26.06.2013, 09:58 Uhr

Swisscom iO im Praxistest

Mit iO stellt Swisscom die Schweizer Mobilfunklandschaft einmal mehr auf den Kopf - zumindest hat der Dienst das Potential dazu. Wir sagen Ihnen, wie sich der WhatsApp- und Skype-Klon in der Praxis schlägt.
Die neue Swisscom-App im Test
Gesten hat Swisscom die neue Kommunikations-App namens iO offiziell lanciert. Im App Store und im Google Play Store ist die App bereits seit Sonntag resp. Montag erhältlich. Auf dem Papier klingt der neue Dienst toll – gratis chatten und telefonieren auf der ganzen Welt, auch unter verschiedenen Providern. Mehr zu den genauen Anwendungsszenarien und den käuflichen Optionen lesen Sie hier. Doch wie schlägt sich die App in der Praxis? Wir haben iO auf einem Android-Smartphone (Samsung Galaxy S2) ausprobiert. Eingerichtet ist die App in wenigen Schritten. Zum einmaligen Registrieren muss lediglich die Handy-Nummer angegeben werden, anschliessend wird ein Bestätigungs-Code an die Nummer geschickt. Eingeben, bestätigen, fertig. Wer ist denn jetzt bei iO? iO greift direkt auf die auf dem Telefon gespeicherten Kontakte zu. Diese werden nicht an Swisscom übermittelt sondern verbleiben auf dem Handy. Wer innerhalb der App die Kontakte anzeigt, hat also seine komplette Kontaktliste zur Hand. Das Problem: Es gibt keine Möglichkeit, die Kontakte nach iO-Nutzern zu filtern. Auch ist in der Liste nicht ersichtlich, wer iO bereits installiert hat und wer nicht. Das ist mühsam, denn wer kein Swisscom-Infinity-Nutzer ist (oder ab dem 1. Juli die entsprechende Option dazugekauft hat), kann nur mit Nutzern kommunizieren, die iO ebenfalls installiert haben. Um zu sehen auf wen das zutrifft, muss man aktuell jeden Kontakt einzeln öffnen. Nur dort sieht man, ob jemand ebenfalls iO nutzt – und falls nicht, kann man ihn mit einem Fingertipp einladen, dies nachzuholen. Anschliessend wird eine SMS mit einer Einladung an den Kontakt verschickt. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Sprachqualität, Anruffunktion und Chat Mässige Sprachqualität Hat man dann einen Kontakt gefunden, der iO nutzt, kann man nach Belieben mit ihm chatten oder auch telefonieren. Dies hat im Test problemlos geklappt, auch zwischen einer Sunrise- und einer Swisscom-Nummer. Die Sprachqualität der VoIP-Anrufe (Voice over IP) hat uns allerdings im Vergleich zu normalen Anrufen über das Telefonnetz etwas enttäuscht. Komischerweise schien uns die Qualität über WLAN sogar noch etwas schlechter als über das Mobilfunknetz (3G). Ausserdem war die zeitliche Verzögerung zwischen den beiden Teilnehmern ziemlich gross. Insgesamt hinterlässt die Telefonie über iO also einen etwas zwiespältigen Eindruck. Anrufe ausserhalb iO-Community noch nicht möglich Wie erwähnt profitieren alle Kunden eines Swisscom-Infinity-Abos in iO von einer Telefon-Flatrate in alle Schweizer Netze. Davon konnten wir uns allerdings noch nicht überzeugen. Unsere Redaktorin mit einem Abo vom Typ Swisscom Infinity M konnte keinerlei Anrufe an Festnetz- oder Mobilnummern absetzen (ausser direkt an andere iO-Nutzer). Laut Swisscom hängt dies mit der gestaffelten Aktivierung des Dienstes zusammen. «In den nächsten Tagen sollten alle Infinity-Kunden aufgeschaltet sein», hiess es auf Anfrage. Die Chronik  Chats und Anrufprotokolle werden in iO allesamt in der sogenannten Chronik zusammengefasst. Diese ist wie bei WhatsApp und Co. im Stile von Konversationen aufgebaut. Pro Person gibt es also eine Chronik. Auch das Design innerhalb der Chronik erinnert mit den grün und weiss hinterlegten Textboxen auffällig an WhatsApp. Auch Anrufe werden hier protokolliert, inklusive Zeitpunkt und der exakten Anrufdauer. Was uns nicht so gefallen hat: Bei den Chat-Nachrichten fehlt ein genauer Zeitstempel wie z.B. bei WhatsApp. Allerdings wird alle 15 Minuten ein Zeitstempel angezeigt, womit man die Nachrichten immerhin auf 15 Minuten genau zeitlich zuordnen kann. Im Chat können nicht nur Nachrichten, sondern auch Fotos verschickt werden. Auch das Aufnehmen eines Fotos direkt aus der App ist möglich. Hingegen können momentan keine anderen Dateien verschickt werden – auch keine Videos. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Fehlende Funktionen und Fazit Fehlende Funktionen Überhaupt lässt der Funktionsumfang der App noch etwas zu wünschen übrig. So sind etwa auch noch keine Gruppen-Chats möglich – ein Feature, auf das die WhatsApp-Gemeinde kaum verzichten können wird. Immerhin: Die Gruppen-Chats und weitere Funktionen wie etwa Videoanrufe sind ja bereits für den Spätsommer/Frühherbst angekündigt. Auch die Einstellungsmöglichkeiten innerhalb der App haben uns noch nicht zufrieden gestellt. Unverständlich ist zum Beispiel, wieso man die Benachrichtigungstöne nicht ausschalten kann. Wenn man sein Handy also nicht komplett auf stumm schalten will, wird man ständig mit (nervigen) Benachrichtigungen zugedröhnt. Auch sonst wirken einige Dinge an der App noch unfertig. Beispielsweise kann man zwar ein Profilbild festlegen, dieses aber anschliessend nicht wieder entfernen. Fazit: Zweifellos hat Swisscom iO ein grosses Potenzial. Geräte- und Provider-übergreifend gratis telefonieren und chatten ist reizvoll. Einen wirklichen Mehrwert gegenüber bereits bestehenden VoIP-Diensten wie Skype oder Viber bietet iO aber nur für Swisscom-Infinity-Kunden, die auch Kontakte ohne iO kostenlos anrufen können. Allerdings können die das dank Telefon-Flatrate ja ohnehin. Alle anderen müssen dafür draufzahlen – was sich je nach Nutzungsszenario und Handy-Abo durchaus lohnen kann, man sich aber im Einzelfall gut überlegen muss. Die App selbst überzeugt zwar mit einer einfachen, schlichten Oberfläche, lässt allerdings noch einige Funktionen wie die Gruppen-Chats vermissen. Auch wirkt die App an einigen Stellen noch nicht ganz ausgereift respektive unfertig. Doch Swisscom hat bereits angekündigt, die App laufend zu verbessern – man darf also gespannt sein, wie sich iO in Zukunft entwickelt.



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