27.03.2014, 12:25 Uhr

Microsoft und SAP - wie passt das zusammen?

Schweizer Unternehmen haben Lösungen von SAP und Microsoft im Einsatz. Beide Welten miteinander zu 'verheiraten' bringt nicht nur geldwerte Vorteile. Zwei Integrationsszenarien.
Michael Hartung, Leiter Business Development und Product Management bei pmOne, zeigt Integrationsszenarien für SAP und Microsoft.
Die IT-Branche spricht gemeinhin von "Welten". Gemeint sind damit die breit gefächerten Lösungspaletten der grossen Anbieter, die allein schon durch schiere Masse, also durch die Anzahl der Anwender in den Unternehmen, De-facto-Standards setzen. Es gibt die Microsoft-Welt, die Oracle-Welt, die IBM-Welt oder die SAP-Welt: Oracle preist seine optimal aufeinander abgestimmten "pre-engineered Systems" an, SAP ist ERP-Weltmarktführer und Microsoft das grösste Software-Unternehmen der Welt. Etwa 1 Milliarde Menschen sollen das Tabellenkalkulationsprogramm und Frontend Excel nutzen. Das hat Gewicht. Reist man jedoch von einer Welt in die andere, kommt es zum Kulturschock. In der IT spricht man dann von Kompatibilitätsproblemen.

Das Beste von SAP und Microsoft

Die Hürden sind hoch, doch es lohnt sich, sie zu nehmen. Denn eine Dual-Vendor-Strategie bringt Vorteile, weil sie die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter verringert und möglicherweise Kostenvorteile generiert. SAP etwa gilt als gut, aber teuer. Der Microsoftpartner pmOne zeigte daher auf der Veranstaltung «BI & Breakfast» Mitte März, wie man Microsoft Excel, SQL Server, PowerPivot und das kürzlich lancierte Power BI einsetzt, um SAP-Daten zu analysieren.
Das Problem: Wie kommen die Daten aus SAP ERP oder SAP BW heraus und in Microsoft hinein? Zum Vorteil der Kunden hat der Schnittstellenspezialist Theobald Software hier Pionierarbeit geleistet. Theobald nutzt unter anderem die von SAP nicht dokumentierte Schnittstelle DeltaQ aus, um die Microsoft-Welt mit der SAP-Welt zu verheiraten. Die im Februar dieses Jahres auf den Markt gekommene Software ERPConnect klinkt sich in Microsofts Visual Studio Designer ein und kann über sogenannte Linq-Abfragen (eine von Microsoft entwickelt Datenzugriffssprache) auf beliebige SAP-Objekte, sprich Daten, zugreifen. "Ein Linq-to-SAP-Plugin ermöglicht die Gestaltung einer SAP-Zugriffsschicht mithilfe eines grafischen Editors", schreibt Theobald über sein Produkt. Eine ähnliche SAP-Schnittstelle hat das Unternehmen auch für das bedienfreundliche BI-Frontend QlikView entwickelt, das vor allem für Management-Dashboards verwendet wird.

Geheimhaltung ausgetrickst

SAP verwendet DeltaQ auch als Einfallstor für sein eigenes Business Warehouse und hat naturgemäss wenig Interesse daran, Microsofts BI-Lösungen zu unterstützen. Schliesslich führt man ein eigenes, umfangreiches BI-Portfolio im Angebot, und will das den Kunden schmackhaft machen. Aber alle Geheimhaltung hat nichts genutzt. Die Software, um Daten von SAP Richtung Microsoft zu extrahieren, ist seit Anfang des Jahres auf dem Markt. pmOne empfiehlt im Wesentlichen zwei Integrationsszenarien, je nachdem, an welcher Stelle im Stack man die SAP-Daten abgreift.
Beide Verfahren haben Vorteile und Nachteile. Szenario Nummer 1 schnappt sich die Daten aus SAP Business Warehouse (BW). Die Informationen sind also bereits mehrdimensional aufbereitet. Die Performance sei gut und Kunden sparen Investitionen in geschwindigkeitssteigernde SAP-Technologien wie SAP BW Accelerator oder SAP Hana, meint pmOne. Allerdings bleibt das Business Warehouse aus Walldorf weiterhin Bestandteil der Software-Architektur. Sprich: Der Kunde muss sich mit den BI-Technologien beider Anbieter auskennen und entsprechend Personal anstellen. Diesen Nachteil umschifft das zweite Integrationsszenario, das sich die Daten direkt aus der Quelle, also SAP ERP, holt. Investitionen in SAP BW und BWA (Business Warehouse Accelerator) entfallen dadurch vollständig. Die weiterführende Aufbereitung und Analyse der Daten müssen dann allerdings Microsoft-Lösungen wie etwa die SQL Server Analysis Services (SSAS) und die SQL Server Reporting Services schultern.

Für wen lohnt sich das?

Integration ist machbar und mit den neusten Werkzeugen sogar relativ leicht, also mit wenig Eigenarbeit, realisierbar. Neben dem «Wir-können-auch-anders»-Vorteil einer Dual-Vendor-Strategie und der extrem grossen Verbreitung von Excel lohnen sich Integrationsszenarien vor allem für Kunden, die bereits viele Microsoft-Produkte (wie SharePoint, SQL Server, Excel, Exchange) einsetzen. pmOne führt zusätzlich Performance-Vorteile ins Feld: Microsoft BI sei schneller als SAP BW. Das mag stimmen. Mit SAPs Game-Changer, der In-Memory- Appliance Hana, ist dieser Performance-Vorteil aber definitiv perdu. Und 100-prozentige In-Memory- Technologie hat Microsoft bislang nicht zu bieten. (Obwohl vielversprechende Ansätze wie der SQL-Befehl Memory_optimized = on im Create-Table-Statement und Row/Column-Technologie bereits vorhanden sind.) Nicht umsonst brüsten sich BI-Frontend- Anbieter wie Tibco und Qlik mittlerweile mit Visual Data Discovery via Hana. Der Markt hat Hana angenommen. Microsoft wird mit SQL Server und Power BI nachlegen müssen.


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