Auflösung, auf dem Smartphone in einer zusammengekürzten Version. Bestenfalls rendert die zugrunde liegende Technologie auch noch Bedienelemente für die verkleinerte Anzeige. Mit dem Neu-Rendern und Zusammenkürzen sind diverse Herausforderungen verbunden, die moderne Webtechnologien und erfahrene Programmierer aber beherrschen. Einigen Mobilwebseiten sind beispielsweise Abfragen vorgeschaltet, sodass der Surfer entscheiden kann, ob er eine Smartphone-Variante oder die normale Vollansicht dargestellt haben will. Insbesondere auf den hochaufgelösten Displays von iPhone und Galaxy benötigen die Nutzer nicht zwingend eine Mobildarstellung. Wer einen schnellen Überblick wünscht, bevorzugt allenfalls doch die verkürzte Darstellung. Deshalb ist eine Auswahlmöglichkeit sicher ein Vorteil. Wenig Wahl hat der Nutzer – und damit auch der Anbieter – bei der mobilen Suche. Während auf dem grossen Display die Suchanfragen immer differenzierter und spezifischer werden, gibt es im mobilen Web einen Rückschritt. «Auf dem Smartphone hat niemand Lust, lange Romane ins Suchfeld zu tippen», weiss Christoph Glauser, CEO der Analysefirma ArgYou. Anfragen fielen wieder kürzer und simpler aus. Umso entscheidender ist es laut dem Experten, genau die gesuchten Begriffe auf seiner Mobilseite abzubilden. Denn der Anwender schaut auf seinem Telefon nicht durch endlose Trefferlisten. «Mobil muss man unter den ersten drei Ergebnissen sein, sonst hat man verloren», gibt Glauser zu bedenken. Dieser Einschränkung sind sich längst nicht alle Betreiber von Mobilseiten und Anbieter von Smartphone-Apps bewusst. Lesen Sie auf der nächsten Seite: An der Nachfrage vorbei

An der Nachfrage vorbei

ArgYou hat die auf Mobilportalen von Schweizer Food-Anbietern vorhandenen Inhalte mit den Anfragen von Suchmaschinen verglichen. Gemessen wurden die mobilen Webseiten von Burger King (379 Ressourcen), Coop Restaurant (47 Ressourcen), McDonald’s (82 Ressourcen) und Migros Restaurants (149 Ressourcen) ausschliesslich in der Schweiz. Dabei wurden die Seiteninhalte, Funktionen und Protokolle berücksichtigt. Eingeschlossen waren auch Tools, die zum Beispiel das Vorbestellen eines Menüs in einer bestimmten Filiale erlaubten, um dem Kunden die Wartezeit zu ersparen. Mittels selbst entwickelter Methoden hat Arg-You die Mobilinhalte mit den User-Anfragen des jeweils letzten Monats verglichen. Die Ergebnisse sind teilweise verheerend: Ham­burger werden häufig gesucht, aber kaum ein Restaurant erwähnt die Hauptspeise in seinem Mobilportal (vgl. Grafik). Dem stand­ar­disierten Suchwert von 1,917 steht ein Trefferquotient von 0,065 gegenüber. Eine ähnlich schlechte Quote verzeichnen die Suchbegriffe «Fleisch» und «Poulet». Auch Markenbegriffe wie «Chicken McNuggets» (McDonald’s) oder «Grilled Chicken» (Burger King) werden kaum gesucht, aber extrem häufig von den Schnellrestaurants angeboten.
Diese Resultate dokumentieren laut dem Suchmaschinenspezialisten ArgYou, dass im mobilen Web andere Anforderungen gelten als auf dem Heimcomputer. «Mobil ist es wichtig, dass das Richtige draufsteht, sonst funktioniert es überhaupt nicht», konstatiert Glauser. Im Vergleich kommen die Handy-Seiten von Coop und Migros am besten weg, McDonald’s und Burger King folgen auf den Plätzen. Gründe für das schlechte Abschneiden der beiden Fast-Food-Ketten sind auch die vielen spezifischen Markennamen, die gerade auf dem Smartphone nur selten in die Suchzeile eingetippt werden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Pionierarbeit

Pionierarbeit

Grundsätzliche Überlegungen zur Präsenz im mobilen Web scheinen unabdingbar, verlagert sich doch die Nutzung immer mehr auf das Smartphone – ganz besonders im iPhone-Land Schweiz. «Das Volumen mobiler Suchanfragen geht nach neusten Schätzungen rasant Richtung 50 Prozent», berichtet Glauser. Kein Unternehmen und Markeninhaber kann es sich leisten, mit nur einer herkömmlichen Webpage präsent zu sein. Beim Optimieren des Contents für den Mobilkanal will der Onlinemarktforscher natürlich helfen. Allerdings weiss das Unternehmen auch, dass es kein Patentrezept gibt. Beispielsweise herrscht grosse Vielfalt bei den Mobilplattformen. Apple führt hierzulande den Markt an, Android-Smartphones sind am Aufholen, Windows Phone sowie Symbian eher Nischenprodukte. Auf allen Betriebssystemen laufen proprietäre Apps und angepasste Browser. Je nach Version des OS, der App sowie des Browsers kommen Inhalte unterschiedlich auf das Display der Mobilgeräte. «Früher mussten Webprogrammierer ihre Seiten nur für den Internet Explorer und allenfalls Firefox anpassen. So einfach ist es heute lange nicht mehr», stellt Suchmaschinenspezialist Glauser fest.

Mobil und PC verschmelzen

Andere Entwicklungen erleichtern dagegen die Arbeit von Onlineagenturen und IT-Spezialisten in den Unternehmen: Auf mobilen Geräten werden meistens die bestehenden Suchmaschinen genutzt. Apple und Android setzen auf Google, die Windows-Fraktion rund um Nokia verwendet Microsofts Bing. Ausserdem verschwindet die Grenze zwischen dem mobilen und dem stationären Web zusehends. Die Auflösung der Displays, zum Beispiel vom aktuellen iPhone (1136 x 640 Pixel) und dem ersten iPad (1024 x 768 Pixel), ist nahezu identisch. Bei fortschreitender Entwicklung macht die Bildschirmgrösse für den Content-Anbieter bald keinen Unterschied mehr und auch die Schnittstellen sind oftmals gleich. «Die Inhalte müssen auf allen Endgeräten spannend sein», sagt der ArgYou-CEO lapidar. Dies ist in geschlossenen Systemen wie Smartphone-Apps aber gerade die Herausforderung. Sinnvollerweise sollte die Relevanz des Contents mit der tatsächlichen Nachfrage ab­geglichen werden, bevor man Apps überhaupt entwickelt.
Fünf Tipps für Webentwickler
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4. Technologie-Entscheidungen treffen: App oder mobile Webseite
5. Transaktion und Nutzung sicher­stellen und kontinuierlich messen


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