iOS 03.06.2013, 11:24 Uhr

Apples Design ist out

Auf der WWDC werden wir einen ersten Blick auf iOS 7 erhalten. Vor allem bei der Optik hat Apple hier viel zu tun. Denn der Stil steckt im Jahr 2007 fest.
Windows Phone gegen iOS 6: Bei Apple glänzt und reflektiert die Oberfläche in allen Farben, Microsoft ist schlichter und liegt damit im Trend
Die Metapher ist die stärkste Waffe des Designers. Virtuelle Knöpfe sehen wie echte aus, wir sortieren Dateien in "Ordner" auf dem "Schreibtisch" und dass ein E-Mailprogramm einen Briefumschlag als Symbol trägt, ist selbstverständlich. Mit diesen Analogien ist Apple inzwischen aber zu weit gegangen. Apple verwendet Design-Metaphern, die dem Nutzer ins Gesicht schreien und übertreibt mit Effekten und visuellen Spielereien. Mit dem nächsten Update wird alles anders. Nicht mehr Scott Forstall sitzt auf dem Fahrersitz von iOS, sondern Apples Design-Chef Jony Ive und Apples Internetzauberer Eddy Cue. Forstall musste Apple verlassen. Ive soll sich um ein neues Design von iOS kümmern, Eddy Cue soll Apples Kartendienst und Siri voranbringen.

Trend-Wende

Apples Designstil bei der Hardware ist Vorbild für viele andere. Edle Aluminiumhaut ohne Schnörkel, so wenige Verzierungen und störende Tasten wie nur möglich. Bei der Software sieht dies jedoch ganz anders aus. Besonders iOS ist optisch inzwischen ein Relikt früherer Tage. Glänzende iOS-Icons mit Spiegelungen und starker 3D-Anmutung: so sahen die Logos von hippen Internetunternehmen im Jahr 2006 aus. Es ist etwas passiert, was früher unvorstellbar schien: Apples Designstil ist out, zumindest bei Software. "Bislang waren viele Designer von Apple getrieben" sagt Constanze Langer, Professorin für Visual Interface Design an der FH Potsdam. Was Apple machte, machten andere Designer nach. Jetzt gibt es einen Gegentrend: Flat Design. Ausgerechnet Apples alter Erzrivale Microsoft ist hier der Vorreiter. Windows Phone ist in vielen Belangen das Gegenstück zu iOS. Keine glänzenden 3D-Icons mit Schattenwurf und keine Oberflächen mit Lederimitat. Stattdessen wenige Farben, kaum Effekte. "Der Trend geht in Richtung Flat Design", sagt Langer. Unter anderem zeigen die neuen Wetter-Apps wie Haze oder Yahoo Wetter, wie moderne Anwendungen aussehen. Auch in modernem Webdesign zeigt sich der Umbruch. Google ist seit jeher Verfechter schlichter Designelemente. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Design ist kein Selbstzweck

Design ist kein Selbstzweck

Design ist jedoch kein Selbstzweck, sondern hat eine klare Aufgabe: es soll dem Nutzer die Funktionen des Systems visuell erklären. Bei den Designrichtungen gibt es aus Sicht des Nutzers kein grundsätzliches "besser oder schlechter". Der Nutzer muss es lediglich verstehen können. Es gelten immer die gleichen Grundregeln: "Interaktionsflächen müssen gut erkennbar sein", erklärt Constanze Langer. Dazu müsste ein Designer beachten: "Was ist der Nutzungskontext, wie erfahren ist der Nutzer?" Metaphern können helfen, einen Zugang zu einer virtuellen Oberfläche bekommen und intuitiv zu verstehen, was wie funktioniert. Ob Schreibtisch, Briefumschlag-Icon oder Notenschlüssel: seit jeher erklärt sich Technik uns über Analogien zu Bekanntem. "Metaphern sind immer noch wichtig" sagt die Designprofessorin, die Entwicklung gehe jedoch in Richtung etwas mehr Abstraktion. Dass Apple jedoch alle seinen bisherigen Designansätze über Bord wirft, ist eher unwahrscheinlich: "Apple könnte die Imitierung von Materialität beibehalten, aber subtiler", sagt Langer. Apple liebt nachgeahmte Materialien wie bei der "Brushed-Metal"-Oberfläche in OS X 10.3. Nur ungerne lässt Apple eine Oberfläche einfach wie eine Fläche aussehen und nicht wie Metall, Glas oder Holz.

Viele Inkonsistenzen

Es deutet sich ein Umbruch bei iOS an. Erste Schritte hat Apple bereits gemacht. Beispielsweise ist die "Podcasts"-App inzwischen schlichter und weniger metaphorisch geworden. Wer genau hinschaut, findet bei iOS viele verschiedene Designs. Der Lockscreen hat einen anderen Rahmen als die Mitteilungszentrale, das Einstellungsmenü sieht seinerseits wieder vollkommen anders aus. Das kann Apple nicht gefallen. Apple hat die grundlegende Anordnung des Systems seit dem ersten iPhone-OS nicht verändert. Diese stammt noch aus der Zeit, als es nicht einmal den App Store gab. Wer viele Apps installiert, steht irgendwann vor der Wahl, ob er viele Homebildschirme mit Icons füllt oder alles in viele Unterordner wegsortiert. Alternativen gibt es nicht. An manchen Stellen wirkt iOS, als sei Apple nichts besseres eingefallen als die maximal grösste Metapher zu verwenden. Eine Anwendung für Sprachmemos muss nicht wie ein einziges grosses Mikrofon aussehen, damit der Nutzer versteht, dass er hier etwas hineinsprechen kann.

Fazit

Apple muss iOS aufräumen und mit der nächsten Version einheitlicher und übersichtlicher machen. Es gibt dort aktuell etliche verschiedene Designsprachen, zu viele Gimmicks und keinen durchgängigen roten Faden. Wenn Apple dies umgesetzt bekommt, wird Apple auch wieder das Designvorbild sein, das es so viele Jahre lang war.



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