Mainframe 01.06.2011, 09:17 Uhr

Rechenexempel und Daddelkiste

Der Berner Versicherungskonzern Mobiliar setzt auf Mainframes – allerdings nicht Blindlinks. So rechnet der Software-Hersteller BMC mittlerweile mit jedem Kunden einen Business Case.
Die Schweizerische Mobiliar hat ihre Mainframes zu T-Systems ausgelagert
Das Sprichwort «Todgesagte leben länger» wird im Zusammenhang mit Mainframes gern zitiert. Die Grossrechner laufen seit über 40 Jahren, obwohl sie alle schon vor 15, spätestens aber vor 10 Jahren hätten abgeschaltet werden sollten. Zwar sind die Mainframes für die Betreiber, zum Beispiel die Schweizerische Mobiliar in Bern, ein Kostenblock. Häufig fungieren jedoch Applikationen, Ausfallsicherheit und Datenbestände als gute Gründe, die Maschinen weiter zu betreiben. «Wir schreiben die Mainframe-Applikationen für verteilte Umgebungen neu und wollen den Grossrechner hinterher hauptsächlich als Data Warehouse nutzen», gibt Thomas Baumann, Leiter Daten-Management bei der Mobiliar, ein Beispiel. Der älteste Versicherer hierzulande hat seine Mainframes seit fünf Jahren an T-Systems ausgelagert. Der Provider betreibt in zwei Rechenzentren je einen IBM-z9-Grossrechner. Die Mobiliar bezieht von T-Systems Rechenleistung nach einem As-a-Service-Modell ? mit einer gewisser Mindestabnahme. Trotz des Outsourcings stehen die Mainframes aber auf dem Prüfstand. «Aufgrund der Kosten ziehen wir auch in Erwägung, die Grossrechner abzuschalten. Der endgültige Entscheid ist aber noch nicht gefallen», erklärt Baumann. Einer der Kostentreiber ist die kleine Zahl an Anbietern von Mainframe-Infrastruktur. Wenige Hersteller dominieren den Markt, die Kunden klagen häufig über zu hohe Preise. Das hat zum Beispiel Software-Lieferant BMCnach den Worten von Brand Manager Peter Plevka erkannt. Das US-amerikanische Entwicklerhaus verkaufe heute keine Mainframe-Software mehr von der «Stange». «Wir rechnen mit dem Kunden den Business Case durch», führt der Mainframe-Produktverantwortliche aus. «So lassen wir unsere Programme daran messen, dass sie das Geschäft der Kunden voran bringen und Kosten senken.» Nächste Seite: Mainframe als Spielmaschine
Mit dem Verkaufsprinzip scheint BMC auf dem richtigen Weg. Laut Vizepräsident Donald Pate konnte das Unternehmen seinen Umsatz mit Mainframe-Produkten im vergangenen Jahr verdoppeln. Ein zahlender Kunde ist die Mobiliar. Laut Baumann ist sein Arbeitgeber auch einer der Kunden, bei denen sich BMC beweisen musste: «Bei täglich im Schnitt 600 Millionen DB2-Transaktionen ist die Leistung der Versicherungs- und Renten-Applikationen geschäftskritisch. BMCs Apptune for DB2 identifiziert kostspielige Datenbank-Transaktionen, so dass wir Performance-Engpässe beseitigen können», sagt der Mainframe-Spezialist. Die Mobiliar spare so bares Geld.

Designer-Software und der Gameframe

Die Administration und das Management der Mainframes läuft bei der Mobiliar meist über die Kommandozeile. «Neue Mitarbeiter ? auch ohne explizite Erfahrungen am Grossrechner ? sind trotzdem schnell eingearbeitet», erzählt Baumann. BMCs Plevka anerkennt zwar die Entwicklungen des Wettbewerbers CA Technologies, sieht die grafische Benutzeroberfläche aber nicht als grösste Herausforderung bei den Mainframe-Programmen. «Kunden müssen nachweisen, welchen Geschäftsvorteil die Maschinen bringen. Das ist BMCs hauptsächliche Zielrichtung», betont der Manager.
Ein Spezialist für die Ausbildung von Mainframe-Nachwuchskrftenist Professor Wilhelm Spruth von der Universitt Tbingen. Er sieht die Entwicklung der Grossrechner ebenfalls nicht am Ende, die Nachwuchssorgen nicht so dramatisch. «Junge Informatiker bilden wir an den Universitäten Leipzig und Tübingen auch auf dem Mainframe aus. Die Maschinen sind für die meisten zwar eine andere Welt, in der sie sich aber rasch ebenfalls zurechtfinden», sagt der Doppellehrstuhlinhaber. Dass die Mainframes nicht nur in den Rechenzentren von Finanzunternehmen und der Industrie arbeiten, zeigt der «Gameframe»-Rechner des brasilianischen Anbieters Hoplon. Laut Spruth betreibe die Spieleschmiede für das Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG) «Taikodom» ein IBM System z. Die Maschine ist mit Cell-Prozessoren in Blades und Nvidia-Grafikchips für die grafikintensive Spielewelt fit gemacht. «Der Gameframe beweist, dass die bewährte Technik durchaus für heutige Anforderungen wie riesige Benutzerzahlen und hohen Datendurchsatz gerüstet sind», meint Sputh.



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