22.12.2015, 13:15 Uhr

Google-Ingenieur kritisiert Standort Zürich

Google Schweiz soll Probleme haben, Mitarbeiter zu rekrutieren. Dies sagt ein Google-Topshot aus Mountain View, der vor einem Bedeutungsverlust des Standorts Zürich warnt. Google Schweiz dementiert
Google hat in Zürich rund 1600 Mitarbeiter. Über die letzten Jahre wurde in der Limmatstadt der wichtigste Standort ausserhalb der USA aufgebaut. Produkte wie Maps, Search, Gmail, Kalender und YouTube werden in Googls grösstem Ingenieurbüro von Europa, den mittleren Osten und Afrika entwickelt. Gemäss Julien Borel droht dem Standort aber ein Bedeutungsverlust. In einem Interview mit der NZZ am Sonntag erklärt der leitende Google-Ingenieur, dass es immer schwieriger sei, Talente nach Zürich zu holen. In diesem Jahr habe man in London zwanzig Mitarbeiter angestellt, in Zürich nur zwei. «Zürich ist mit Abstand der teuerste Standort im Konzern. Ein Ingenieur kostet 20 bis 30 Prozent mehr als einer in London», sagt Borel. Daneben würde auch die Politik für Probleme sorgen. «Wir bekommen keine Arbeitsbewilligungen mehr für Ausländer, die in Zürich arbeiten sollen. Ich hatte mehrere Leute von ausserhalb der EU angestellt, die nach Zürich kommen sollten. Aber das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.» Zudem stört sich Borel daran, dass die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit erfassen müssen. Man versuche bei Google, ein privilegiertes Umfeld zu schaffen, «in dem sich intelligente Leute an grossen Herausforderungen versuchen können». Denen könne man nicht zumuten, aufzuschreiben, wie viele Stunden sie arbeiten. «Zürich kommt mir vor wie eine schlecht organisierte Fussballmannschaft. Sie möchten die Champions League gewinnen, wollen aber keine Ausländer im Team. Und sie hören nach 45 Minuten auf zu spielen», sagt Borel.

«Die Schweiz hätte alles»

Borel findet diese Entwicklung schade, denn Zürich und die Schweiz «hätten eigentlich alles. Aber die Vorteile werden nicht ausgenutzt.» So würden ausländische Stundenten in den USA automatisch eine Arbeitsbewilligung für 18 Monate erhalten wenn sie an einer Top-Uni abschliessen und diese leicht verlängern. Wenn dagegen die ETH einen Top-Studenten aus Indien ausbilde, «schickt die Schweiz ihn nach dem Abschluss zurück». Google Schweiz sagt, dass die Aussagen Borels persönlicher Natur gewesen seien und nicht der Position des Unternehmens entsprechen würden. «Wir lieben es in Zürich zu sein und werden hier weiterhin in den Standort Schweiz investieren und Mitarbeiter einstellen», sagte uns Matthias Meyer, Unternehmenssprecher Google Schweiz. Aus diesem Grund würde man an der Europaallee am Zürcher Hauptbahnhof einen neuen Standort eröffnen.



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