07.11.2013, 14:43 Uhr

IBMs Firmen-Software wird kognitiv und intuitiv

Business-Software versteht in Zukunft die Fragen der Entscheider und liefert Antworten aus kognitiven Netzen. Die Bedienoberflächen werden noch intuitiver als heute, glaubt IBM.
Manoj Saxena von IBM sieht Watsons Stärken in der Finanz- und Medizinbranche
Unpassender geht es kaum: Ausgerechnet in der Spielerhölle Las Vegas verbietet IBMs General Manager Manoj Saxena dem Superhirn Watson das Spielen. Zweieinhalb Jahre nachdem die Software bei dem Ratespiel Jeopardy gross abgeräumt hatte, «ist es nun höchste Zeit für Watson, zur Arbeit zu gehen», fand Saxena. Er sprach an der IBM-Konferenz «Information On Demand» (IOD) in Las Vegas über die Weiterentwicklung der Technologie bis dato und die künftigen (Business-)Pläne. Die Jeopardy-Maschine konnte nach den Worten des IBM-Manns zum damaligen Zeitpunkt lediglich einen Satz verstehen pro Benutzeraufforderung verstehen. Heute ist die Software soweit fortentwickelt, dass pro Konsultation zum Beispiel eine medizinische Akte mit bis zu 20 Seiten verarbeitet werden kann. Für die Unternehmensanwendung bedeute das: Der «kognitive» Supercomputer ist ideal für Anforderungen, bei denen Informationen in solchen Mengen verarbeitet werden müssen, dass sie die Kapazität des menschlichen Gehirns übersteigt. Ideal sei auch, wenn die Datenmenge permanent wächst, denn der Rechner lernt problemlos dazu. «Während der Prozess der Informationsaufnahme dem menschlichen Lernen ähnelt, unterscheidet sich Watson vom menschlichen Gehirn aber darin, da er nichts vergisst», schwärmte Saxena.

Watson aus der Cloud

Mit der quasi unbegrenzten Verarbeitungskapazität sei Watson gut für Wissensbranchen wie Dienstleistungen, die Finanzindustrie und etwa den Medizinbereich geeignet, befand der IBM-Manager. Heute gäbe es bereits 30 verschiedene Versionen von Watson: der früher raumfüllende Supercomputer sei mittlerweile zu einer Appliance geschrumpft. «Der nächste Entwicklungsschritt ist Watson als Service aus der Cloud», kündigte Saxena an. Der Watson-Service wird APIs für die Einbindung in andere Programme erhalten und sich damit auch beispielsweise am Smartphone nutzen lassen. Watson ist allerdings auch als Service nur so gut wie seine Informanden. «Jedes Datenprojekt steht und fällt mit den Quellen. Typischerweise sind 80 Prozent des Projekts die Vorarbeit», sagte Henry Morris, Senior Vice President bei IDC, an dem IBM-Anlass. Über die Konditionen für Datenlieferanten habe IBM bis anhin noch nicht entschieden, gestand Saxena. Allerdings sollen sich sowohl öffentliche Quellen wie die Wikipedia als auch branchenspezifische Wörterbücher und firmeninterne Datenbanken einbinden lassen. Ein allgemeiner Vorteil der Cloud ist die Skalierbarkeit. Auch für diese Anforderung ist Watson weiterentwickelt worden. Bislang konnte das System maximal 1000 Benutzer bedienen, nun sollen es Millionen sein. IBM hat dabei auch die Konsumgüterindustrie im Blickfeld. «Verbraucher verraten mehr als jemals zuvor über ihr Verhalten. Von den preisgegebenen Informationen können die Unternehmen profitieren», meint Saxena. Nächste Seite: Analytik als Geschäftsgrundlage Neben Watson programmieren IBM-Entwickler eine auf den ersten Blick ähnliche Cloud-Lösung mit dem Codenamen «Neo», offenbarte Mike Rhodin, Senior Vice President der Software Group an der Konferenz. Ausgangpunkt für den Anwender ist eine Frage, die er im Klartext in ein Suchfeld eintippen kann. Ein Beispiel wäre: «Wie hat sich Produkt XYZ in den letzten drei Monaten verkauft?», ein anderes Beispiel: «Welche Konsequenzen hat das Halbieren des IT-Budgets?». Dann forscht Neo in den angeschlossenen Datenbanken und präsentiert dem Benutzer die Antworten als automatisch generierte, interaktive Grafiken.
IBMs Zielgruppe ist klar nicht der Informatikbereich, sondern die Business-Abteilung, das Marketing oder auch die Geschäftsleitung. «Wir arbeiten daran, die Nutzung analytischer Tools zu demokratisieren», benannte Rhodin das Ziel des Neo-Projekts. Die Strategie dahinter ist laut dem Software-Chef, Analytik nicht als ein zusätzliches Werkzeug, sondern ein Bestandteil ausnahmslos jedes Geschäftsprozesses zu etablieren. Neo steht und fällt (wie auch Watson) mit den zugrundeliegenden Daten. IBM plant, die Cloud-Lösung standardmässig mit branchenspezifischen Informationen auszuliefern. Zusätzlich sollen sich Firmendatenbanken und -wörterbücher einbinden lassen. Der Zeitplan ist laut Rhodin straff: Für den Januar 2014 ist die Beta-Phase geplant. Dabei hilft, dass IBM die Neo-Lösung nicht von Grund auf neu entwickeln muss. Vielmehr liegen dem Programm Algorithmen und die Grafik-Engines von Cognos BI und SPSS Modeler zugrunde.



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