Schweiz-Chef Kipfer 02.10.2014, 02:50 Uhr

"Oracle sieht sich als Cloud-Integrator"

Wie profitieren Schweizer Unternehmen von den neuen Cloud-Angeboten? Worauf muss man achten? CW sprach mit Hanspeter Kipfer, Vice President und Country Leader von Oracle Schweiz.
Hanspeter Kipfer, Vice President, Technology Sales & Country Leader von Oracle Schweiz, auf der Open World.
Auf der Oracle Open World 2014, die heute in San Francisco zu Ende geht, ging es um die Cloud, Cloud, Cloud. Oracle sieht sich der Konkurrenz voraus, durch seine Cloud-Plattform, seine drei Layer IaaS, SaaS und PaaS, und durch eine Vielzahl neuer SaaS-Applikationen. CW sprach mit Hanspeter Kipfer, Vice President, Technology Sale & Country Leader der Schweizer Niederlassung. Kipfer stiess über Siebel (CRM) zu Oracle. Davor, in den 90er Jahren, arbeitete er für Sun Microsystems. Kipfer war bei Oracle in verschiedenen überregionalen Positionen tätig und in den letzten Jahren für die Engineered Systems zuständig. Seit März dieses Jahres ist er Country Leader von Oracle Schweiz.
CW: Herr Kipfer, die diesjährige Oracle Open World steht ganz im Zeichen der Cloud. WIe läuft für Oracle das Cloud-Geschäft in der Schweiz?
Kipfer: Grundsätzlich sind die Chancen für unsere Cloud-Lösungen in der Schweiz gut. Human Capital Management (HCM) ist ein sehr dankbares Thema, auch Recruiting und Talent-Management. Ich sehe die Cloud als einen Prozess, in dem immer mehr Backend-Applikationen und -Prozesse in die Cloud verlagert werden. Auch für den Aufgabenbereich Customer Experience, also Marketing, Sales, Services, E-Commerce und Social Campaigns, wird immer mehr Funktionalität aus der Cloud gezogen.
Oracle hat auf der Open World 173 neue SaaS-Anwendungen vorgestellt. Wie offen ist die Oracle-Cloud für Applikationen von Fremdanbietern?
Kipfer: Wir müssen davon ausgehen, dass die Konkurrenz proprietäre Cloud-Lösungen verkauft hat. Man spricht mittlerweile von der Cloud als dem "Silo der nächsten Generation". Deshalb ist ein Integrationslayer so wichtig, der die Integration der Prozesse und noch wichtiger, die Integration der Daten sicherstellt. Wir haben eine Zusatzaufgabe, die des Integrators, der 3rd-Party-Clouds über einen sogenannten Data Lake einbindet.
Kunden beziehen gerne einzelne SaaS-Lösungen wie HCM, Talent-Management oder Payroll-Lösungen aus der Cloud. Das ist oft der erste Schritt. WIe sehen der zweite und dritte Schritt aus?
Kipfer: Der nächste Schritt ist für mich Platform-as-a-Service (PaaS), also Infrastructure-as-a-Service (IaaS) plus Datenbank plus Middleware. Eine der ersten Aufgaben, die der Kunde in die PaaS-Cloud auslagert, ist Test & Development. Denn Testdatenbanken und -umgebungen werden nur für einen limitierten Zeitrahmen benötigt. Übrigens punkto Integration: Wir bieten zur Entwicklung zwar unsere eigene Programmiersprache Java (as-a-Service) an, können aber auch Microsofts .NET integrieren.
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CW: Gibt es Schweizer Branchen, die der Cloud aufgeschlossener gegenüberstehen als andere?
Kipfer: Das kann man so nur schlecht aufteilen, es kommt mehr auf die Workloads an. Unsere Sales Cloud ist zurzeit bei den Telekommunikationsanbietern und dem Handel sehr aktuell. Bei Finance dagegen überhaupt nicht, Finance interessiert sich stärker für HCM, Talent-Management und ähnliches. Die UBS und die Baloise Group haben Oracle Fusion HCM im Einsatz.
