SAP im Kreuzfeuer 07.05.2015, 01:49 Uhr

Wie gut ist S/4Hana?

SAPs Kostengarantie: Mit S/4Hana wird der IT-Betrieb preiswerter - versprochen. Bill McDermott sagt das Ende von Salesforce voraus. Oracle steckt in einem Dilemma.
SAP sieht seine Cloud-Software-Suite S/4Hana als Business-Kern der vierten Generation. Kurz, der Zukunft. Das machte der ERP-Konzern auf seiner Hausmesse Sapphire in Orlando deutlich. Der zweite Konferenztag war der Technologie gewidmet. SAPs In-Memory-Plattform Hana soll eine Business-Revolution in den Unternehmen anstossen und auch Schweizer Firmen komplett umkrempeln. Ab sofort, so die Neuankündigung, läuft die Business-Software für 25 Industrien auch auf S/4Hana in der Cloud. Kunden können dabei auf rund 100 Geschäftsprozess-Templates zurückgreifen, die es erlauben, schneller in den produktiven EInsatz zu gehen.
Hana glänzt vor allem durch Performance, Performance, Performance. Dadurch werden Einsätze ermöglicht, an die früher nicht zu denken war: zum Beispiel der tägliche Jahresabschluss. CEOs können damit die Folgen von Geschäftsentscheiden praktisch simulieren, deren Auswirkungen auf das Jahresergebnis jeden Tag kalkulieren . Die von SAP immer wieder kommunizierten technischen KPIs: Hana macht Business Analytics um den Faktor 1800 schneller, beschleunigt den System Throughput auf das 8-Fache und reduziert den Daten-Footprint, also die Giga- und Terabytes, auf ein Zehntel. 

SAPs Kostengarantie

Natürlich sind das nur Daumenregeln. Einiges blieb noch im Unklaren, und Geschäftleitungsmitgied Bernd Leukert hatte auf der Fragerunde für Journalisten keinen leichten Stand. Senkt Hana beim Kunden die Kosten, reduziert der Einsatz die Total Cost of Ownership? Besonders angelsächsische Journalisten liessen da nicht locker. Leukert gab dann so eine Art Kostengarantie ab: "Ich versichere ihnen: Kunden, die auf die Enterprise Cloud S/4Hana gehen, werden dadurch ihre TCO reduzieren. Sonst könnten wir die Lösung ja gar nicht verkaufen."
Auch die Migration auf Hana ist für Kundenunternehmen ein hochsensibles Thema. Schliesslich migriert man nicht nur eine einfache Adressdatenbank, sondern komplexe Business-Kritische Software. SAP betont immer wieder, dass die Migration auf Hana/S4Hana ein regelgeleiteter Prozess ohne Risiko sei. Durch eine Standardmigration, die einfach alles auf Hana schaufelt und nur wenige Tage (Daumenregel) in Anspruch nehmen soll, erzielt der Kunde aber nur zweistellige Performance-Gewinne. Das Feintuning und die richtig grossen Geschwindigkeitssprünge erfordern dann wohl doch mehr Zeit - Minimum 30 Tage, meist mehrere Monate. Unter anderem deshalb, weil auf Hana überflüssige Tabellen und Aggregate entsorgt werden müssen. Alles hängt natürlich stark vom jeweiligen Kunden-Case ab, Allgemeinaussagen sind kaum möglich.

S/4Hana: Migrationsängste abbauen

Siemens zum Beispiel hat die Hana Cloud-Plattform als Grundlage für seine Industrie-Cloud gewählt. "Nach einer internen Evaluation gab es keinen Zweifel mehr, Hana ist für uns die beste Lösung", sagte Peter Weckesser, CEO Customer Services bei Siemens, auf der Sapphire. Auch die US-amerikanische Kette Walmart ist Hana-Kunde und optimiert damit ihre Verkäufe. 6400 Unternehmen nutzen weltweit Hana, also die In-Memory-Datenbank, on-premise. Für die auf Hana basierende Business-Cloud-Plattform S/4Hana haben sich bislang 375 Firmen entschieden. Hana gewinnt an Momentum, und je mehr Firmen von erfolgreichen Migrationsprojekten berichten, desto weniger werden sich zukünftige Hana-Kunden darüber den Kopf zerbrechen. Nächste Seite: Salesforce ist angezählt, Oracle hat ein Problem

McDermott: Salesforce macht's nicht mehr lange

CW hatte Gelegenheit, mit SAP-CEO Bill McDermott zu sprechen. McDermott begründete gegenüber CW sein komplettes Desinteresse am Kauf von Salesforce (Computerworld berichtete). SAP habe noch nie Firmen akquiriert, deren Wert (value) sinke. Genau das sei aber bei Salesforce der Fall, Salesforce falle zurück, werde zur reinen Commodity, und dadurch angreifbar. Ausserdem sei es sehr leicht, von Salesforce auf konkurrierende Plattformen - wie SAP - zu wechseln. Solche Wechsel würden passieren. Letztlich sagte McDermott das baldige Ende von Benioffs Salesforce voraus. Dass Microsoft in Erwgung zieht, Salesforce aufzukaufen, findet er unüberlegt und lächerlich. Salesforce-Gründer Marc Benioff ist einer der schillerndsten, aber auch charismatischsten Figuren der IT-Industrie. Das US-Magazin Fortune 500 setzte ihn vor einigen Jahren als "Unternehmer des Jahres" auf den Titel. Gleichzeitig hielt sich - wie einige Analysten behaupten - hartnäckig das Gerücht, Benioff habe mit seinem 16 Jahre alten Unternehmen nie wirklich Gewinn eingefahren. Salesforce selbst hat das Gerücht weder bestätigt, noch dementiert.
Konkurrent Oracle wiederum steckt laut McDermott in einem Dilemma. Larry Ellison und seine Manager haben mit ihrer Cashcow, der Oracle-Datenbank, über die letzten Jahrzehnte Milliarden gescheffelt. Jetzt werden sie Opfer ihres eigenen Erfolges, denn diese "Legacy" hängt ihnen wie ein Klotz am Bein und verhindert wirkliche Innovationen. Wer über den "Show Floor" der SAP Sapphire im Orange County Convention Center (OCCC) schlendert, sieht viele bekannte Namen. Oracle etwa stellt SAP-Lösungen auf der Oracle-Plattform vor. IBM, Microsoft, HP, Deloitte, PwC - um nur einige zu nennen - viele grosse Unternehmen haben auf der Sapphire ihre Stände aufgebaut. Nur Salesforce haben wir tatsächlich nicht gesehen.



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