22.10.2015, 06:48 Uhr

So tickt der russische Hackermarkt

Auf dem russischen Hacker-Schwarzmarkt kann man sich von der DDOS-Attacke bis zur Geldwäsche so ziemlich alles bestellen, was das cyberkriminelle Herz begehrt. Ein Security-Experte und -Berater macht die Probe aufs Exempel.
Dmitry Slinkov hat sich auf eine heikle Mission begeben. Der Security-Experte und -Berater von Russia Consulting wollte testen, ob man wirklich auf dem russischen Cyberschwarzmarkt ohne Weiteres kriminelle Dienste bestellen kann, wie diverse Untersuchungen ergeben habe. An der Swiss-Cyber-Storm-Konferenz in Luzern teilte er gestern in einem Vortrag seine Erfahrungen. Bei seinen Tests galten für Slinkov zwei Maximen: Erstens durfte nicht das Gesetz gebrochen werden, zweitens sollte kein Geld an die Hacker gezahlt werden. Angebote für Hacking-Dienste fand der Berater sowohl im öffentlichen Internet, als auch im sogenannten Darknet. Die Services seien daher für jedermann erhältlich, lautet schon einmal ein Fazit.
Und das Angebot ist gross: Von der Miete eines Botnets über die Entwicklung von Viren - wohlgemerkt auch solche, die sich vor bekannten Antiviren-Programmen zu verstecken wissen -, die Ausführung von DDOS-Attacken (Destributed Denieal of Service) und Hacking bis hin zu Geldwäsche sind auf dem russischen Untergrundmarkt so ziemlich alles zu haben.

DDOS-Attacken im Test

Um zu testen, ob die Cyberkriminellen auch liefern, was sie im Netz versprechen, konzentrierte sich Slinkov auf DDOS- und E-mail-Hacking-Dienste. Um die Wirksamkeit der DDOS-Angriffe auszuprobieren, errichtete er einen Webserver, der bei einem holländischen Cloud-Anbieter gehostet wurde. Diesen Honeypot sollten die Hacker angreifen. Denn viele von ihnen bieten oft Gratis-Tests an, bei denen sie einen zweiminütigen Angriff starten. «Beim ersten Anbieter konnte ich tatsächlich eine zwei Minuten dauernden Angriff feststellen. Allerdings war der Erfolg mässig, die Webseite war während der ganzen Zeit erreichbar», beschreibt Slinkov seine Erfahrungen. Der zweite «Dienstleister» sei dann etwas besser gewesen. Dessen Attacke habe bewirkt, dass die Webseite eine Minute unten war. Dann hätten aber bereits die Sicherheitsinstallationen des Providers gegriffen und die DDOS-Attacke beendet. Bei der Beobachtung der Angriffe konnte er einige interessante Beobachtungen machen. So stellte Slinkov fest, dass bei einer der DDOS-Bemühungen hauptsächlich US-amerikanische Bot-Rechner verwendet wurden. «Auf diese Weise könnte man beispielsweise als Verfolgungsbehörde auf die Suche nach Botnets gehen», meinte Slinkov und lächelte verschmitzt. Nächste Seite: Phishing-Versuche und Fazit Beim E-mail-Hacking liess der Experte dann einen fingierten Firmen-Mailserver angreifen. Dieser habe aus einem sehr rudimentären Brute-force-Angriff bestanden, bei dem einfach ID und Passwortkombinationen durchprobiert werden. Da Slinkov einstarkes Passwort verwendete, seien die Hacker immer noch dran, wie er augenzwinkernd erzählte.

Schonung für gmx.ch und bluewin.ch

Schliesslich untersuchte er die Phishing- und Spam-Angebote. Dabei stellte sich heraus, dass die Hacker nicht gewillt waren, Attacken auf gmx.ch- und bluewin.ch-Adressen durchzuführen. Dagegen war die Angebotspalette für Gmail-Adressen gross. Die vorgeschlagenen Phishing-Mails seien zum Teil sehr professionell gestaltet gewesen, so Slinkov. Auch hier könnten eigentlich grosse Email-Anbieter von den Offerten profitieren. «Ein grosser Teil dieses Marktes könnte zerstört werden, wenn Mail-Provider solche Dienste bestellen und danach ihre Filter entsprechend tunen würden», schlägt Slinkov vor. Denn, und auch dies ist ein Fazit des Security-Experten: die Hacker würden ungeniert auch gegenüber Unbekannten Offerten machen. «Man kann also aus diesem Schwarzmarkt durchaus auch im Guten seinen Nutzen ziehen», ist Slinkov überzeugt. Bleibt noch die Frage, wer solche Dienste in Tat und Wahrheit nachfragt. Laut Slinkov sind dies hauptsächlich kleinere und mittlere russische Unternehmen, die wegen der derzeitigen ökonomischen Krise sich gegenseitig mit DDOS-Attacken eindecken.



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