Oracle hatte lange Zeit den Geruch des Proprietären an sich. Schweizer CIOs, mit denen wir gesprochen haben, wollten nicht zu viel von Oracle einsetzen, weil man das Gefühl hatta, sich dadurch in eine zu grosse Abhängigkeit zu begeben.
Kipfer: Das ist eine sehr subjektive Wahrnehmung. Alle unsere Produkte basieren auf offenen Standards. Unsere Kunden haben in der Regel sowieso Lösungen von mehreren Anbietern im Einsatz. Eine ganz typische IT-Landschaft, die wir so oder leicht abgewandelt bei Kunden vorfinden, wäre zum Beispiel eine IBM Infrastruktur, ein SAP ERP, Siebel CRM, eine Oracle Datenbank plus Middleware und Hyperion Financials.
Das Gegenteil ist richtig. Je mehr ein Kunde von Oracle im Einsatz hat, desto stärker kann er von unserer Strategie profitieren. Die meisten Unternehmen haben das Ziel, die Anzahl der Anbieter und damit die Komplexität ihrer IT-Landschaften zu reduzieren. Es haben sich mittlerweile Standards etabliert: für ERP heisst der Standard wohl SAP, für Datenbanken Oracle, für CRM Siebel...
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CW: Viele ERP-Systeme von SAP laufen auf Oracle Datenbanken, und seit geraumer Zeit bietet SAP seine Hana als Datenbank-Plattform für die eigenen ERP-Lösungen an. Sehen Sie SAP Hana als Konkurrenz?
Kipfer: Sie haben eben den Vendor Lock-in erwähnt, hier haben Sie einen. SAP Hana ist ein Silo. Sie können zum Beispiel ein SAP BW am Stück auf eine Oracle 12c migrieren (forklift migration), und das SAP BW erbt die Features dieser Plattform wie zum Beispiel Multitenancy. Forklift Migration auf Hana funktioniert dagegen nicht. Wäre ich SAP-Kunde, dann würde ich auf den Hersteller Druck ausüben, nicht nur Apps für Hana zu entwickeln, sondern auch für Oracle DB oder IBM DB2.
Die Idee, Sun Microsystems zu akquirieren, um dadurch von Hardware bis Software den gesamten Stack aus einer Hand anbieten zu können, war genial. Aber Oracles Hardware-Abverkäufe sinken seit Jahren. War der Aufkauf von Sun, sagen wir es einmal diplomatisch, wenig rentabel?
Kipfer: Für die konventionelle Hardware stimmt ihre Analyse. Die Server-Abverkäufe gingen pro Quartal zweistellig nach unten und Storage stagnierte. Aber unsere Engineered Systems wie Exadata, Exalogic, Exalytics und Big Data wachsen durchschnittlich um 30 Prozent. Die Engineered Systems sind für Oracle ein profitables Milliardengeschäft. 80 Prozent der Verkäufe gehen auf das Konto der Datenbank-Appliance Exadata, und der grösste Anteil dort basiert zwar auf Intel-Chips, nicht auf unseren eigenen Lösungen wie SPARC-Prozessoren und dem Betriebssystem Solaris.Wir beobachten aber auch, dass die Umsätze mit unseren Superclustern und SPARC-Maschinen zulegen.
Wie läuft das Geschäft mit Exadata und mit den Engineered Systems in der Schweiz?
Kipfer: Sagen wir es einmal so: In der Schweiz haben wir im Vergleich mit anderen Ländern noch Aufholbedarf.
Oracle fokussiert jetzt stärker auf die Cloud. Hat das Veränderungen in der Organisation von Oracle Schweiz zur Folge?
Kipfer: Ich habe gerade eine Kampagne gestartet, die junge Sales Professionals, die sich mit der Cloud auskennen, an Bord holen soll. Wir suchen für Oracle Schweiz neue Leute und junge Talente.
Herr Kipfer, besten Dank für das Gespräch.



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