16.04.2015, 11:33 Uhr

Lizenzkrach bei Oracle - auch Schweizer Unternehmen betroffen

Neue VMware-Software lässt die Lizenzkosten für Oracle explodieren. Tausende Schweizer Unternehmen sind betroffen. Oracle muss reagieren.
Lizenzen sind für Anwenderunternehmen ein ewiger Zankapfel. Schweizer CIOs können ein Lied davon singen. SAP hatte damals mit seinen teuren Enterprise Lizenzen für Unmut gesorgt, und sich dann kompromissbereit gezeigt. Aber der nächste Lizenzstreit schwelt bereits: Dieses Mal heissen die beiden Hauptakteure Oracle und VMware.

Hundertfach höhere Lizenzgebühren

Oracles Datenbank und VMwares Virtualisierungstechnologie sind bei Schweizer Kunden breit im Einsatz. Die Software der beiden Marktführer ist zuverlässig, effizient und auf dem neuesten Stand der Technik. In den nächsten Monaten könnten Schweizer Oracle-Kunden jedoch Lizenzerhöhungen drohen, die im Extremfall mehr als das Hundertfache der bisherigen Lizenzkosten betragen. Bei gleicher Oracle-Datenbank wohlgemerkt, daran ändert sich gar nichts. Computerworld liegt eine Beispielrechnung der Deutschsprachigen Oracle Anwendergruppe (DOAG) vor.
Warum ist das so? Es lohnt sich, etwas genauer hinzuschauen, um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein. Bislang haben sich auch Schweizer Oracle-Kunden mit einem kleinen Trick, einer Art Workaround, aus der Bredouille gezogen. Sie haben ihre Oracle-Anwendungen in einem Cluster separiert und mussten bislang nur für diesen Oracle-Cluster Lizenzgebühren entrichten. Mit der neuen Version 5.1 (vCenter) hat VMware jedoch die Clustergrenzen gesprengt. Das heisst, virtuelle Maschinen, in denen zum Beispiel eine Oracle-Datenbank läuft, können jetzt auch über Cluster-Grenzen hinweg migriert werden. Eigentlich eine gute Sache, welche die Infrastruktur auf Kundenseite agiler und flexibler macht, allerdings mit horrenden Konsequenzen für die anfallenden Oracle-Lizenzgebühren. Denn alle überhaupt möglichen Migrationsziele müssen nun mitlizensiert werden. "90 Prozent der Oracle-Kunden virtualisieren ihre Anwendungen, und von denen setzen 80 Prozent Virtialisierungstechnologie von VMware ein", schätzt Michael Paege, stellvertretender Vorsitzender und Leiter Competence Center Lizenzierung bei der DOAG. Viele Schweizer Unternehmen sind daher betroffen, und es geht um Geld, um viel Geld. Kunden seien verunsichert und hielten sich mit Investitionsentscheiden zurück, berichtet Paege. Einige würden sogar erwägen, auf eine andere Plattform umzusteigen, aber das sei nicht so leicht und mit erheblichem Aufwand verbunden. Oracle selbst hat zu Anfragen der DOAG bislang keine Stellung bezogen. Noch ist nichts entschieden.

Oracle muss reagieren

Oracle-Kunden, die mit VMware virtualisieren, bleiben aus Unsicherheit bei ihrer alten Version VMware vCenter 4.0. Denn mit dem neuen VMware vCenter 5.1 bis 5.5 droht Oracles Lizenzlawine. Und mit der neuesten Version VMware vCenter 6, die vor einigen Wochen auf den Markt kam, wird die Situation noch einmal merklich verschärft. vCenter 6 sprengt nicht nur die Grenzen eines Clusters, sondern auch die Limite einzelner vCenter. Damit ist sogar die Migration von Virtuellen Maschinen (zum Beispiel mit Oracle Datenbank) über vCenter-Grenzen hinweg möglich. Ein tolles Stück Software von VMware, aber die Konsequenzen für die Lizensierung von Oracle-Software sind immens. Das ist so, als ob man in einem riesigen Parkhaus nicht nur ein Ticket für den eigenen Parkplatz lösen müsste, sondern für alle anderen Parkplätze auch, weil man ja auch dort hätte parkieren können. Oracle wird auf den Missstand reagieren müssen, um Unsicherheit und Investitionshemmnisse auf Kundenseite abzubauen. Mehr zum Thema Lizenzen - und eine detaillierte Beispielrechnung -  lesen Sie in unserer Spezialausgabe Swiss IT - die CIO-Agenda (ab S. 30).



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