29.07.2015, 19:35 Uhr

Citrix will Produktfamilien verkaufen, holt sich Hedgefonds ins Boot

Der VDI-Marktführer Citrix soll auf Effizienz getrimmt werden. Hedgefonds 'Elliott' sitzt ab sofort im Vorstand. CEO und President Mark Templeton tritt zurück.
Citrix prüft zusammen mit Beratern die strategische Ausrichtung seiner GoTo-Produktfamilie. Dazu gehören das Online-Konferenztool GoToMeeting, das Zugriffstool GoToMyPC und GoToAssist. Auch eine Ausgründung oder einen Verkauf seiner GoTo-Produkte schliesst Citrix nicht aus. Gerüchte über den bevorstehenden Verkauf von Geschäftseinheiten kursierten bereits auf der Citrix Synergy im Mai dieses Jahres. Jetzt scheint es konkret zu werden. Als Finanzberater hat Citrix die Firmen Qatalyst Partners und Goldman, Sachs & Co engagiert.

Verkaufsgespräche: Schlüsseltechnologie ByteMobile

Auch für den Verkauf seines ByteMobile-Geschäfts hat sich das Unternehmen an einen Finanzberater gewandt, ohne bis jetzt jedoch Namen zu nennen. ByteMobile ist eine Schlüsseltechnologie zur Übertragung von Videos auf mobile Endgeräte. Video-Caching-Techniken und TCP-Protokol-Optimierungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Laut einer Pressemitteilung vom Mittwoch spricht Citrix bereits mit Dritten über einen möglichen Verkauf von ByteMobile.

Profitabilität soll steigen

Der Citrix-Vorstand hat zudem ein "Operations Committee" gegründet, das die Prozesse und die Finanzstruktur des Unternehmens auf Profitabilität prüfen soll. Erklärtes Ziel ist dabei, durch Vereinfachung, Effizienz und Optimierungen im Lösungsportfolio die Umsatzrendite zu steigern. Citrix will die Ergebnisse des Ausschusses veröffentlichen, sobald die erste Prüfung abgeschlossen ist. Die Umsatzrendite (nach GAAP) lag im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres bei 15 Prozent, auf Nicht-GAAP-Basis bei 25 Prozent. Für ein Software-Unternehmen ist das ganz gut, aber kein Anlass zur Euphorie. Nicht darin enthalten sind Ausgaben - zum Beispiel Abfindungen - im Zusammenhang mit laufenden Restrukturierungsprogrammen.

Hedgefonds sitzt im Vorstand

Die treibende Kraft hinter den Optimierungsmassnahmen dürfte die Elliott Management Corporation sein, die 7,5 Prozent des Citrix-Aktienbestandes hält. Die Corporation ist der Management-Arm des US-amerikanischen Hedgefonds Elliott International. Mit Jesse Cohn, auch das ein Teil der heutigen Ankündigung, sitzt zudem mit sofortiger Wirkung ein Elliott-Manager im Vorstand von Citrix. Cohn ersetzt Asiff Hirji, der mit sofortiger Wirkung den Vorstand verlässt. Ein weiteres neues, unabhängiges Vorstandsmitglied, das sowohl das Vertrauen von Citrix als auch von Elliott geniesst, steht noch nicht fest. Elliott Management war bereits Anfang des Jahres in die Schlagzeilen der Fachpresse geraten. Damals machten Gerüchte die Runde, die EMC-Gruppe wolle sich vom Virtualisierungsmarktführer VMware trennen. Zur EMC-Gruppe gehören neben VMware die Infrastruktur-Kerneinheit (Storage) und die Big-Data-/Analytics-Tochter Pivotal. Aus Sicht eines Investors würde der Verkauf der stark wachsenden VMware durchaus Sinn machen. Technologieaffinere Analysten meldeten jedoch Zweifel an. Zu gut ergänzen sich die Storage-Kern-EMC, VMwares Virtualisierungsportfolio und Pivotal. EMC-Chef Joe Tucci entschied sich schliesslich gegen den Verkauf.

Citrix-Aktie steigt um 10%

Die an der Nasdaq notierte Citrix-Aktie machte derweil einen Sprung nach oben. Sie stieg um 10 Prozent auf ein Jahreshoch von 76,64 US-Dollar. Die angekündigten Effizienzsteigerungs- und Optimierungsmassnahmen dürften der Haupttreiber gewesen sein. Von seinem Allzeithoch von 87,16 Dollar Ende Mai 2011 ist das Papier aber noch weit entfernt.

CEO Mark Templeton tritt zurück

Citrix soll sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, und dazu zählen vor allem XenDesktop und XenApp (VDI). Produktfamilien, die nicht zu diesem Kern gehören, werden abgestossen, und der Mann, der den Laden zusammengehalten hat und auch weiterhin zusammenhalten könnte, verlässt das Unternehmen. Citrix President und CEO Mark Templeton wird definitiv das Unternehmen verlassen. Man munkelt, dass familiäre Gründe dafür ausschlaggebend seien. Templeton kam 1995 als Vice President of Marketing zu Citrix, wurde 1998 President und 2001 Citrix-CEO. Unter seiner Ägide reifte Citrix zum Technologieführer und Global Player, der einen Jahresumsatz von über drei Milliarden Dollar erwirtschaftet. Templeton will seine Funktionen solange fortführen, bis ein Nachfolger gefunden worden ist. Veränderungen im zweiten Quartal 2015, verglichen mit dem zweiten Quartal 2014 (laut Citrix):
  • Umsatzrückgang bei Produkten und Lizenzen um zwölf Prozent
  • Umsatzsteigerung bei Software-as-a-Service um elf Prozent
  • Umsatzsteigerung bei Lizenz-Updates und Wartung um neun Prozent
  • Bei den "Professional Services" veringerte sich der Umsatz um zwölf Prozent. Dieser Bereich umfasst Beratung und Zertifizierung.
  • Schliesst man den Bereich Software-as-a-Service aus, blieb der Umsatz in EMEA konstant. In der Region Nord-, Mittel- und Südamerika betrug die Steigerung ein Prozent, in der Pazifik-Region verringerte sich der Umsatz um acht Prozent.
  • Der operative Cash-Flow lag im zweiten Quartal 2015 bei 201 Millionen US-Dollar, verglichen mit 204 Millionen US-Dollar im Vorjahreszeitraum.
  • Die Bruttomarge nach GAAP lag bei 83 Prozent, die Bruttomarge auf Nicht-GAAP-Basis bei 86 Prozent. Nicht enthalten sind darin die Effekte von Abschreibungen auf produktbezogenes, immaterielles Anlagevermögen und Ausgaben für aktienbasierte Vergütung.
  • Die Umsatzrendite nach GAAP lag bei 15 Prozent, die Umsatzrendite auf Nicht-GAAP-Basis bei 25 Prozent. Nicht enthalten sind darin die Effekte von Abschreibungen auf produktbezogenes, immaterielles Anlagevermögen, Ausgaben für aktienbasierte Vergütung und Ausgaben im Zusammenhang mit Restrukturierungsprogrammen.
  • Das Unternehmens kaufte 0,7 Millionen Aktien zu einem Durchschnittspreis von 66,33 US-Dollar zurück.



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