Apple 09.06.2015, 10:03 Uhr

die Highlights der WWDC

Apples Entwickler-Konferenz ist eher unspektakulär verlaufen. Und das ist eine gute Sache.
Gestern Montag eröffneten Tim Cook und seine Mannen die «World Wide Developers Conference», kurz WWDC. Im Mittelpunkt standen die neuen Versionen von OS X, iOS, watchOS und – nicht wirklich überraschend – der neue Musikdienst «Apple Music». Soviel vorweg: Die Neuerungen in OS X und iOS halten sich in Grenzen, wie so mancher Apple-Fan dankbar zur Kenntnis genommen haben wird. Stattdessen stehen die Optimierungen im Vordergrund. Das zählt umso mehr, weil sich nach den radikalen Änderungen bei iOS 8 und OS X 10.10 «Yosemite» die Klagen über Fehler im System häuften. Mit den neuen Versionen werden jetzt die Scherben weggewischt.  OS X «El Capitan» Das neue OS X hört auf den Beinamen «El Capitan», benannt nach dem Monolith im Yosemite-Nationalpark. Wir bleiben also der Gegend treu. Interessantes Detail: Apple nennt keine Versionsnummer mehr, sondern belässt es beim Spitznamen. Die wichtigsten Neuerungen drehen sich um die Interaktion mit dem Benutzer. So wurde die Handhabung der Fenster stark verbessert. Mit einer Wischgeste werden alle Fenster aufgefächert. Innerhalb dieser Übersicht lassen sich Anwendungen im Vollbild-Modus öffnen. Besser noch: Zwei Apps können Seite an Seite im Splitscreen-Modus funktionieren. Die Suchfunktion «Spotlight» wurde deutlich verbessert und zeigt jetzt auch Sportergebnisse und das Wetter an. Optisch ändert sich einiges, denn die «Helvetica Neue» hat als Systemschrift bereits wieder ausgedient. Sie wird durch den von Apple entwickelten Font «San Francisco» ersetzt, der sein Debut bereits auf der Apple Watch feierte. Wer will, kann den Wechsel jetzt schon vollziehen, denn eine höchst inoffizielle Version samt Anleitung gibt es bereitsauf GitHub. Metal Die Grafik-Technologie Metal erschien mit iOS 8 und ist jetzt auch ein Bestandteil von OS X. Sie soll 3D-Berechnungen und Animationen um bis zu 50 Prozent beschleunigen. Dabei werden CPU und GPU voll ausgenutzt, während die Programmierung für Entwickler deutlich vereinfacht wird. Metal erlaubt eine besonders hardware-nahe Programmierung bei hoher Effizienz. Das freut zwar die Spieler, aber die bilden in der Mac-Welt sowieso nur eine Minderheit. Wichtiger ist, dass unter anderem Adobe bereits angekündigt hat, Metal für alle Programme der Creative Cloud zu nutzen. Dazu gehören Photoshop, InDesign, Lightroom und zahlreiche andere Programme. Explizit erwähnt wurde die Special-Effects-Software After Effects. Weitere Neuerungen betreffen weniger das System, sondern vor allem die Dienste. So zeigt die neue Karten-Anwendung nicht Strassen, sondern neu auch die öffentlichen Verkehrsmittel mit dem kürzesten Weg zur nächsten Station. Das trifft zumindest für die USA, China und ausgewählte europäische Grossstädte zu; eine helvetische Stadt ist nicht vertreten. Verfügbarkeit und Preise. «El Capitan» ist ab sofort für alle Entwickler verfügbar. Im Juli soll die öffentliche Beta folgen, die Veröffentlichung ist für den Herbst geplant. Das Update ist wie immer kostenlos. