Finnova World 20.09.2012, 18:04 Uhr

Banking mit Social Media

Finnova bedient in der Schweiz einen gesättigten Markt. Wachstumsmöglichkeiten sind gesucht, beim Lenzburger Hersteller genau wie bei den Banken. Social Media ist eine Chance.
CEO Charlie Matter will mit Finnova auch ausserhalb der Schweiz wachsen
Seit der Kritik des ehemaligen deutschen Finanzministers Peer Steinbrück am Schweizer Bankgeheimnis und den Ankäufen von Steuer-CDs durch deutsche Behörden beäugt die hiesige Finanzindustrie die Bankenbranche nördlich der Grenze kritisch. Der Blick in die andere Richtung ist offenbar ebenso nicht ganz klar: Statt über das Handy-Shopping von Coopan der Zürcher Bahnhofbrücke zu berichten, schweifte der Blick von Matthias Kröner, CEO der deutschen Fidor Bank, in die Ferne: An der «Finnova World» in Baden berichtete er über den Detailhändler Tesco, der in einer U-Bahn-Station im koreanischen Seoul wie Coop das Shopping mit dem Smartphone offeriert. Mit dem Beispiel wollte Kröner aufzeigen, dass Banken nicht nur in Asien die Kontrolle über Finanztransaktionen zusehends verlieren. «Die Bank ist beim Mobile Shopping das Handy», rief der Manager den über 300 Teilnehmern der Finnova-Hausmesse zu. Finnova-CEO Charlie Matter blickte an dem Anlass ebenfalls in die Ferne: Sein Unternehmen will im Oktober eine Niederlassung in Singapur eröffnen. Der asiatische Markt und auch Deutschland sowie Luxemburg böten noch Wachstumsmöglichkeiten für den Hersteller von Kernbanken-Software. In der Schweiz ist Finnovaschon weit verbreitet: Die Zuger sei die 13. Kantonalbank mit Finnova, insgesamt arbeiten über 100 Institute mit der Kernbankenlösung. «Gemessen nach der Anzahl Banken ist Finnova Marktführer in der Schweiz», stellte Matter fest. Das Lenzburger Unternehmen will aber nicht nur jenseits der Grenzen, sondern auch hierzulande wachsen. Eine Zielgruppe sind nach den Worten des CEOs die vielen Privatbanken in der Schweiz, von denen Finnova heute bereits über 20 zu seinen Kunden zählt. Die deutsche Fidor Bank ist kein Finnova-Kunde. CEO Kröner bekam an der Badener «Finnova World» trotzdem die grosse Bühne, um über die Herausforderungen des Banking in Zeiten von Social Media zu berichten. Die Fidor Bank setzt wie das Schweizer Startup eny Finance auf die aktive Beteiligung von Kunden am Design von Finanzgeschäften. Nächste Seite: Bankprodukte sind nicht sexy Die Fidor Bank ist nach Aussage von Kröner noch ein «Experiment». Bevor das Unternehmen vor zwei Jahren eine Banklizenz erhielt, wandten Kritiker immer wieder ein, dass Kunden ihre Finanzen nicht öffentlich diskutieren werden. «Über Geld redet man nicht», zitierte Kröner die Skeptiker. Für den CEO ist der allenthalben fehlende Dialog aber eher der geringen Attraktivität der Finanzdienstleistungen geschuldet. «Über interessante Produkte reden die Kunden auch», betonte Kröner. Dieser Meinungsaustausch sei beeindruckend effektiv: Produktempfehlungen von Freunden auf zum Beispiel Facebook würden von 62 Prozent gelesen, von 75 Prozent angeklickt und von 53 Prozent gekauft.
In Social Media sieht der deutsche Manager einen lukrativen Markt auch für Banken. So sucht die Fidor Bank bewusst die Interaktion mit dem Kunden: Etwa bedeuten 2000 Likes auf Facebook für jeden Kontoinhaber 0,1 Prozent mehr Guthabenzinsen, die Bankberater diskutieren sich den Nutzern über Anlageprodukte und zusätzliche Funktionen beim Online-Banking. «Wenn ein Kunde früher einen Beschwerdebrief geschrieben hat, erfuhr von dem Missstand niemand. Heute stehen die Vorwürfe auf der Facebook-Seite des Unternehmens und jedermann kann sie lesen», sagt der CEO. Die direkte Beziehung zu den Kunden erfordere ein Umdenken – nicht nur bei den Banken.

Crowdfunding als direkte Demokratie

An Banken vorbei beschaffen sich mittlerweile auch deutsche Behörden finanzielle Mittel. Die Stadt Oestrich-Winkel westlich von Frankfurt lancierte zum Beispiel ein Crowdfunding-Projekt für die Ausrüstung der freiwilligen Feuerwehr mit Digitalfunk. «Die Kreditvergabe der Bürger an den Staat sind eine Form der direkten Demokratie», urteilte Kröner. Der Einwohner könne so wie ein Stadtrat (oder ein Schweizer Bürger) bestimmen, welche Investitionen getätigt werden und welche nicht. Für Finnova steht fest, dass sich das Banking hierzulande in den nächsten Jahren wandeln wird. Christoph Erb, Leiter Customer Care, will die Benutzer der Kernbankenlösung für die Veränderung fit machen, indem Finnova die Technologie für das Banking 2.0 bereitstellt. Allerdings genügt es laut Erb nicht, nur die Plattform im Web 2.0, auf dem Tablet und dem Smartphone zu betreiben. Vielmehr sei beim Banking der Zukunft ist die aktive Beteiligung von Anbietern und Kunden erforderlich, ermutigte der Kundendienstverantwortliche die anwesenden Bank-Managern.



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