Zürich 14.09.2011, 17:07 Uhr

Elektroautos vom Handy aus laden

Elektroautos hatten in der breiten Öffentlichkeit lange Zeit den Ruf, nur für Bastler und Ökofreaks interessant zu sein. Ein Zürcher Pilotprojekt, an dem IBM beteiligt ist, könnte der Technik aber nun zum Durchbruch verhelfen.
Elektroautos kann mah dank dem Pilotprojekt beispielsweise vom iPhone aus aufladen (Bild: IBM Research - Zurich)
Das IBM Forschungslabor in Rüschlikon und die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) untersuchen derzeit gemeinsam, wie man den Ladevorgang bei Elektroautos künftig via Mobilfunk steuern kann. Die Technik soll letzten Endes sicherstellen, dass für die nächste Fahrt mit dem Elektroauto ausreichend Energie zur Verfügung steht. Dafür wurde in mehrere E-Fahrzeuge der EKZ ein Datenerfassungsgerät eingebaut, das die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften entwickelt hat.

Über das Gerät werden Informationen wie Batterieladezustand und Stromzufuhr übermittelt. Zudem lässt sich via Handy der Ladevorgang im Auto auslösen. IBM hat die dazugehörige App entwickelt und die technische Integration umgesetzt. Das Progrämmchen fungiert dabei als Webservice, der auf modernen Browser läuft - und damit unter anderem auch auf dem iPhone und auf Android-Geräten, wie Dieter Gantenbein, SmartGrid Project Leader bei IBM Research, gegenüber Computerworld erklärt.

Klar ist, dass Besitzer eines Elektroautos ihr Fahrzeug zum Aufladen weiterhin mit einer Steckdose verbinden müssen. Das Zürcher Pilotprojekt bringt aber so manche Erleichterung mit sich. «Der Sinn der App ist, dass man den Elektroauto- und insbesondere Batterieladezustand auch sehen kann, wenn man zum Beispiel bereits am Büroplatz oder vor dem Fernseher sitzt», so Gantenbein. Somit sorgt die Technik für mehr Komfort und schliesslich auch für einen Zeitgewinn, da man nicht mehr extra zum Fahrzeug gehen muss, um die gewünschten Infos zu erhalten. Nächste Seite: Aufladen mit einem Klick

Aufladen mit einem Klick

Das System bietet vor allem neue Möglichkeiten beim Ladevorgang. «Je nach gewähltem Programm lädt das Auto sofort, zeitverzögert in der Nacht oder immer dann, wenn die IBM- Software herausgefunden hat, dass ein optimaler Ladezeitpunkt vorliegt», so EKZ-Projektleiter Andreas Fuchs im Gespräch mit Computerworld. So lässt sich beispielsweise festlegen, dass man ausschliesslich Strom zum Niedertarif lädt. Denkbar wäre aber etwa auch, dass man den Ladevorgang an den Lebensrhythmus des Benutzers oder die Stabilität des Verteilernetzes anpasst. «Für E-Mobilisten könnte es interessant sein, dass sie eine ökologisch hochwertige Stromqualität zu einem guten Preis bekommen. Und zwar so, dass das Elektroauto  zu einem bestimmten Zeitpunkt in gewünschtem Ausmass geladen ist», sagt Fuchs. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweiligen User dem Elektrizitätswerk erlauben, die Optimierung der Stromlieferung vorzunehmen.

Der Betreiber des Verteilernetzes kann über das System beziehungsweise mittels der App als Frontend den Ladeprozess fernsteuern. «Eingeschaltet wird dann, wenn eher zuviel elektrische Energie vorhanden ist. Ausgeschaltet wird, wenn eher zu wenig Energie vorhanden ist», kommentiert Fuchs. So will man sicherstellen, dass produzierte Energie gespeichert wird anstatt dass sie verloren geht. Zudem soll so verhindert werden, dass das Stromnetz in Hochlastzeiten - typischerweise während der Mittags- oder Abendstunden - nicht unnötig belastet wird. Dieser Ansatz ist vor allem für die Zukunft sinnvoll. Denn sollten dereinst mehr Elektroautos als heutzutage auf den Strassen unterwegs sein, wird es für die Energieversorger wichtig, dass man die Fahrzeuge gesteuert laden kann.

Gemäss EKZ-Mann Fuchs befindet sich das Pilotprojekt noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Derzeit sei es noch offen, ob respektive wann und wie Produkte marktreif gemacht werden: « Ziel ist es, die Öffentlichkeit und Energieversorgungs-Unternehmen sowie allenfalls Auto-OEMs (Original Equipment Manufacturer) darauf aufmerksam zu machen, dass Mobilfunk-gestütztes E-Mobilitätsmanagement Sinn machen könnte», so Fuchs.

Schlussendlich kann das System jedenfalls nicht nur im Kanton Zürich beziehungsweise lokal installiert werden. Andernfalls wäre die Interoperabilität zwischen den verschiedenen Energieversorgern nicht gegeben. «Wenn schon handelt es sich mindestens um eine Schweizer Lösung, wenn nicht gar europäische oder globale», meint der EKZ-Mann abschliessend.
Harald Schodl



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