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ein intelligenteres iOS 9 Ein intelligenteres iOS 9 Unglaublich, aber wahr: iOS 9 wird sogar auf dem vier Jahre alten iPhone 4S laufen. Auch das iPad 2 und das iPad mini der ersten Generation werden unterstützt, selbst wenn der Funktionsumfang natürlich aufgrund der Hardware eingeschränkt ist. Zu den wichtigsten Neuerungen gehört eine verbesserte «Intelligenz», die sich vor allem bei der Reiseplanung mit der Karten-App und im Umgang mit Siri zeigt. So lässt sich jetzt zum Beispiel nach Fotos suchen. Musik wird automatisch abgespielt, wenn ein Kopfhörer eingestöpselt wird. Ausserdem liefern Suchanfragen bessere Ergebnisse aus neuen Kategorien; dazu gehören Sportergebnisse, Termine, Videos und einfache mathematische Berechnungen. Siri soll sich ausserdem melden, wenn die Verkehrslage ein früheres Aufbrechen zu einer Besprechung nötig macht. Diese neuen Funktionen erinnern sehr stark an Google Now. Chefentwickler Craig Federighi wurde jedoch nicht müde zu betonen, dass dabei keine Daten gesammelt werden, die sich dem Benutzer oder einer Apple-ID zuordnen lassen. Mulitasking Die neuen Multitasking-Funktionen bleiben dem iPad vorbehalten, denn nur auf dem grösseren Display sind sie auch sinnvoll. Hier lassen sich zwei Apps nebeneinander betreiben, wenn zum Beispiel in einem Chat eine URLs übermittelt wird, die nebenan in Safari angezeigt wird. Auch eine Bild-in-Bild-Ansicht ist möglich, zum Beispiel bei der Betrachtung von Videos oder bei FaceTime-Chats. Einfachere Tastatur Die Tastatur wurde massgeblich überarbeitet. Eine neue Shortcut -Leiste zeigt Aktionen, die zur jeweiligen App passen. Neue Multitouch-Gesten erlauben ausserdem einen einfacheren Umgang mit Texten: Werden zwei Finger auf die Tastatur gedrückt, lassen sich die Einfügemarke verschieben (Halleluja!) oder Texte markieren. Mehr Saft Durch systeminterne Verbesserungen soll sich die Batterielaufzeit bei der Nutzung um etwa eine Stunde verbessern. Diese Extrazeit kann laut Federighi durch einen neuen Energiesparmodus um weitere vier Stunden gestreckt werden. Wie sich das in der Praxis auswirkt, wird sich zeigen. Mehr Apps iOS 9 kommt mit einer ganzen Reihe neuer oder überarbeiteter Apps. Hier die wichtigsten: Notizen. Die unscheinbare App wurde komplett überarbeitet. Sie erlaubt jetzt bessere Formatierungen und erstellt Aufgabenlisten auf Knopfdruck. Fotos lassen sich genauso einfügen wie Links, wobei letztere sehr ansprechend mit einer automatisch generierten Miniatur-Abbildung dargestellt werden. Auch Skizzen sind möglich. News. Die neue Apps erlaubt das Abonnieren von Websites, die anschliessend klar, ästhetisch und mit gediegenen visuellen Effekten dargestellt werden. Die Inhalte müssen von den Herausgebern entsprechend aufbereitet werden, doch viele grossen Namen wie Condé Nast, ESPN oder die New York Times sind schon dabei. Leider funktioniert die App vorerst nur in den USA, den UK und in Australien. Apple Pay. Der Bezahldienst versucht sich in Europa und wird ab Juli auch in Grossbritannien verfügbar sein. Neu ist, dass nicht nur mit Kreditkarten bezahlt, sondern auch mit Kundenkarten Treuepunkte gesammelt werden können. Verfügbarkeit und Preise. Die Beta von iOS 9 ist ab sofort für Entwickler verfügbar. Ab Juli können sich Interessierte unter beta.apple.com für eine öffentliche Beta anmelden. Die endgültige Version erscheint im Herbst zusammen mit dem nächsten iPhone. Lesen Sie auf der nächsten Seite: WatchOS 2.0 watchOS 2.0 Auch die Apple Watch erhält ihr erstes grosses Update. watchOS 2.0 erlaubt es, dass Entwickler Apps schreiben, die ohne iPhone auf der smarten Uhr funktionieren – aber das war sowieso nur eine Frage der Zeit. Auch bei den Zifferblättern lockert Apple die Zügel. So können Entwickler die «Komplikationen» (kleine Informationshappen) in die mitgelieferten Zifferblätter integrieren, zum Beispiel die aktuellen Fluginformationen oder