27.03.2013, 14:08 Uhr

Bundesrat will Schluss mit IT-Flops machen

Insieme oder FIS-HE sollen der Vergangenheit angehören. Um künftige IT-Flop-Projekte zu vermeiden, wird beim Bund künftig unabhängige Prüfungen systematisch durchgeführt. Das teuerste Projekt soll aber nicht dazugehören.
Der Bundesrat hat beschlossen, dass künftig eine unabhängige Qualitätskontrolle die grossen IT-Projekte kontrollieren soll
Der Bund hatte in letzter Zeit einige IT-Skandale hinter sich. Die Beschaffung des Fhrungsinformationssystem Heer (FIS HE) oder die  Ablösung der IT-Systeme der eidgenössischen Steuerverwaltung (INSIEME) haben gut 900 Millionen Franken an Steuergeldern verschlungen, ohne dass bisher Ergebnisse präsentiert werden konnten. Schuld daran waren einerseits natürlich diejenigen, die das Projekt umgesetzt haben, andererseits aber auch die Auftraggeber und der Bund selber. Denn eine Qualitätskontrolle existierte nicht, beziehungsweise nur pro forma, da sie von den gleichen Leuten gemacht wurde, die auch die Projekte umgesetzt haben. Dies ändert sich ab dem 1. April. Dann treten die Weisungen des Bundesrates fr IKT-Schlsselprojekte (PDF) in Kraft, die unabhängige Prüfungen für grosse IT-Projekte vorschreibt. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) wird ab dann verstärkt Prüfungen der IKT-Schlüsselprojekte durchführen, um die Risiken hinsichtlich der Zielerreichung zu prüfen und die Umsetzung von Massnahmen zu beurteilen. Der angefertigte Bericht geht sowohl an die Projektsteuerung, die Projektführung und die dem IKT-Schlüsselprojekt übergeordnete verantwortliche Linie.

FIS-HE wird kaum dazugehören

IKT-Schlüsselprojekte hat der Bundesrat folgendermassen definiert: «Ein IKT-Schlüsselprojektist ein IKTProjekt oder IKTProgramm, das aufgrund seines Ressourcenbedarfs (Personal und Finanzen), seiner strategischen Bedeutung, seiner Komplexität, seiner Auswirkungen und seiner Risiken eine verstärkte übergeordnete Führung, Steuerung, Koordination und Kontrolle erfordert.» Welche Projekte darunter fallen, entscheidet der Bundesrat. Eine Entscheidungshilfe bietet das Informatiksteuerorgan des Bundes (ISB), das eine Liste mit potentiellen IKT-Projekten erstellt. Bedingung ist, dass der Gesamtaufwand jeweils mehr als 30 Millionen Franken beträgt ? Ausnahmen sollen aber möglich sein. «Welche Projekte das sein werden, ist noch nicht beschlossen,» sagt ISB-Chef Peter Fischer gegenüber Computerworld. In den nächsten Wochen sollten aber die ersten Projektnamen kommuniziert werden. Quellen im Bund sagen, dass bislang vier oder fünf Projekte auf dieser Liste stehen. Das Nachfolgeprojekt von Insieme, Fiskal-IT, soll dazugehören. FIS-HE allerdings nicht. Denn dieses Projekt wird mittels Rüstungskredit finanziert und als IKT-Schlüsselprojekt  zählt nur, was mit IKT-Geldern bezahlt wird. Zudem werden nicht mehr als 10 bis 15 IKT-Schlüsselprojekte angestrebt, diverse IT-Projekte werden also nicht von den neuen Regelungen betroffen sein. Ein weiter Haken ist, dass die EFK die verantwortlichen Stellen im Voraus informiert, welche Checkpunkte der Projekte überprüft werden. «Das spielt aber keine Rolle», sagt Michel Huissoud, Vizedirektor der Eidgenössischen Finanzkontrolle und zuständig für die Fachbereiche. «Denn bei solchen Projekten können grobe Unstimmigkeiten nicht einfach vertuscht oder getarnt werden. Und wenn die Mängel vor unseren Prüfungen beseitigt worden sind, ist das Ziel auch erreicht.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Auftraggeber zur Rechenschaft ziehen

