Roboter erobern Software-Welt

Im Gespräch mit Murat Bayram, Head of IoT & Industrie 4.0 bei Axians IT

Robotic Process Automation hilft Unternehmen dabei, gleichförmige und für Mitarbeiter langweilige Aufgaben schneller und effizienter zu bewältigen. Doch diese Technologie hat ihre Grenzen, so Murat Bayram, Head of IoT & Indus­trie 4.0 beim ICT-Dienstleister Axians IT. Sie entbindet IT-Abteilungen nicht, Schwachstellen in den Backend-Prozessen zu beseitigen.
Murat Bayram, Head of IoT & Indus­trie 4.0 beim ICT-Dienstleister Axians IT
Quelle: zvg
Computerworld: Welche Prozesse lassen sich derzeit mit Hilfe von Robotic Process Automation automatisieren? Es gibt ja eine Fülle von Ansätzen, von der Dokumentenerfassung bis hin zur automatischen Reaktion auf Vorfälle im Bereich IT-Sicherheit.
Murat Bayram: Das Thema ist speziell im letzten halben Jahr vermehrt in den Fokus gerückt. Vor allem dort, wo immer gleiche Prozesse stattfinden, ist der Einsatz sinnvoll, beispielsweise dann, wenn ein Sachbearbeiter mit immer gleich bleibendem Ablauf Datensätze öffnen und Informationen abgleichen oder übertragen muss. Dazu zählen sämtliche Copy-and-Paste-Prozesse. Dabei imitieren RPA-Tools, vereinfacht ausgedrückt, Maus- und Tastatureingaben des Anwenders.
Computerworld: Warum sollten Prozesse überhaupt automatisiert werden?
Bayram: Mit RPA ist es möglich, in kurzer Zeit gute Ergebnisse für relativ einfache Workflows zu erzielen. Dem Anwender werden monotone Abläufe erspart und ihm bleibt mehr Zeit für komplexe Arbeiten. Dabei ist RPA einfach zu programmieren und besonders benutzerfreundlich. Die Technologie erfordert meist nur eine geringe Einarbeitungszeit und lässt sich flexibel an die Anforderungen des Anwenders anpassen. Zudem sind RPA-Tools nicht teuer, mittlerweile gibt es sogar gute Open-Source-Software. Die Investitionshürde ist daher gering.
Computerworld: Ist RPA also eine Art Allheilmittel, um Geschäftsprozesse und Abläufe in IT-Umgebungen zu be­schleu­nigen?
Bayram: RPA-Lösungen können dazu dienen, kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Unternehmen sollten jedoch bedenken, dass RPA nur oberflächlich Erleichterung schafft. Oftmals lohnt es sich, Abläufe im Backend näher zu beleuchten und das Problem bei der Wurzel zu packen. Hierbei ist eine Prozessautomatisierung das Mittel der Wahl, also eine Business Process Automation. Dieses Vorgehen ist zunächst aufwendiger, hilft aber, Prozesse möglichst schlank und effizient zu halten.
Computerworld: Wie wirkt sich das Automatisieren von Abläufen mit Hilfe von RPA auf die Sicherheit von Daten und Anwendungen aus? Erhöht sich das Risiko?
Bayram: Da RPA-Tools lediglich den Sach­bearbeiter imitieren, bleibt das Sicherheits­niveau bestehen. «Verklickt» sich ein Mitar­beiter, können daraus natürlich Fehler resultieren. Dasselbe ist der Fall, wenn das Tool nicht richtig konfiguriert wurde. Zwar besteht immer das Risiko eines Hackerangriffs, es ist aber nicht grösser als bei anderen Programmen wie Outlook.
Computerworld: Welche Rolle spielen Technologien wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen im Zusammenhang mit der Automatisierung und RPA?
Bayram: Der Trend in Richtung Machine Learning suggeriert auf den ersten Blick, dass alles von alleine läuft. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Zwar gibt es bereits Demos, die zeigen, wie Machine Learning beispielsweise beim Ausfüllen einer Maske die passenden Werte wählt und einträgt. Jedoch sind diese Ansätze nicht zu 100 Prozent verlässlich, vor allem bei komplexen Themen.
Computerworld: Bedeutet dies, dass Techniken wie Machine Learning bei RPA keinen Sinn ergeben?
Bayram: Nein, sinnvoller wäre es, wenn das System je nach Kontext passende Informationen erkennt und mittels Vorschlagsfunktion zur Auswahl anbietet - ähnlich wie das Smartphone Vorschläge für Wörter macht, die auf dem bisherigen Sprachgebrauch des Nutzers basieren. Der Einsatz von Machine Learning ist somit durchaus möglich, auch mit einem überschaubaren Aufwand, doch Anwendungsszenarien sind dafür noch nicht wirklich vorhanden. Ausserdem spielt RPA seine Vorteile weniger bei komplexen Tätigkeiten aus, sondern vor allem bei wiederkehrenden Aufgaben.


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