14.10.2011, 09:02 Uhr

Schweizer Behörden setzen Trojaner ein

Trotz strittiger Rechtslage setzten Schweizer Behörden Trojaner zur Überwachung verdächtiger Personen ein. Die Piratenpartei spricht von einem Skandal
Also doch - Trojaner werden von Behörden trotz schwammiger Rechtslage auch in der Schweiz eingesetzt.
Also doch. Schweizer Strafverfolgungsbehörden setzen auch Trojaner ein. Die Hinweise verdichteten sich, als gestern ein Sprecher der Firma DigiTask breitwillig erläuterte, das ihre Trojanersoftware auch an die Schweiz geliefert wurde. Die Bestätigung lieferte gestern EJPD-Sprecher Guido Balmer. So hat die Bundesanwaltschaft, die Bundeskriminalpolizei und die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich solche Software eingesetzt. Anders als in Deutschland ist in der Schweiz der Einsatz von Spionagesoftware nicht verboten, sondern «nur» umstritten. Klar ist: im bestehenden Gesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) ist nichts geregelt. Hingegen stützen sich die Polizeibehörden auf das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege (quasi ein Meta-Gesetz) in dem der «Einsatz technischer Überwachungsgeräte» von Zwangsmassnahmenrichtern bewilligt werden können. Auch in der neuen Strafrechtsprozessordnung wird nicht explizit geregelt, wie weit die technischen Massnahmen führen dürfen. Welche Massnahmen angeordnet werden, hängt oft vom zuständigen Richter ab, wie Thomas Hansjakob, Kommentarverfasser zum neuen BÜPF, gegenüber dem Tagesanzeiger erklärt. Er wünscht sich aber Rechtssicherheit und eine klare Regelung, die in der Revision im BÜPF einfliessen soll. In dieser Frage hat sich jedoch breiter Widerstand formiert. Piratenpartei spricht von Skandal Entsprechend heftig fallen die Reaktionen bei der Piratenpartei Schweiz aus. Die «Internet-Partei» schreibt auf ihrer Homepage, dass sich die Behörden an rechtsstaatliche Prinzipien halten müssen. Der Einsatz eines Staatstrojaners ohne gesetzliche Grundlage sei nicht zu rechtfertigen, auch dann nicht, wenn damit Terrorismus bekämpft wird. Denis Simonet, Präsident der Piraten Schweiz, spricht auf tagesanzeiger.ch von einem «Skandal». Simonet weist zu Recht darauf hin, dass mit solcher Software Veränderungen am Computer vorgenommen werden können, ohne dass jemand nachweisen kann, wer diese vorgenommen hat. So wäre es theoretisch möglich, belastendes Text- oder Bildmaterial auf einen Computer hochzuladen, der zu einem späteren Zeitpunkt beschlagnahmt und untersucht wird. Das ist wie wenn die Polizei eine Hausdurchsuchung vornimmt, sich aber zuvor schon im Haus zu schaffen machte. Somit seien Trojaner nicht dazu geeignet, verwertbare Beweise zu erheben, da sie per Definition das System verändern. Genau diesen Punkt nimmt der Zürcher Rechtsanwalt Martin Steiger in einem Blogbeitrag auf. Er moniert, dass für Strafverfolgungsbehörden eigentlich das strafrechtliche Legalitätsprinzip gelte. Das heisst, die Behörden dürfen nur im gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Rahmen Beweismittel erheben und Zwangsmassnahmen durchführen. Da in der Schweiz jedoch kein absolutes Beweisverwertungsverbot bestehe, wird bei schweren Straftaten oft eine Güterabwägung zugunsten von rechtswidrig beschafften Beweismitteln getroffen. Der Anwalt selbst findet die Verwendung von Trojanern «äusserst dreist» und plädiert für einen vollständigen Verzicht. Was halten Sie vom Einsatz des Staatstrojaners? Schreiben Sie Ihre Meinung in das Kommentarfeld.



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