27.07.2012, 12:35 Uhr

Was man über den Apple-Samsung-Prozess wissen sollte

Ab Montag kommt es zu einem der meisterwarteten Prozesse der IT-Geschichte: Apple und Samsung tragen ihre Streitigkeiten vor Gericht aus. Worum geht es, um wie viel geht es und welche Auswirkungen kann das Urteil haben? Hier gibt es die Antworten.
Noch ist nicht abzusehen, wie sich der Apple-vs-Samsung-Prozess entwickelt.
Der englische Originalartikel stammt von Martyn Williams, der für den IDG News Service arbeitet.

Wann hat alles begonnen?

Am 15. April 2011 reichte Apple die ursprngliche Anklage gegen Samsung ein. Samsung wehrte sich nur einige Tage später, die zwei Fälle wurden zu einem zusammengefasst.

Wofür wird gekämpft?

Apple behauptet, die Galaxy-Tablets und -Smartphones würden Kopien von iPad, iPod und iPhone sein. Apple hat eine Liste von Patenten, von denen es sagt, Samsung hätte sie verletzt. Zudem hat Apple eine Grafik erstellt, die zeigt, wie sich das Design von Samsung-Phones vor und nach dem iPhone geändert hat. Diese Transformation ist laut Apple «die Grundgeschichte unseres Falles». Samsung kontert, Apples Anschuldigungen seien allesamt falsch und dass in der Consumer-Electronic-Branche immer wieder auf ältere Produkte geschaut wird, um sich Inspiration zu holen. Darum hat Samsung seine eigene Grafik erstellt, die zeigen soll, dass Samsung schon vor dem iPhone vollständige Touch-Screen-Phones besass. Samsung will aber auch in die Offensive gehen und argumentieren, dass Apple selbst eine Nummer von Patenten verletzt hat, die Samsung gehören. 

Was wollen die Parteien?

Geld und Verkaufsverbote für alle Produkte, die Patente verletzten. Apple möchte2,5 Milliarden Dollar von der Jury als Schadenszahlung. Danach hofft das Unternehmen, dass das Gericht diese Summe verdreifachen wird. Grundlage dazu ist ein Gesetztespassus, der es Richtern erlaubt, Strafen zu multiplizieren, wenn jemandem wissentlich Schaden zugefügt wurde. Samsungs Forderung ist nicht weniger klein: Es verlangt 2,4 Prozent des Verkaufpreises jedes Produktes, das seine Patente verletzt. Im besten Fall also 2,4 Prozent auf jedes iPhone und iPad, das Apple bisher verkauft hat.

Steht noch mehr auf dem Spiel?

Wenn man nach weiter greifenden Auswirkungen sucht, könnte der Prozess entscheiden, wo das US-Justizsystem die Linie zwischen Innovation und Kopie zieht. Das würde auch die Debatte über das US-Patentsystem neu befeuern. Kritiker monieren ein zu liberales Patentrecht, das die Behörde dazu verleitet, zu viele Patente zu erteilen. Das wiederum führt zu vielen unnötigen Gerichtsprozessen. 

Wer wird als Zeuge aufgerufen werden?

Vermutlich wird es kein Star-Aufgebot geben wie neulich bei Google gegenOracle, wo die beiden CEOs Larry Ellison und Larry Page in den Zeugenstand traten. Der vielleicht grösste Name auf der Zeugenliste ist Apples Marketing-Vize, Phil Schiller, der auch oft auf Apple-Konferenzen auftritt. Samsung wird unter anderem Richard Howarth aufrufen, einen der Apple-Chefdesigner, der am iPhone-Projekt mitarbeitete. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Was wir erfahren werden - und was nicht

Was wird der Prozess aufzeigen?

Einen Einblick in das Geschäftsgebaren zweier der mächtigsten Unternehmen der Welt, angereichert mit Gerüchten und eventuellen unerwarteten Wendungen. So ist im Vorfeld des Prozesses bereits durchgesickert, dass Apple sich für das iPhone-Design Ideen von Sony abgeschaut hat. Oder dass Samsung massenweise sensible E-Mails vernichtete, was ausdrücklich verboten war.

Was wird der Prozess nicht aufzeigen?

Die Juristen beider Seiten gingen schwärzten grosszügig Dokumente, die für die Öffentlichkeit zu bestimmt waren. Die Nachrichtenagentur Reuters beschwerte sich danach beim Gericht und dieses warnte die Parteien, dass sie davon ausgehen müssten, dass die meisten Dokumente während des Prozesses öffentlich würden. Heute findet eine Vorbesprechung des Prozesses statt an der entschieden wird, welche Themen genau vor Gericht diskutiert werden. 

Wo findet der Prozess statt?

Am US-Gericht in San Jose, einem unauffälligen Gebäude mitten in der Stadt, die ungefähr 80 Kilometer von San Francisco entfernt liegt. Es wird ein extra grosser Gerichtsaal für den grossen Medienandrang bereitgestellt. 

Wie lange wird sich der Prozess hinziehen?

Er beginnt am Montag, 30. Juli mit der Auswahl der Jury. Beide Seiten werden wohl direkt ihre Eröffnungsstatements geben, wenn die zehn Juroren (aus 75) ausgewählt wurden. Die zuständige Richterin Lucy Koh gab sowohl Apple als auch Samsung jeweils 25 Stunden, um ihren Fall zu präsentieren und hat den Prozess auf 18 Tage angesetzt, den ganzen August hindurch bis Anfang September. Es ist aber noch nicht vorauszusehen, ob die ganzen 18 Tage gebraucht werden.

Wie viel kostet der Prozess?

Das ist schwierig zu sagen. Beide Seiten haben ein ganzes Heer von Anwälten, die nicht ganz billig sind. Apple lässt sich von der Kanzlei Morrison Foerster vertreten, die durchschnittlich 582 Dollar pro Stunde verlangt. Samsungs Anwälte kommen von Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan, die verlangen sogar 821 Dollar pro Stunde. Sicher ist bereits jetzt, dass der ganze Fall Millionen von Dollar an Strafen kosten wird ? und den Steuerzahler Zeit im Gerichtssaal.

Wäre es also nicht viel einfacher, die beiden Firmen würden eine Übereinkunft finden?

Ja. Sogar Richterin Koh gab zu, «dann zu feiern». Bis Montag haben Apple und Samsung noch Zeit sich zu versöhnen, die Gespräche sind auch am Laufen. Aber US-Nachrichtenagenturen vermelden, dass sich die Parteien dabei eher voneinander entfernen. Dem Mega-Prozess Apple gegen Samsung scheint also nichts mehr im Wege zu stehen.



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