13.10.2005, 19:21 Uhr

Zum Selbstschutz Transparenz schaffen

Die Kunststoff-Spezialisten von Biro sind dabei, ihre Prozesse transparent zu machen. Um gerade auch in der Autoindustrie konkurrenzfähig zu bleiben, sollen alle Daten stets verfügbar sei
Biros IT-Chef Patrick Kobler will im nächsten Jahr den Datenfluss transparent machen und vereinheitlichen.
Ob Näh- und Schleifmaschinengehäuse, ob Autokonsolen, Tastaturen und Küchenzubehör, auf Spritzgussteile in allen möglichen Formen trifft man beim Gang durch den Verwaltungstrakt der seit gut 40 Jahren in Romanshorn ansässigen Spritzgussspezialistin Biro. IT-Chef und Geschäftsleitungsmitglied Patrick Kobler, der auch dem Controlling und der Logistik vorsteht, lässt sich nicht lange bitten, um die komplexen Prozesse zur Herstellung eines dieser Kunststoffteile zu skizzieren. Von der Konstruktion über den Werkzeugbau und die Produktion bis zur zeit- und ortsgenauen Lieferung will Biro ihre weitgehend IT-gestützten Prozesse nun vereinen. Im nächsten Jahr sollen dazu laut Kobler zunächst die mess- und abbildbaren harten Faktoren, also «Informations-, Waren- und Rechnungsfluss auf Knopfdruck» zu überblicken sein.
Spätestens seit sich Biro kürzlich als Zulieferin für die Autoindustrie etabliert hat, geht es auch darum, die IT-Infrastruktur so zu optimieren, dass vom Start bis zum Ende der Produktion Transparenz herrscht, sagt Kobler. Er spricht von «Transparenz als Eigenschutz gegenüber dem Kunden». Dahinter stehen die Drohungen von erheblichen Regressforderungen, denen sich auch Biro nicht aussetzen will. Da zudem für die europaweit agierende Produzentin das Umfeld rau ist, wird der Familien-betrieb konsequent auf Wettbewerbsfähigkeit getrimmt. «In der Prozesskostenoptimierung sehen wir eine richtige Cash-Cow», sagt Kobler zu diesen Anstrengungen, «wir wissen aber auch, dass uns jeder Fehler teuer zu stehen kommen kann.» Deshalb sind die IT-Leute von Biro sukzessive vorgegangen. Zunächst ging es darum, die Daten der jeweiligen Abteilungen jederzeit aktuell verfügbar zu machen.
Inzwischen arbeitet Kobler daran, die Daten von den computer-gesteuerten Maschinen aus der zum Teil auch kabellos angebundenen Lager- und Warenverwaltung oder aus dem ERP-System (Enterprise Ressource Planning) einheitlich auswertbar zu machen. Die Anpassung der Schnittstellen der diversen im Einsatz stehenden Software sieht Kobler dabei als das kleinere Problem. «Die grösste Arbeit und Voraussetzung für die Vereinheitlichung lag in der klaren Definition der Prozesse», hält Kobler fest. Hier hat Biro den Aufwand nicht gescheut. Allerdings habe man auch an der Validierung der Dateneingabe arbeiten müssen. So ist beispielsweise im ERP-Bereich die Branchensoftware Penta von der Glattbrugger PSI im Einsatz. «Die ist etwa im Vergleich zu einer SAP-Variante billiger gewesen und fokussiert
sich auf die Fertigungstechnik, während SAP sehr breit angelegt ist», begründet Kobler die Auswahl. Dennoch gabs mit Penta zunächst Schwierigkeiten. Das Verkaufs- und das Einkaufsmodul waren wenig aufeinander abgestimmt, was Eingabefehler erleichterte. Zudem dauerte die Migration von der Version 4.0 auf 5.0 zu lange und nicht alle bei Biro bestehenden Prozesse liessen sich einfach einbinden. Dennoch hält Kobler an Penta fest, weil das Upgrade auf die aktuelle Version 7.0 in Referenzprojekten bereits bewiesen hat, dass PSI die Prob-leme jetzt im Griff hat. Trotzdem muss sich die neueste Penta-Version jetzt erst auf einem Testrechner von Biro beweisen.
Zwar ist es den Spritzgusstechnikern gelungen, mit der Kombination aus Werkzeugbau und Produktion immer wieder attraktive Innovationen auf den Markt zu bringen und über solche Qualitäten den vergleichsweise teuren Produktionsstandort in der Schweiz zu sichern, wie Kobler sagt. Doch weiss er auch, dass «Biro permanent optimieren muss und die IT dafür eines der wesentlichen Instrumen ist»
Volker Richert



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