05.12.2014, 10:17 Uhr

Schweizer Telko-Bosse geben Fehler zu

Erstmals haben sich die vier Chefs der grossen Schweizer Telkos gemeinsam einer Diskussionsrunde gestellt. Und fast durchs Band enttäuscht.
Erstmals sind alle gekommen. Die vier grossen Telekomfirmen im Schweizer Markt, Cablecom, Orange, Sunrise und Swisscom entsandten ihren jeweiligen CEO nach Rüschlikon, damit diese sich im Rahmen der Veranstaltung «Telekommarkt Schweiz» eine gute Dreiviertelstunde lang einen verbalen Schlagabtausch liefern konnten. Das jedenfalls war die Hoffnung im gut gefüllten Gottlieb Duttweiler Institut, für dessen Plätze die Teilnehmer knapp 3000 Franken bezahlen mussten und dafür an zwei Tagen Vorträge zu verschiedensten Bereichen der Telekombranche zu hören bekamen. Der theoretisch interessanteste Programmpunkt war diese Elefantenrunde, weil sich die Vier noch nie in öffentlichem Rahmen gemeinsam einer Debatte stellten. Schnell war klar, dass es eine Runde werden würde, in welcher sich Swissscom-Chef Urs Schaeppi gegen seine drei Kollegen Eriv Tveter (Cablecom), Johan Andsjö (Orange) und Libor Voncina (Sunrise) wird behaupten müssen. Das ist ihm gelungen. Es wurde ihm aber nicht allzu schwer gemacht. Was einerseits an den Medien liegt, die sofort ausschlachten, wenn jemandem etwas Unglückliches sagt. Wie beispielsweise bei Urs Schaeppi, der kurz zuvor ehrlich war und sagte, Tapit sei eine Enttuschung. Als Folge werden sogar in solchen Debatten viele der Statements zuvor von Kommunikationsprofis geschliffen. Was schade ist, weil dabei der Inhalt auf der Strecke bleibt.
So war es interessanter, das Verhalten der vier CEOs zu studieren. Am längsten Chef ist Eric Tveter, der seit 2009 für die Cablecom Schweiz verantwortlich ist. Seine Routine spielte er aus. Er war klar der aktivste Teilnehmer und wirkte bei seinen Antworten authentisch. So gab er zu, dass man teilweise selbst dafür verantwortlich ist, dass der Telekommarkt ? auch 15 Jahre nach der Liberalisierung ? keine grossen Bewegungen macht. Schlechte Service-Qualität habe eine Mitschuld daran getragen, dass Swisscom sich als erfolgreichster ehemaliger Telko-Monopolist Europas etablieren konnte. Und gab zu, dass Swisscom natürlich auch gut gearbeitet hatte.

Schaeppi warnt vor OTTs

Schaeppi dürfte sich über das Kompliment gefreut haben, liess sich aber nichts anmerken. Routiniert brachte er seine Statements an die Zuhörer. Wirklich Neues erfuhren diese folglich auch nicht. Er lobte die Liberalisierung im Telekommarkt und sagte, dass die Konkurrenz früher den Fehler begangen hätte, nur über den Preis Marktanteile gewinnen wollen. Dies sei nun aber nicht mehr so, gab er das Lob an seine Mitparlierer zurück. Und riet davon ab, dass diese nach immer mehr Regulierungen streben sollten: «Bisher war die Regulation ein Mittel um Swisscom zu schwächen», sagte Schaeppi. «Nun aber geht es gegen die internationale Konkurrenz. Da werden wir oft im gleichen Boot sitzen». Diese internationale Konkurrenz sind Firmen wie Google oder Netflix, so genannte «Over-the-Top»-Anbieter mit wesentlich grösseren Skaleneffekten als sie die vier Schweizer Telkos haben. Sie blieben der gesamten Veranstaltung in Rüschlikon fern, was sich in den kommenden Jahren aber ändern dürfte. Denn die neuen Mitbewerber werden die grössten Konkurrenten für Swisscom werden. Das jedenfalls war die Meinung, die aus Gesprächen mit den Teilnehmern herausgefiltert werden konnte.

Voncina will Swisscom-Privatisierung

Libor Voncina und Johan Andsjö sind da naturgemäss anderer Meinung. Während letzterer etwas wortkarg war, sprach Voncina emsig, allerdings wirkten einige seiner Statements noch einstudierter als diejenigen Schaeppis. Dass er noch Potenzial für Sunrise sieht oder dass die Endkunden wählerischer sind als auch schon, könnte er jedes Jahr erzählen. Emotional wurde Voncina dafür, als es um den Entscheid des Bundesrats ging, ausländische Anbieter nicht mehr für kritische Infrastrukturen zu berücksichtigen. «Das ist völlig der falsche Weg. Wir müssen ihn stoppen», sagte er. Auch eine klare Meinung hat Voncina ? im Gegensatz zu seinen Kollegen, die da auf das Volk vertrauen ? was eine Privatisierung der Swisscom angeht. «Ich habe einmal ein staatliches Unternehmen geführt und es verlassen, als es nicht privatisiert wurde», erklärt der Sunrise-Chef. «Solange der Staat die Mehrheit hat, gibt es zu viel Konfliktpotenzial.» Man würde nur nie darüber reden, aber es sei auf diversen Ebenen existent.
Während seine Kollegen ihre Aussagen tätigten und dabei nie in Gefahr gerieten, aus ihrer Komfortzone zu geraten, übte sich der Schwede Johan Andsjö darin, das gängige Bild des Nordländers zu festigen. Wenn er mal etwas gefragt wurde, waren seine Antworten eher trocken, ansonsten war er stoisch ruhig und spielte die Rolle des aufmerksamen Zuhörers. Ihm sei es wichtig, den Glasfaserzugang zu regulieren, liess er verlauten. Dabei geht es Orange aber offenbar nicht um den Preis, sondern um die «regulated Delivery Time». Dadurch würde die Marktpenetration schneller vonstattengehen, ist Andsjö überzeugt. Das könnte auch dafür sorgen, dass der Schweizer Telco-Markt in zehn Jahren ganz anders aussehen wird, sagte Andsjö. Diese Bemerkung brachte ihm von Schaeppi ein aufmunterndes Schulterklopfen ein, der Swisscom-CEO scheint nicht daran zu glauben. Der Status Quo ist jedenfalls einer, mit dem nur die Swisscom und ? mit Abstrichen ? die Cablecom zufrieden sein kann. Sunrise und Orange sind darauf angewiesen, Marktanteile der Swisscom zu gewinnen. Wie sie das anstellen wollen, wurde in der Debatte nicht klar. Deshalb kann man wohl davon ausgehen, dass bei einer Elefantenrunde in zehn Jahren nicht mehr die gleichen vier Akteure dort oben stehen werden. Nimmt man nur die Redefertigkeiten von Rüschlikon als Massstab, wäre dies nur um Eric Tveter wirklich schade.



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