14.04.2016, 18:45 Uhr

Software-Qualität und Projekterfolg - wo steht die Schweiz?

Agile Projekte sind erfolgreicher als der klassische Wasserfall. Aber nicht in jedem Fall. Mit diesen Tipps vermeiden Sie ausufernde Kosten, unzufriedene Kunden und in den Sand gesetzte Millionen.
Das Software-Geschäft ist schneller geworden. Junge, innovative Unternehmen beziehen die Ressourcen, die sie benötigen, aus der Cloud. Ohne vorab in Hardware und Software investieren zu müssen. Das setzt die etablierten Unternehmen unter Druck, sich ebenfalls anzupassen. Einige der heute erfolgreichsten Unternehmen haben einen klaren Produktfokus, schreiben die Autoren der Trends- und Benchmark-Studie "Software Development 2016" (swissQ). Es geht darum, die berühmten 20 Prozent der Features, Services und Kunden zu identifizieren, die 80 Prozent des Ertrags generieren, und dieses Wissen dann konsequent umzusetzen.
Unternehmen stellen sich zudem stärker als noch vor einigen Jahren als Netzwerke mit Produktfokus auf. Netzwerkorganisationen können sich wie lebende Organismen schneller und effektiver anpassen. Sie sind in der Lage, agiler auf Veränderungen ihrer Umwelt zu reagieren als hierarchische oder funktionsorientierte Organisationen alten Typs. Das sei heute, so betonen die Studienautoren von swissQ, ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Das typische Wasserfall-Projekt

Wie gehen Schweizer Unternehmen an ihre Software-Projekte ran, die nicht selten ein Projektbudget von vielen Millionen Franken haben? Das typische, schon etwas in die Jahre gekommene Wasserfall-Projekt wird heute im Finanzsektor und bei den staatlichen oder staatsnahen Betrieben abgewickelt. Dabei handelt es sich um Projekte, die bestehende Legacy-Systeme entweder erweitern oder ganz ablösen sollen. IT-Systeme, die über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen und daher eine hohe Komplexität erreicht haben. Der verantwortliche Projektleiter darf sich deshalb über ein Budget von durchschnittlich 5 Millionen Franken freuen. In der Regel müssen regulatorische, von der Finma oder vom Bund regulatorische Vorgaben berücksichtigt werden, was die Aufgabe nicht einfacher macht. Das soll keine Entschuldigung sein. Aber die Erfolgsquote der Wasserfall-Projekte liegt mit 45 Prozent klar unter dem Durchschnitt aller Software-Projekte (49,2 Prozent). Gesamt gehen 22,6 Prozent aller Software-Projektmanager nach der Wasserfall-Methodik vor. Verglichen mit den Vorjahresergebnissen hat der Prozentsatz abgenommen.

Das typische agile Projekt

Die Mehrheit der Software-Verantwortlichen, 43,8 Prozent, bevorzugt ein agiles Vorgehen, am liebsten nach Scrum. Allerdings wird Scrum vorwiegend für Neuentwicklungen eingesetzt, und nicht für die Ablösung von in die Jahre gekommenen Legacy-Systemen. Ziel ist es, dem Kunden möglichst schnell erste Zwischenergebnisse liefern oder doch zumindest vorführen zu können. Dafür eignen sich, laut swissQ, vor allem GUI-lastige Anwendungen im Web- oder App-Bereich. Besonders Software-Unternehmen und die Finanzindustrie lieben agile Vorgehen.
Denn: Agile Projekte sind überdurchschnittlich erfolgreich. 60 Prozent erreichen ihr Ziel. Sie bleiben im Budget, überziehen nicht den anvisierten Zeitrahmen und auch mit den angebotenen Funktionalitäten sind die Kunden zufrieden. Allerdings, so warnt swissQ, sei ein agiles Vorgehen noch nicht per se der Schlüssel zum Erfolg. Entscheidender seien vielmehr klare, gute Anforderungen, also das Requirements Engineering. Diese alte Weisheit gilt für Wasserfall- und für agilen Projektmethodiken gleichermassen. Nächste Seite: die Rezepte der Erfolgreichen

Rezepte der Erfolgreichen

Komplexe Projekt mit hohen Millionenbudgets sind für den Projektverantwortlichen stets mit einem hohen Prestigegewinn verbunden. Wenn das Projekt denn gelingt und erfolgreich zum Abschluss gebracht wird. Das Risiko des Scheiterns steigt aber mit der Komplexität - leider. Viel klüger ist es daher, das Riesen-Überding in kleinere, verdauliche Häppchen zu unterteilen, mit möglichst wenig Abhängigkeiten untereinander. Einfachheit ist Trumpf.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist auch die Erhebung der richtigen und wichtigsten Anforderungen. Die Autoren der Benchmark-Studie Software-Entwicklung betonen das immer wieder. Zudem raten Sie dringend, zusammen mit dem Kunden und mithilfe von Mockups und Prototypen regelmässig zu testen, ob das Projekt auf dem richtigen Weg ist. Bei den erfolgreich abgeschlossenen Projekten seien etwa 20 Prozent der funktionalen Tests automatisiert. Das sei ein eher durchschnittlicher Wert, nach swissQ. Sogenannte "Unit Tests" und "Continuous Integration" gelten als probate Mittel, die Qualität der entwickelten Software zu sichern.

Software Topp - Management Flopp

Agile Methodiken sind in den Software-Entwicklungsabteilungen am verbreitetsten. Software-Entwickler bringen daher exzellente Voraussetzungen mit, die Anforderungen der digitalen Transformation zu meistern, weil sie bereits seit Jahren so arbeiten. 28 Prozent setzen vollständig, 41,9 Prozent grösstenteils auf Agilität. Das beliebteste Werkzeug ist Jira. 68,9 Prozent sind damit vertraut und arbeiten gerne damit. Daran sollten sich andere Geschäftsbereiche ein Beispiel nehmen, hat die Redaktion der Computerworld im Gespräch mit Unternehmensberatern schon des Öfteren gehört. Das Management hinkt weit hinterher. 54,1 Prozent der Manager, 51,1 Prozent der Portfolio-Manager und immerhin noch 39,3 Prozent der Produktmanager setzen agile Techniken überhaupt nicht ein. Fazit: Das Management lehnt agile Vorgehen auf breiter Front ab beziehungsweise erachtet sie für die eigene Arbeit als nicht relevant.



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