DSAG fordert 27.09.2016, 14:49 Uhr

«SAP muss ihr Preismodell ändern, das alte passt nicht mehr zum Geschäft»

DSAG-Mitglieder wollen ein Pricing, das besser zum heutigen Geschäft passt. Bezahlt werden soll pro Transaktion, nicht mehr pro Volumen, pro User und mit fixer Vertragslaufdauer.
In der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) haben sich Schweizer, deutsche und Österreichische SAP-Kunden zusammengeschlossen. Auf dem Jahreskongress der Gruppe werden Probleme diskutiert, Trends evaluiert und Optionen für die Zukunft ausgelotet. Normalerweise finden die Sessions hinter verschlossenen Türen statt und unterliegen strengen NDAs. Der stellvertretende DSAG-Vorsitzende Andreas Oczko verriet Computerworld - ohne Namen zu nennen - was SAP-Kunden unter den Nägeln brennt.
Herr Oczko, die DSAG fordert ein echtes Pay-per-Use-Preismodell für Kunden, die die SAP Cloud nutzen. Was macht die SAP bislang falsch?
Andreas Oczko: Es geht dabei nicht nur um die Cloud, sondern darum, wie wir uns in Zukunftstechnologien wie dem Internet der Dinge (IoT) bewegen. Kunden wissen in der Regel nicht, wie ihr Geschäft laufen wird. Eine Bepreisung, die sich am Umsatz orientiert und für mehrere Jahre festgeschrieben wird, ist deshalb nicht realistisch. Kein Kunde weiss, ob er im IoT oder in der Cloud einen Umsatz von zum Beispiel 100 Millionen pro Jahr erreichen wird. Der Wunsch nach mehr Flexbilität bei der Preisgestaltung wurde an uns von allen Seiten herangetragen.
Wir haben mit allen wichtigen SAP-Offiziellen gesprochen und SAP denkt sehr konkret darüber nach. Über Absprachen mit SAP darf ich nicht sprechen, die unterliegen einem NDA (Non-Disclosure Agreement).
Welches Cloud-Preismodell schwebt Ihnen vor?
Oczko: Das Pricing der On-Premise-Lösungen orientiert sich typischerweise an der Metrik: Volumen pro Zeit. Bei den SAP Cloud-Lösungen Human Capital Management (HCM) oder der Reisespesenabrechnung Concur funktioniert das auch. Die Bedarfe sind vorhersagbar, Kunden bezahlen beispielsweise fix für die Abbuchung eines bestimmten Reisekostenvolumens pro Jahr.
Beim Internet der Dinge aber gucken die meisten SAP-Kunden erst einmal. Es gibt einige DSAG-Mitglieder, die wissen, was sie wollen. Sie wollen ihre IoT-Projekte jetzt zur Entscheidung bringen und anfangen. Für diese Kunden wäre eine flexiblere Abrechnung zum Beispiel pro Transaktion das sinnvollere Pricing – also echtes cloud-like Pay-per-Use.
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SAP hat eine kostenfreie Schnupper-Express-Version seiner Datenbank-Plattform HANA angekündigt. Eine Entwicklerversion - was halten Sie davon?
Oczko: Es ist immer interessant, etwas Neues auszuprobieren. Aber das kann man auch heute schon. HANA ist eine zuverlässige Datenbank-Technologie mit grossen Performance-Vorteilen. Stand heute nutzen über 3‘700 Lizenzkunden S/4HANA. Wir sind Industrieunternehmen, die konkrete Ziele verfolgen, und unsere Mitglieder bewegen sich in der ERP-Welt. Fängt ein Kunden bei Null an, dann empfehle ich ihm, zu S/4 HANA zu greifen. Für Bestandskunden aber ist die Entscheidung schwieriger.
Wie stark sind DSAG-Mitglieder denn überhaupt an der Cloud und am Internet der Dinge interessiert?
Ozcko: Ein Grossteil unserer Mitglieder sind nach wie vor klassische ERP-Kunden. Aber das IoT wird kommen, ob mit oder ohne SAP. Mit der Digitalisierung kommen ausserdem neue Geschäftsmodelle und ein neues Pricing auf uns zu. Die bei SAP beliebte Metrik ‚fixe Bepreisung pro Umsatz‘ passt aber nicht immer zu diesen neuen Geschäftsmodellen.
Dann, das werden sich viele SAP-Kunden wohl möglich sagen, ist SAP nicht mehr die richtige Technologie für mein Geschäft.
Das wird SAP sicher nicht wollen.
Ozcko: Das Preismodell für Cloud-Lösungen muss flexibler werden. Heute schreiben Kunden ein bestimmtes Volumen auf drei, vier oder fünf Jahre fest. Sie können mehr verbrauchen und dann entsprechend mehr bezahlen, aber nicht weniger. Upgrading ist möglich, Downgrading aber nicht.
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Gut, aber dass SAP-Kunden zur Konkurrenz überlaufen, damit wird zwar immer wieder gedroht. Ein realistisches Szenario ist das aber nicht, denn der Migrationsprozess wäre extrem aufwendig und kostenintensiv.
Ozcko: Das Marketing der SAP ist sehr stark auf die neue S/4HANA und auf die Zukunft ausgerichtet. Die klassischen Lösungen tauchen darin nicht auf. SAP hat aber eine Wartungszusage abgegeben, die klassischen ERP-Lösungen bis 2025 zu unterstützen. Diese Aussage zog sich durch alle Keynotes auf dem DSAG Jahreskongress und wir erwarten, dass die alte Software auch gepflegt wird. Das ist schon einmal gut, denn die meisten Kunden fahren ihr ERP noch on-premise.
Bedenken Sie aber: Eine Komplett-Migration von on-premise in die Cloud ist sowieso die grosse Ausnahme. Die meisten Kunden starten in der Cloud mit einer neuen Lösung, zum Beispiel ein HCM oder ein CRM, und da ist ein Providerwechsel weg von SAP hin zu einem Konkurrenzanbieter schon eine Option.
Was wurde in der DSAG-Landesgruppe Schweiz diskutiert? Als die SNB den Mindestkurs zum Euro aufgab, haben viele Schweizer SAP-Kunden Rabatte wie bei HP oder Microsoft gefordert. SAP Schweiz gab aber offiziell keinen Millimeter nach, sondern pochte auf die Einhaltung der bestehenden Verträge.
Ozcko: SAP Schweiz hat, soviel ich weiss, keinen generellen Schwenk vollzogen. Jedoch ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse bestimmter Schweizer SAP Kunden gab es schon. SAP Schweiz hat sich bewegt.



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