Europäischer Telko-Markt 10.01.2013, 11:00 Uhr

Vielfalt tut nicht immer gut

Die grossen EU-Telkos wie die deutsche Telekom, Telefonia oder France Telekom wollen ihre Netze gemeinsam nutzen. Die Schweiz wären dabei bisher aussen vor - nicht unbedingt zum Nachteil.
EU-Bürger können unter vielen Telco-Anbietern wählen. Das schadet den Unternehmen.
Am 28. November 2012 haben sich die Spitzen der grössten Telekomkonzerne, einschliesslich Deutsche Telekom, Telefonica, France Telecom und Telecom Italia, mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia getroffen, um zu besprechen, wie die siechende Branche wieder den Anschluss an die Konkurrenz in den USA und China finden könnte. In diesen beiden Ländern teilen sich nur wenige Konzerne einen riesigen Markt. In Europa hingegen liegt die Zahl der Festnetzanbieter bei gut 1200, und mehr als 100 Firmen betreiben eigene Mobilfunknetze. Deswegen möchte Almunia eine Konsolidierung des Marktes herbeiführen, indem die verschiedenen Konzerne die vorhandenen Netze gemeinsam nutzen. Dies bestätigte hetue der Pressesprecher Almunias gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.» Zudem möchte sich die Branche mit der Kooperation auch gegen die Konkurrenz globaler Technologiekonzerne wie Google oder Microsoft schützen, wie die Financial Times (Artikel nur für Abonennten verfügbar) spekuliert. Das ist allerdings ein Trugschluss, sagt Mark Furrer, Präsident der ComCom. «Microsoft, Google, Apple und Co hatten nie die gleichen Probleme. Diese Unternehmen sind auf der Internetarchitektur aufgebaut und diese kennt keine nationalen Grenzen.»

Vielfalt ist nicht immer gut

Dabei wäre er durchaus dafür, dass eine Konsolidierung in der europäischen Telkobranche stattfinden würde: «es wäre wünschenswert, dass der europäische Markt nicht mehr derart stark fragmentiert und ähnlich wie der chinesische würde. Dort kämpfen nur fünf, sechs Unternehmen um die Gunst der Kunden, das ist vor allem aus marketingtechnischen Gründen eine grosse Vereinfachung.» So kann eine Firma mit einem Marketing an einen Kunden kommen, in Europa muss teilweise die gleiche Unternehmung verschiedene Marketingmassnahmen treffen, wenn sie in verschiedenen Ländern aktiv wird, so Furrer weiter. Aus Sicht der Unternehmen ist es deswegen durchaus verständlich, dass sie höhere Skaleneffekte haben wollen. Doch Furrer hält das Projekt in der Theorie zwar für gut, in der Praxis aber für nicht durchführbar. Dabei würden nicht, wie verschiedene Medien spekulierten, die Regulatoren das Zünglein an der Waage spielen, sondern die technischen Voraussetzungen. «Wie sollen beispielsweise im Mobilbereich die Frequenzpläne aussehen?», fragt Furrer. «Das ganze Spektrum müsste vereinheitlich werden. Wir reden hier ja nicht nur von der Telekommunikation, sondern auch von Radio oder TV.» Zudem gäbe es durch die verschiedenen Sprachregionen in Europa Probleme, mit denen die amerikanische oder chinesische Konkurrenz nicht zu kämpfen hätten, in Sachen Marketing würde eine gemeinsame Netznutzung deswegen wohl auch weniger bringen. «Regulatorisch hingegen sehe ich kein Problem», sagt Furrer. «Es müsste ein europäischer Regulator aufgestellt werden, aber dieser ist ohnehin gewünscht.» Der ComCom-Chef vergleicht die Situation mit dem Bankenwesen, wo der Regulator ebenfalls zentralisiert werden müsse.

Auswirkungen auf die Schweiz

Weder Sunrise oder Swisscom waren in die Gespräche mit Almunia involviert, wie sie auf Anfrage mitteilten. Würde es zu einer Konsolidierung kommen, wäre wohl hauptsächlich Swisscom ein interessanter Partner für die restlichen Telkos. Allerdings wäre eine Zusammenarbeit nicht unbedingt sinnvoll, vermutet Furrer. «Ich glaube nicht, dass es der Swisscom gut tun würde, mit beispielsweise der Deutschen Telekom zusammenarbeiten. Die sind im Glasfaserausbau oder bei LTE wesentlich weniger weit.»



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