Schweizer CRM-Markt 30.05.2014, 14:35 Uhr

SAP attackiert Microsoft

Die Schweiz hat SAP einen Denkzettel verpasst. Den will der ERP-Weltmarktführer nicht auf sich sitzen lassen. Noch dominiert Microsoft den Schweizer Markt.
SAP-Chef Bill McDermott will SAP zur am schnellsten wachsenden Cloud-Company der Welt machen.
Weltweit hat auf dem CRM-Markt der Cloud-Pionier Salesforce die Nase vorn. Laut Gartner führt das von Marc Benioff geführte Unternehmen mit einem Marktanteil von 16,1 Prozent, gefolgt von SAP mit 12,8 Prozent. Erst danach kommt Microsoft. Salesforce-Chef Benioff setzte schon früh - vor 14 Jahren - auf ein CRM aus der Cloud, und konnte den dadurch errungenen Vorsprung bislang halten. Aber in der Schweiz sieht die Sache anders aus. Die Schweiz ist offensichtlich nicht nur Apple-, sondern auch Microsoft-Land. Hier dominiert Redmond das Geschäft mit dem Kundenbeziehungsmanagement, und zwar komfortabel. Die ZHAW attestiert Microsoft Dynamics CRM  einen Anteil von 17,38 Prozent (ZHAW-Studie Swiss CRM 2013). Clever, zäh und hartnäckig hat Redmond seinen Impact über die Jahre weiter ausgebaut, und Konkurrenten in die Schranken verwiesen. SAPs Kuchenstück am Schweizer CRM-Markt sackte von 15,9 Prozent (2012) auf 10,5 Prozent (2013) ab. 

Schweiz verpasst SAP Denkzettel

Eine Blamage für den ERP-Weltmarktführer aus Walldorf. Die Schweiz verpasst SAP einen Denkzettel, den man dort nicht auf sich sitzen lassen will. Per Pressemitteilung vom Freitag (30. Mai) führt SAP ein "cloudbasiertes Marketing-Performance-Dashboard" ein, das Schweizer Führungskräfte über Marketing- und Verkaufs-KPIs informiert. Auf Grundlage aktueller operativer Daten in Echtzeit und auf jedem beliebigen (mobilen) Gerät, wie es heisst. SAPs neues Marketing-Dashboard sei in die Produkte von Partnern wie Adobe (Digital Marketing Cloud) und in die eigene Lösungen vorintegriert. In der gleichen Pressemitteilung reklamiert SAP für sich zweistelliges Wachstum im Schweizer CRM-Geschäft und streicht fett seine Branchenlösungen für Versicherungen, die Versorgungswirtschaft und den Einzelhandel hervor.

Microsoft Dynamics mit "Social Listening"

CRM galt lange Zeit nicht gerade als eine der Stärken von SAP. Aber offensichtlich hat man seine Schwächen erkannt und arbeitet in der Schweiz daran, den Abstand auf Microsoft zu verkürzen. Microsoft hatte vor einigen Tagen noch zusätzlich Salz in die Wunden von SAP gestreut und ein neues Dynamics CRM 2013 (SP1) mit Social Listening Feature vorgestellt. Das Feature ist Bestandteil des neuen Service Pack 1. Es kann demnächst on-premise und in der Microsoft Azure-Cloud genutzt werden und stammt ursprünglich von der Schweizer Software-Firma Netbreeze. Microsoft hat Netbreeze vor gut einem Jahr aufgekauft.
Microsoft-Chef Satya Nadella geht ausserdem eine Partnerschaft mit dem einst erbitterten Konkurrenten Salesforce ein, mit dem das eigene Dynamics CRM im Wettbvewerb steht. Gegen SAP ist halt jedes Mittel recht. "Microsofts Online-Büropaket Office 365 soll sich künftig direkt mit der Plattform für das Kundenmanagement (von Salesforce, M.K.) verbinden lassen", heisst es in einer aktuellen Pressemitteilung aus Redmond. Die Rede ist unter anderem von einer Salesforce-App für Outlook. Microsoft macht es Salesforce-Kunden leichter, setzt sich dabei aber auch der Gefahr aus, sein eigenes Dynamics CRM zu kannibalisieren.

Synergien durch Partner

Auf dem Weg in die Cloud kann es Unternehmen wie SAP, Microsoft und Oracle offenbar nicht schnell genug gehen. Alte Kriegsbeile werden begraben, man hilft sich gegenseitig, sucht nach Synergien. Auch wenn darunter Einzelprodukte des eigenen Lösunggsportfolios zeitweilig leiden mögen. Erst kürzlich erweiterten Microsoft und SAP ihre \"Partnerschaft\", allerdings nicht punkto CRM, sondern ERP. Bis Mitte des Jahres sollen SAP-Anwendungen wie die Business Suite, Business All in One und die SAP Mobile Platform in der Microsoft Azure-Cloud laufen. Als kleines Dankeschön hat SAP versprochen, sozusagen im Gegenzug mobile Apps, also der mobile Zugriff auf SAP-Lösungen, für Windows und Windows Phone zu entwickeln. Bislang hatte man sich im Hause Walldorf auf Android und iOS konzentriert, und Windows (Phone) geflissentlicht ignoriert.

Cloud als Brandbeschleuniger

Die Cloud reisst alte Grenzen nieder, und das ist gut so. Denn Kunden wollen nicht Microsoft, SAP, Oracle oder Salesforce, sondern die beste Lösung für ihr Problem. Je leichter sie dazu kommen, desto besser. Ehemals proprietär ausgerichtete Grosskonzerne haben das endlich erkannt. Die Ära der Mauern geht ihrem Ende entgegen. Partnerschaften in der Cloud sind aber nicht Freundschaften fürs Leben, sondern Zweckbündnisse auf Zeit. Microsoft partnert mit SAP und Salesforce. Wer hat am Ende das Nachsehen, und wer profitiert?



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