03.12.2014, 08:32 Uhr

IBM zur Zukunft von E-Mail und Notes

Mit Verse will IBM nicht weniger als die althergebrachte E-Mail renovieren. Welche Technik dahinter steckt und was aus Notes wird, erklärte Manager Ed Brill im Detail.
Ed Brill von IBM berichtet über die Kommunikationsanwendung Verse
Seit der Einführung vor 25 Jahren hat sich das Kommunikationsmedium E-Mail kaum verändert. Der Informationsaustausch innerhalb und zwischen Unternehmen geschieht mehrheitlich via E-Mail, teilweise sind Arbeitsabläufe und ganze Geschäftsprozesse in den Messaging-Systemen implementiert. Mittlerweile fluten durch Kanäle wie Chat, Social und Video weitere Informationen auf die User ein. Die Kommunikationsfluten kanalisieren wollen die drei grossen Anbieter von Messaging-Systemen: Google mit «Inbox», IBM mit «Verse» und Microsoft mit «Delve». Der Anwender soll nur diejenigen Informationen präsentiert bekommen, die er beispielsweise für das just anstehende Meeting benötigt. Dafür arbeiten die herkömmlichen Clients und Server weiterhin im Hintergrund, auf dem Desktop oder Smartphone oder Tablet zeigen aufgeräumte Oberflächen individuell aufbereitete Daten an. Aus welcher Quelle die Informationen stammen, ist Nebensache.

E-Mail der nicht mehr fernen Zukunft

Microsoft und Google waren im September respektive Oktober mit ihren Produkten bereits vorgeprescht. Für Kunden von Office 365 will Microsoft Delve nach dem Jahreswechsel aufschalten, Google hat bis anhin keinen Zeitplan für den Rollout kommuniziert.
Neu in Offenheit übt sich IBM: Schon lange, bevor ein Produkt die Marktreife erreicht hat, spricht Big Blue über Verse. «Wir wollen mit der Vorschau auf Verse signalisieren, dass IBM an Innovation arbeitet und die Kundenbedürfnisse adressiert», sagt Ed Brill, Vice President Social Business Transformation, im Gespräch mit Computerworld. Verse sei ausserdem gemeinsam mit Kunden entwickelt worden, etwa dem Detailhändler Carrefour, dem Zementunternehmen Cemex und dem Industriekonzern Colgate-Palmolive. Bei den drei Firmen liefen Beta-Tests mit der Software. Die User haben auch geholfen, Szenarien für den Einsatz von Verse zu definieren. Nach Auskunft Brills hat sich das Design-Team weniger an neuen Features orientiert, sondern an Anwendungen: Beispiele sind die Vorbereitung auf eine Konferenz, das Management von E-Mail-Verteilern oder das Messaging auf dem (kleineren) Smartphone-Display. Wie der IBM-Manager weiter erklärte, ist Verse trotz der Pilote bei den Kunden nicht fertig programmiert. Die Software werde mit agilen Methoden entwickelt. «Ende des ersten Quartals wird es eine Freemium-Version geben», kündigte Brill an. Im ersten Halbjahr 2015 solle Verse dann für einen grösseren Teil der IBM-Mitarbeiter ausgerollt werden. Nächste Seite: Zukunft von Notes Den multinationalen Pilotkunden und Big Blue beziehen Verse aus der Cloud. Die Lösung wird via SoftLayer in dedizierten Instanzen für jeden Kunden bereitgestellt. Als Backend dient nach Auskunft des Managers ausserdem IBM Connections Cloud für E-Mail, Kalender, Messaging, Social-Funktionen und Videochats. Die eingebaute Suchmaschine basiert auf dem Apache-Projekt «Solr». Mithilfe dieser Applikation lassen sich in Zukunft auch andere Datenquellen in Verse einbinden. «Das Open-Source-Projekt besitzt Schnittstellen zu IBM-Lösungen und auch zu Produkten von Drittanbietern», erklärt Brill.

Offen für Microsoft und SAP

Verse ersetzt keinen E-Mail-Server und keine Collaboration-Anwendung – eine Anbindung an Lösungen von Marktbegleitern ist offenbar möglich. «Wenn die Nachfrage vorhanden ist, wird IBM auch Produkte von anderen Anbietern in Verse unterstützen», sagt Brill auf die Frage nach Schnittstellen für Microsoft Exchange. Technisch sei die Verbindung machbar, ergänzt er. Via der Solr-Technologie liessen sich auch Cloud-Dienste wie Google Apps und Office 365 von Microsoft einbinden. Das Aufbereiten von Organizer-Daten ist die eine Funktion von Verse. Eine andere könnte das Verbinden von Messaging-Inhalten mit Geschäftsdaten sein. «Heute fliessen in den Activity Stream von Connections bereits Notifikationen aus dem SAP ein», führt Brill aus. Diese Schnittstelle könne auch für eine künftige Version von Verse verwendet werden.

Zukunft von Notes

Verse soll eine elektronische Kommunikationsplattform sein, sagt IBM. Big Blue beobachtet, dass der Markt für E-Mail in den vergangenen Jahren allgemein in die Cloud entwickelt hat. Treiber sind laut dem IBM-Manager unter anderem die zwei Marktbegleiter, die diesen Weg als den einzig richtigen definiert hätten: Google habe gar keine andere Option, Microsoft setze voll auf Office 365. Laut Brill hat IBM bei Bestandskunden darum geworben, auf Connections Cloud zu setzen. Dabei sprächen zwei Gründe für eine Migration: variable operationale Kosten statt fixer Kapitalkosten und aktuelle Software statt veralteter Tools. IBMs Notes könne für alle Einsatzzwecke verwendet werden, betont Brill. Big Blue investiere weiterhin in Notes. «Eine neue Version von Notes wird aber nicht davon ablenken, dass der allgemeine Trend in die Cloud geht und es alternative Sichtweisen auf Messaging (wie Verse) gibt», betont er.



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