der Ladezustand des Elektro-Autos. Die neuen Foto-Zifferblätter lassen sich innerhalb von Sekunden vom Anwender erstellen. Allerdings ist es nicht möglich, dass Entwickler von Grund auf neue Zifferblätter mit einem beliebigen Funktionsumfang erstellen. Dafür dürfte Apple die visuelle Konsistenz und das ansprechende Design zu wichtig sein. Das neue «Time Travel» ist mehr als nur ein witziges Gimmick: Durch das Drehen der digitalen Krone simuliert die Apple Watch den restlichen Tag, indem nicht nur die Uhrzeit voranschreitet, sondern auch die Ereignisse und Termine angezeigt werden. HomeKit Viel zu wenig wurde über HomeKit erzählt, Apples universelle Schnittstelle für die Heimautomation. Verraten wurde einzig, dass jetzt neue Gerätschaften wie Rollladen gesteuert werden können. HomeKit erlaubt ausserdem die Haussteuerung über iCloud, wobei die kleine Apple-TV-Box zum Bindeglied wird. Doch auch hier warten wir immer noch auf Details. Uhr oder Wecker? Die meisten Anwender laden ihre Apple Watch in der Nach auf. Warum es also nicht gleich richtig machen? Mit watchOS 2.0 wird die Apple Watch zum gediegenen Wecker. Wird die Uhr auf der Seite liegend aufgeladen, aktiviert sich automatisch der Nightstand-Modus: Die Apple Watch wird zum Wecker, der mit der einzigen Taste und der digitalen Krone auf der Oberseite zum Schweigen gebracht wird. Das Display dreht sich automatisch um 90 Grad. Glücklich sind diejenigen, die mit dem Kauf einer Halterung oder Dockstation noch zugewartet haben. Verfügbarkeit und Preise: Die Betaversion von watchOS 2.0 ist für Entwickler sofort erhältlich, die Freigabe soll im Herbst erfolgen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Apple Music Apple Music Der neue Musikdienst ist kein Ersatz für iTunes, sondern ein Frontalangriff auf Streaming-Dienste wie Spotify oder Google Play Music. Das gesamte Musikangebot von iTunes steht für eine Pauschale zum Konsum bereit. Zu den Schwerpunkten des Dienstes gehört auch, dass die Künstler mit den Hörern auf Tuchfühlung gehen. So lassen sich Mixes, Bilder und Videos der Musikanten in den Dienst einspeisen. Apple Music steht übrigens nicht nur den grossen Labels zur Verfügung, sondern auch kleinen Musikern, die im heimischen Keller ihre Werke einspielen. Wichtig ist auch, dass die Hörer neue Musik entdecken. Dazu werden Playlists von Profis zusammenstellt (Spotify lässt grüssen). Automatische Empfehlungen zeigen ausserdem Musik, die aufgrund der bisherigen Titeln ebenfalls gefallen könnte. Apple hat nun eine eigene Radiostation, «Beats 1» gerufen. Sie dudelt rund um die Uhr angesagte Musik, bringt News und Interviews.  Dabei sollen nur ausgewiesene Profis moderieren. «Beats 1» kann auch gehört werden, wenn der Dienst nicht abonniert wird. Killer-Preise Apple Music hält gleich zwei positive Überraschungen bereit: Erstens ist der Dienst ab dem 30. Juni in über 100 Ländern verfügbar, darunter auch in der Schweiz. Zweitens sind die Preise extrem günstig. Die monatlichen Kosten für ein Einzel-Abo bewegen sich mit 9.99 US-Dollar zwar noch in ähnlichen Regionen wie Spotify. Hitverdächtig ist jedoch das Familien-Abo für bis zu sechs Personen, das für 14.99 US-Dollar pro Monat angeboten wird. Die genauen Preise für die Schweiz stehen noch nicht fest, dürften sich aber in einem ähnlichen Rahmen bewegen. Und den Schockmoment haben wir uns für den Schluss aufgehoben: Ab Herbst wird der neue Music-Dienst mit der passenden App auch für Android angeboten. Boom!



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