13.12.2010, 15:36 Uhr

Zehn Jahre Haft für Börsen-Hacker

Sergey Aleynikov muss für zehn Jahre hinter schwedische Gardinen. Er hat Börsen-Algorithmen von Goldman Sachs gestohlen. Für Investmentbänker ist die ultraschnelle Finanz-Software bares Geld wert.
Sergey Aleynikov hat geheime Software von Goldman Sachs gestohlen. Die Börsen-Algorithmen werden für den ultraschnellen Wertpapierhandel eingesetzt, der enorme Gewinne abwirft.
Sergey Aleynikov entwickelte bei Goldman Sachs Software-Algorithmen für den Wertpapierhandel. Denn Menschen sind mit den komplexen Kauf- und Verkaufsentscheidungen im Sekundentakt mittlerweile ziemlich überfordert. Ein paar hundert Zeilen Sourcecode übernehmen deshalb die Entscheidungen für oder gegen den Kauf, und Aleynikov war extrem gut: Goldman Sachs soll  mit dem durch Algorithmen gesteuerten Wertpapierhandel im Jahr etwa vier Milliarden US-Dollar verdient haben. Das sind 25 Prozent des Gesamtumsatzes der US-amerikanischen Investmentbank. Aleynikovs Programmierkünste war den Investmentbankern 400.000 Dollar im Jahr wert. Erst lief alles gut, und der 1991 aus Russland eingewanderte Aleynikov lebte den amerikanischen Traum. Dann kam das Angebot des gigantischen Hedge-Funds Teza Technologies aus Chicago. Teza verdreifachte das Jahressalaire des genialen Programmierers auf 1,2 Millionen Dollar. Er sollte für Teza eine "High Speed Trading"-Plattform aufbauen. Aleynikov konnte nicht widerstehen, und möglicherweise kam er daraufhin auf die Idee, praktisch als Entwicklungshilfe Teile des geheimen Sourcecodes von Goldmann Sachs zu seinem neuen Arbeitgeber zu "migrieren", auf gut deutsch: zu klauen. Auf jeden Fall landeten einige der Programme auf einem deutschen Internet-Server, den der Russe als temporären Zwischenspeicher nutzte. Laut Aleynikov soll es sich lediglich um öffentliche Open-Source-Programme gehandelt haben - Peanuts also. "High Speed Trading" nennt sich der Markt der ultraschnellen Börsen-Entscheidungen, der sich durch kurze Haltelisten, hohe Umsätze und noch höhere Gewinne auszeichnet. Typischerweise werden keine Positionen über Nacht gehalten. Laut CBS steuern Software-Algorithmen mittlerweile 50 bis 70 Prozent aller Wertpapier-Transaktionen weltweit. Die cleveren Programme sind im Hochgeschwindigkeitshandel gleichbedeutend mit Wettbewerbsvorteilen und hohen Gewinnen. Kein Wunder also, dass Investmentbänker ihre Software und die damit befassten Entwickler hüten wie ihren Augapfel. Die Trading-Strategie und Börsenintelligenz der Banken steckt zu nicht unbeträchtlichen Teilen nicht mehr in den Köpfen, sondern in den Programmen. Goldman Sachs bezichtigt seinen ehemaligen Top-Programmierer des Diebstahl von Firmeneigentum. Aleynikovs Verteidigung wiegelt ab und meint, er habe aus Unachtsamkeit lediglich gegen Vertrauligkeitsvereinbarungen verstossen. Richterin Denise L. Cote gab nach einer zweiwöchigen Verhandlung schliesslich den Investmentbänkern recht. Aleynikov drohen jetzt zehn Jahre hinter schwedische Gardinen. Zurzeit lebt er gegen Kaution auf freiem Fuss. 



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