02.04.2008, 09:03 Uhr

«Offene Standards bieten nötige Unabhängigkeit»

Der Internetpionier Roy Fielding, Chief Scientist bei Day Software, betont im Interview die Bedeutung offener Standards für die Anwender.
Roy Fielding, Chief Scientist bei Day Software: «Standards bieten Anwendern eine gewisse Sicherheit. Sind sie offen, bieten sie darüber hinaus auch Unabhängigkeit.»

Computerworld: Herr Fielding. Was genau beinhaltet Ihre Aufgabe bei Day Software?

Roy Fielding: Das Schöne am Titel eines Chief Scientist ist, dass niemand einem sagt, was man tun muss. Ich unterstütze unter anderem unseren CTO David Nüscheler bei verschiedenen Aufgaben, etwa der Entwicklung von Standards wie JSR 170 oder JSR 283 (Anmerkung der Redaktion: die beiden Java Specification Requests bilden die erste und zweite Version der offenen Schnittstellen für ein Content Repository). Darüber kam ich überhaupt zu Day: Ich beriet David Nüscheler in der Frage, wie Day einen offenen Standard für Content Management Systeme aufgleisen könnte. Als ehemaliger Vorsitzender der Apache Software Foundation habe ich damals im Rahmen des Java Community Process einen Grossteil der Verhandlungen mit Sun geführt. Daher waren mir die Abläufe bestens vertraut, und ich konnte David Nüscheler bei diesem Vorhaben betreuen und auch die Unterstützung der Branche für den Standardisierungsprozess gewinnen.

In welcher Form haben Sie sich mit Java-Techniken beschäftigt?

In unterschiedlichen Bereichen. Bei Apache haben wir das Jakarta-Projekt ins Leben gerufen, das einen Grossteil unserer Java-Projekte umfasst. In deren Programmierung war ich jedoch niemals involviert. Ich entwickle selber recht wenig mit Java. Der grösste Teil meiner Programmierarbeiten betrafen den Apache-Webserver und wurden mit «C» gemacht oder mit Skriptsprachen wie Perl, Ruby und Konsorten. Bei Day ist für die Java-Entwicklung eine Abteilung in Basel zuständig.

Ihr Hintergrund liegt also eher bei Standards als bei der eigentlichen Programmierung?

Ja. Ich habe ziemlich weitreichende Erfahrung mit der Entwicklung von Standards. 1994 habe ich an den Spezifikationen für relative URL gearbeitet, ein Bestandteil des Adressierungsstandards im Web, aus denen später die URI-Spezifikationen (Uniform Resource Identifier) entstanden. Zudem habe ich damals an HTTP 1.0 mitgearbeitet und später zusammen mit Henrik Frystyk Nielsen auch Version 1.1 dieses Protokolls entworfen.

Nicht jeder kann von sich behaupten, Publikationen wie die HTTP-Standards zusammen mit Tim Berners-Lee, dem Erfinder des Web, herausgegeben zu haben...

Das ist wahrscheinlich tatsächlich ziemlich ungewöhnlich - aber es war auch ziemlich anstrengend. Tim Berners-Lee ist ein Schnelldenker und ein offener Geist, der wie Hypertext denkt und schreibt. Hypertext-Dokumente zu lesen ist zwar ziemlich schwierig. Aber ich bin ein sehr strukturierter Schreiber, und daher hat die Zusammenarbeit letztlich gut gepasst: Henrik Nielsen und ich haben die Ideen von Tim Berners-Lee in die Standardisierungs-Beschreibungen gegossen.



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