21.09.2015, 18:35 Uhr

Abacus deckt illegale Software-Vergabe auf

Und sie tun es schon wieder. St.-Galler Städte und Gemeinden vergeben IT-Aufträge ohne Ausschreibung unter der Hand. Obwohl das Verwaltungsgericht St. Gallen die unrechtmässige Vergabe ausdrücklich untersagt hatte.
St. Gallen, Rapperswil-Jona, Wil und Wittenbach dürfen vorerst keine neuen Software-Verträge abschliessen. Das Verbot hatte das Verwaltungsgericht St. Gallen im Juli erlassen. Der Verdacht auf Vergabe unter der Hand steht im Raum. Nun haben sich die vier Gemeinden - und 24 weitere - offensichtlich über das Verbot hinweg gesetzt und sehr wohl Aufträge erteilt. Insgesamt gehe es um ein Auftragsvolumen von jährlich 1,8 Millionen Franken, schreibt der Software-Hersteller Abacus und beruft sich auf das aktuelle Amtsblatt des Kantons. Der Beschaffungsmarkt für IT-Dienstleistungen der öffentlichen Hand im Kanton St. Gallen funktioniere nicht, schreibt Abacus in einer Pressemitteilung. 28 Gemeinden hätten in einer offensichtlich konzertierten Aktion gleichzeitig den Zuschlag für eine neue Softwarelösung an die VRSG vergeben. Dadurch würden andere Lieferanten für Gemeindesoftware systematisch ausgeschlossen.  Pikanterweise halten die Gemeinden, die nun schon wieder Finanzsoftware-Aufträge dem Verwaltungsrechenzentrum St. Gallen (VRSG) zugeschustert haben, selbst Aktien am VRSG. Man könnte also durchaus von einer eigennützigen Auftragsvergabe sprechen, von der die Gemeinden als Aktieninhaber profitieren. Die Einsicht in amtliche Dokumente hatte der St. Galler Stadtrat bis zuletzt zu verhindern versucht. Dort sind die Auftragsvergaben der Städte und Gemeinden aktenkundig. Aber ohne Erfolg: Letzte Woche hatte das Departement des Innern den St. Galler Stadtrat angewiesen, das Abacus-Gesuch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten nicht länger zu verzögern und "unverzüglich in die Hand zu nehmen".

Fadenscheinige Argumente

Abacus lässt nicht locker. Der Vergabe-Krimi  geht in die nächste Runde. Die freihändige Vergabe an die VRSG wird gerne damit begründet, dass - wegen zahlreicher Schnittstellen - nur die Software der VRSG in Frage komme. Diese Begründung sei haltlos, unterstreicht Abacus. Denn Schnittstellen stellten keine relevante Hürde für eine Software dar. Die Integration unterschiedlicher Programme und Formate über Schnittstellen gehört in der Tat zum Alltagsgeschäft eines jeden IT-Architekten. Den Beweis konnten Abacus noch nicht erbringen, weil das Softwarehaus bislang nicht einmal für eine Offerte zugelassen wurde. Die VRSG-Aktionäre wussten das bislang zu verhindern. Denn dann könne man zeigen, dass die Preise der VRSG überhöht seien und die Schnittstellen ohne Einschränkung gelöst werden könnten. So wie es in anderen Kantonen auch üblich sei, wo der Wettbewerb funktioniere. Hintergrund des hartnäckig geführten Streits ist ein neues Rechnungslegungsmodell, das bereits für das Budget 2018 gelten soll. Dafür brauchen die St. Galler Städte und Gemeinden eine neue Software. Schnittstellen zu anderen Applikationen sind zwar prinzipiell machbar. Um den Aufwand gering zu halten, setze man aber lieber auf die Finanzsuite der VRSG und habe sich für eine freihändige Vergabe entschieden. Diese Städte und Gemeinden haben laut Amtsblatt das VRSG mit einer neue Finanzsoftware beauftragt: Die Städte Altstätten, Gossau, Rapperswil-Jona, St. Gallen und Rorschach, die Gemeinden Au, Bad Ragaz, Berneck, Degersheim, Diepoldsau, Eschenbach, Flums, Gaiserwald, Gams, Kirchberg, Mels, Oberriet, Rorschach, Rorschacherberg, Sargans, Schmerikon, Sennwald, Sevelen, Steinach, Uznach, Uzwil, Vilters-Wangs und Wittenbach.



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