24.04.2006, 16:18 Uhr

Elektronische Ablage für KMU im Trend

Die elektronische Archivierung hat in grossen Unternehmen längst Einzug gehalten. Nun zeichnet sie sich auch im KMU-Sektor ab. Ein Gespräch zur Analyse der E-Mail-Archivierung.
Seit der Revision der Vorschriften über die kaufmännische Buchführung im OR (Obligationenrecht) und dem Inkrafttreten der GeBüV (Geschäftsbücherverordnung) im Jahr 2002 besteht die Möglichkeit, den bis dahin vorhandenen Bruch zwischen dem Führen und der Ablage der Geschäftsbücher mittels elektronischer Medien aufzuheben. Laut Juristin Maria Winkler von IT & Law Consulting haben grosse Unternehmen rasch erkannt, welches Einsparpotenzial in der Anwendung der relativ jungen OR- und GeBüV-Normen beispielsweise in der E-Mail-Archivierung liegt. Bei den KMU im Lande sieht diese Situation noch anders aus. Hier wird zur Zeit allenfalls ein Umstieg auf einheitliche Systeme evaluiert, sagt die Beraterin.
Computerworld:Warum sollte ein KMU seine Geschäftsbücher elektronisch aufbewahren?
Maria Winkler:Für einen Wechsel von der papierbasierten auf die elektronische Archivierung sprechen Kosteneinsparungen, Prozessoptimierung sowie das vereinfachte Suche und Finden von Dokumenten. Zudem sind die Speichermedien heute bezahlbar geworden und langfristig gesehen gewiss billiger als Lagerplatz für Ordner. Ausserdem ist die Zeit reif für elektronische Medien, die überall auch in KMU im Einsatz stehen. Doppelspurigkeiten respektive Medienbrüche lassen sich mittels IT-Einsatz heute vermeiden.
Cw:Wo liegen bei so vielen Vorteilen die Probleme?
MAria Winkler:Betrachtet man beispielsweise die Geschäftskorrespondenz, so zeigt sich, dass E-Mails schleichend in die Geschäftsprozesse Eingang gefunden haben. Ist ihr Inhalt geschäftsrelevant, müssen sie in der Regel 10 Jahre aufbewahrt werden. Darum muss etwa klar geregelt sein, welche E-Mails überhaupt abgelegt werden sollen. Ausserdem sind beim Archivieren häufig branchenspezifische Bestimmungen wie Normen zur Produktehaftpflicht und weitere gesetzliche Vorgaben wie die zum Datenschutz zu beachten. Auf die damit einhergehende Komplexität sind die Firmen oft noch nicht vorbereitet.
Cw:Meinen Sie technische oder doch eher strukturelle Schwierigkeiten?
MAria Winkler:Die technischen Möglichkeiten der E-Mail-Archivierung sind heute meist vorhanden. Doch unklar sind in den Unternehmen oft Verantwortung und Kompetenzen für die Aufbewahrung von Geschäftsdokumenten, welche in Weisungen und Policies verbindlich zu regeln sind. Denn die Verantwortlichkeit für die Archivierung lässt sich weder auslagern noch an die IT-Abteilung delegieren. Um nur schon die richtigen Unterlagen zur Speicherung auszuwählen und dabei die rechtlichen Grundlagen zu berücksichtigen, braucht es verbindliche Vorgaben von Seiten der Unternehmensführung. Deutlich wird das insbesondere dann, wenn geschäftskritische Dokumente etwa bei Rechtsstreitigkeiten herangezogen werden. Denn die elektronisch geführten und aufbewahrten Dokumente haben nur dann die gleiche Beweiskraft wie Papierdokumente, wenn die Vorgaben der GeBüV umgesetzt werden.
Cw:Technisch gibt es keine Probleme?
Maria winkler:In Einzelbereichen schon. So ist es für die IT anspruchsvoll, zu garantieren, die archivierten Dokumente für die gesamte Aufbewahrungszeit unveränderbar aufzubewahren. Die GeBüV ist technikneutral formuliert und überlässt es den Firmen, mit welcher Technik die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden.
Cw:Wie sollte ein KMU bei der Einführung der E-Mail-Archivierung vorgehen?
Maria Winkler:Zunächst gilt es, sich aufgrund der eigenen Bedürfnisse branchenspezifisch zu informieren. Dann sollte mit speziellen Beratern unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben ein Abgleich mit der vorhandenen IT stattfinden. Am Schluss steht dann die technische und organisatorische Umsetzung.
Volker Richert



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