Die Auftraggeber zur Rechenschaft ziehen

Falls der EFK Mängel am Projekt auffallen, kann sie nicht mehr tun, als ihren Bericht zu schreiben und die Verantwortlichen aufzufordern, einzuschreiten. Denn um ein Projekt zu stoppen, fehlt ihr die gesetzliche Grundlage. Was also, wenn der Auftraggeber zu weit vom Projekt entfernt ist, um die richtigen Schlüsse zu ziehen? «Der Auftraggeber und seine Linie tun gut daran, die Berichte der EFK intensiv zu studieren und die Konsequenzen zu ziehen» sagt Peter Fischer. «Schliesslich trägt er am Ende auch die Verantwortung, dass das Projekt gut kommt und die Abmachungen eingehalten werden.»  Dass die Auftraggeber zur Rechenschaft gezogen werden können, bestätigt Michel Huissoud, «Die Auftraggeber werden auch Teil der Prüfung sein. Ein Interview mit dem Auftraggeber gehört dazu. Wir wollen wissen, was er organisiert hat, damit ihm beispielsweise Probleme und Risiken früh genug kommuniziert werden.» Insieme soll sich nicht wiederholen: «Für mich startet eine Projektprüfung beim Autraggeber. Dort lagen bei Insieme die Ursachen. Der Projektführer konnte kaum gegenwirken.» Darum fordert Huissoud grundsätzlich nicht mehr Prüfungen sonder eine stärkere und konsequentere Führung. Das Projektmanagement muss besser werden. «Besonders die Auftraggeber, die in den Lenkungsausschüssen sitzen, müssen ihre Verantwortung wahrnehmen.» Ein Schritt in diese Richtung ist die Verbesserung von HERMES.  Der Begriff bezeichnet die Methode, wie IT-Projekte beim Bund abgewickelt werden. Die heute gültige Fassung stammt aus dem Jahre 2003, Anfang April wird die berarbeitete Fassung vorgestellt. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Ressourcen fehlen noch

Die Ressourcen fehlen noch

Dass die richtige Massnahmen getroffen worden sind, ist allerdings nur die eine Seite. Huissoud betont, dass Projektprüfungen an sich bereits heute von der EFK durchgeführt werden. Die Herausforderung sieht er darum im Volumenanstieg und in der zunehmenden Komplexität der IT-Projekte. «Wir haben zwar die fachliche Kompetenz, aber wir haben auch Respekt vor der Dimension.» Und momentan fehlen die Ressourcen, um alle diese Prüfungen durchzuführen. Deswegen geht das EFK auf die Suche nach ICT-Projektmanagern. «Wir wollen nicht nur Wirtschaftsprüfer oder Revisoren. Es ist wichtig, dass die Projektleitungen wahrnehmen, dass hier jemand eine Prüfung durchführt, der Projekterfahrung hat.» Die Mehrkosten, die für die Projekte anfallen, sollen sich in Grenzen halten. «Wenn diese aber auch nur ein Prozent des Projektbudgets ausmachen würde, wäre dies bereits viel,» sagt Peter Fischer vom ISB. Allerdings: ob das EFK die zusätzlichen Mittel erhält, um überhaupt die Prüfungen durchführen zu können, muss erst noch das Parlament entscheiden. Und bis dies geschieht, kann es dauern.Wie viel Geld das EFK benötigt, sagte Huissoud nicht «Doch wir starten trotzdem jetzt schon, auch wenn wir die Mittel noch nicht erhalten haben,» sagt Huissoud. Er rechnet damit, dass die Prüfung der ersten IKT-Schlüsselprojekte Ende 2013 beginnt. Sollte sich das Parlament bis dahin nicht für die zusätzlichen Gelder ausgesprochen haben, steht der Bundesrat vor einem Problem.



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