Sieger und Verlierer 20.09.2016, 01:48 Uhr

Mark Hurds 5 Prognosen für die Cloud

CEOs in der Schweiz und auf der ganzen Welt haben die gleichen Probleme. Kosten runter, Erlöse rauf, mehr Effizienz, mehr Sicherheit. Ist die Cloud die Lösung für alles? So sieht die Cloud-Agenda 2025 aus.
Auf CEOs in der Schweiz und weltweit warten die gleichen Aufgaben. Sie sollen Kosten reduzieren, Prozesse verschlanken, die Produktivität im Betrieb erhöhen, um letztlich höhere Umsätze/Gewinne zu erwirtschaften. Diese Zielen sind in Europa und den USA schwieriger zu erreichen als in China, das immer noch die höchsten Wachstumsraten weltweit einfährt. Europäer und Amerikaner in Führungspositionen haben es schwerer als Chinesen. Ein US-CEO ist im Durchschnitt sechs Quartale im Amt. "Es gibt nur wenige CEOs, die es länger als 18 Monate schaffen", sagte Oracle-CEO Mark Hurd auf der Hausmesse Open World. Hurd muss es wissen, denn er ist selber einer. Die klassische IT ist keine grosse Hilfe, denn dort wandern 80 Prozent des Budgets in den Betrieb (Maintenance) und nur 20 Prozent in Innovation. Viele Legacy-Applikationen sind im Durchschnitt 21 Jahre alt.
"Wir machen alles so wie bisher, nur ist es 30 Prozent preisgünstiger, was würden Sie sagen?", fragte Hurd ins Publikum. Wohl eher selten lautet die Antwort "Nein danke". Fairerweise betitelte Hurd seine Keynote selbst als "Motivationsrede" für die Cloud, mit der CEOs ihre Ziele leichter und schneller erreichen können. Die Cloud sei nicht nur ein rein technischer Wechsel, sondern ein ganz neues ökonomisches Modell, betonte Hurd und stellte 5 Zukunftsprognosen für 2025 auf. Prognose 1: Bis 2025 wandern 100 Prozent alles Entwicklungs- und Testumgebungen in die Cloud AWS ist mit grossem Abstand Marktführer für Infrastrukturleistungen aus der Cloud (IaaS). Oracle will sich eine dicke Scheibe vom Kuchen abschneiden und offeriert Server- und Computing-Services, die schneller und kostengünstiger sind als AWS. Trotzdem wird es wahnsinnig schwer, AWS vom Thron zu stossen. AWS grosses Defizit ist jedoch die Software aus der Cloud, die Analysten für das stärkste Cloud-Wachstumssegment halten. Hier hat AWS noch nicht allzuviel zu bieten, ist gegenüber Oracle und Microsoft klar im Nachteil.  Prognose 2: Zwei Cloud-Suiten-Anbieter teilen 80 Prozent des Marktes unter sich auf Oracle bezeichnet sich als das am schnellsten wachsende Cloud-Unternehmen der Welt. Im abgelaufenen ersten Quartal 2017 wuchsen die Umsätze mit SaaS und PaaS um 82 Prozent. Der Superlativ ist trotzdem eine gewagte Behauptung, denn Microsoft Azure legte im vierten Quartal 2016 um 102 Prozent zu. Ganz sicher ist Oracle nicht die umsatzstärkste Cloud-Firma der Welt. Schreibt man die Resultate des ersten Quartals wachsend fort, dann wird Oracle im Geschäftsjahr 2017 mit der Cloud etwa vier bis sechs Millarden Dollar erwirtschaften. Der grosse Rivale Microsoft peilt 2017 etwa 12 Milliarden an, nach 8 Milliarden Dollar in 2016. 

Oracle gegen Microsoft

Microsofts Treiber im Cloud-Geschäft heissen Azure, Office365 und Dynamics. Im Business-Software-Segment ist die Firma jedoch schwach bestückt, und gerade dort punktet Oracle mit allein 30 SaaS-Services im ERP-Segment. 

Gefälschte Cloud-Bilanzen?

Der Kampf um die Cloud nimmt an Härte zu. Analysten warfen beiden Firmen, Oracle und Microsoft, in der Vergangenheit wiederholt vor, ihre Cloud-Umsätze künstlich hochzurechnen, um am Markt besonders gut dazustehen. Man tut sozusagen, was man kann. Unter der Cloud-Flagge sollen Angebote subsumiert worden sein, die streng genommen gar nicht zur Cloud gehören. Nächste Seite: Wie sicher ist die Cloud? Prognose 3: Bis 2025 werden die fast alle Enterprise-Daten in der Cloud gespeichert Klingt wie eine extrem gewagte Behauptung, und Schweizer CEOs werden dieser Prognose wohl keinen Glauben schenken. Auf der Open World erzählte jedoch Joanna Fielding, Head of Finance bei der britischen Grossbank HSBC, von ihrem ersten Cloud-Programm. "Früher haben wir alles selbst gemacht, aber heute ist die Cloud Teil unserer IT-Strategie", sagte Fielding.

Cloud-Strategie der HSBC

Die Performance der alten Legacy-Applikationen liess zu wünschen übrig. Zusammen mit Deloitte hat HSBC den Markt und die eigene IT-Landschaft analysiert. Ziele waren, die Kosten zu reduzieren und die Transparenz/Kontrolle zu erhöhen. Auch wollte man schneller auf sich verändernde regulatorische Anforderungen reagieren können. Ab März dieses Jahres bezieht die HSBC ihr ERP und ihr EPM (Enterprise Performance Management) aus der Oracle Cloud. Im November soll ein Personalmanagement (HR) folgen. Warum Oracle? "Sicherheit war unsere grösste Sorge?", betonte Fielding, und anscheinend hat Oracle sie überzeugt. Prognose 4: Enterprise Clouds offerieren die sicherste IT überhaupt "Viele unserer Kunden haben lediglich 10 Prozent unserer Sicherheits-Software installiert, so schlecht kann ich in der Oracle-Cloud gar nicht sein", scherzte Hurd. Man kann das getrost als Marketing-Statement abtun. Die spektakulären Hacks der letzten Monate belehren uns eines anderen. Enterprise Clouds sollen ja auch erst 2025 die sicherste IT der Welt anbieten. Es bleibt also noch ein paar Jahre Zeit, um an der Sicherheit der Rechenzentren zu schrauben.  Prognose 5: 80 Prozent alles Production Apps werden 2025 aus der Cloud bezogen. 80 Prozent der internen Firmen-Rechenzentren verschwinden. Dort ist Oracle durch sein sehr breit aufgestelltes SaaS-Portfolio und seine weltweit 19 Rechenzentren in einer ausgezeichneten Position, den Markt in den nächsten Jahren aufzurollen. Aber Microsoft, IBM und SAP holen punkto Biz-Apps auf, auch wenn man das bei Oracle gar nicht gerne hört. Konkurrent AWS müsste punkto Business-Apps mehr Gas geben und ist momentan kein ernsthafter Konkurrent. Aber will Amazon das überhaupt?

Innovation gewinnt

Gehen diese Prognosen bis 2025 ganz oder zumindest zum Grossteil in Erfüllung, dann wird sich die Kosten/Nutzen-Relation der klassischen IT umkehren. Dann fliesst 80 Prozent des IT-Budgets in Innovationen, und nur noch 20 Prozent sind für den Erhalt des Betriebes notwendig (Cloud-Mietkosten). Und das sind doch sehr erfreuliche Aussichten für 2025.



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