19.11.2014, 16:57 Uhr

Software-Monokultur im Aargau

Im Kanton Aargau dürfen sämtliche Betreibungsämter nur noch eine Software einsetzen. Das Bundesgericht ging nicht auf die Beschwerden von zwei Gemeinden ein
Im Kanton Aargau ist ein Gezerre um den Einsatz der Betreibunsämter-Software vom Bundesgericht beendet worden. Als es in den Jahren 2009 / 2010 zu massiven Störungen des weitverbreiteten WinBeam S2 der Firma Sage kam, reifte beim Obergericht die Auffassung, dass es eine neue Lösung braucht. Sodann hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission (SchKK) des Obergerichts als Aufsichtsbehörde der Betreibungsämtern im Mai 2012 entschieden, dass nur noch eine Software auf den Konkursämtern eingesetzt werden darf. Das Projekt NABS (Neue Aargauische Betreibungs-Software) wurde ins Leben gerufen. Im Mai 2013 erhielt die Betreibungsamt-Software eXpert der Firma BK Solution AG den Zuschlag. Jetzt hat das Bundesgericht diesen Entscheid bestätigt, indem es nicht auf Beschwerden zweier Aargauer Gemeinden eingegangen ist. In einer Stellungsnahme gegenüber Computerworld schreibt das Obergericht, dass es von den Urteilen Kenntnis genommen hat und somit die Strategie des einheitlichen EDV-Programm für den gesamten Kanton Aargau fortgesetzt werden kann. Die SchKK sieht durch die einheitliche Software massgeblich vereinfachte Abläufe bei der Wartung, Weiterentwicklung, Schulung und Stellvertretung.

Kritik an Zentralisierung

Gegen den Entscheid der SchKK haben die Gemeinde Niederrohrdorf und Spreitenbach rekurriert. Erfolglos. Der Niederrohrdorfer Gemeindeschreiber Hugo Kreyenbühl zeigte sich im Gespräch mit Computerworld enttäuscht. Das Bundesgericht sei materiell gar nicht auf die Beschwerde eingetreten. Jetzt müsse die Gemeinde das gut funktionierende, jedoch eher ältere WinBeam S2 der Firma Sage ablösen. «Das kostet uns in den nächsten 4 Jahren rund 50'000 Franken mehr» sagt Kreyenbühl. Jean-Jacques Suter, CEO von Sage wollte sich zu den aufgetretenen Problemen bei WinBeam gegenüber Computerworld nicht äussern. Er sieht aber generell fortschreitende Zentralisierungstendenzen in den Kantonen. Aus seiner Warte müssten die Gemeinden sehr genau hinschauen, ob sich das tatsächlich lohne, auch vom finanziellen Aufwand her. Dass die Entwicklung im Aargau etwas mit dem zeitlich zusammenfallenden Verkauf des E-Gov-Bereichs an die e-Serve AG zu tun hat, verneinte er. Der Entscheid der SchKK für eine einheitliche Software sorgte auch bei Kantonsparlamentarier für rote Köpfe. So wollte SVP-Grossrat René Bodmer in einer Interpellation wissen, warum die Software WinBeam als «End of Life» bezeichnet würde. Als Antwort steht unter anderem der fehlende Support der Firma Sage. Dem widerspricht jedoch Kreyenbühl: «Wir hatten immer Support». Sage CEO Jean-Jacques Suter wollte sich nicht konkret äussern, meinte aber, dass Support-Verträge oft als überflüssig angeschaut werden.

Sage verkauft E-Gov-Sparte

Aber all das muss Suter bald nicht mehr kümmern. Wie oben erwähnt, hat Sage seine E-Gov-Sparte mit den Produkten Sage 200 WinBeam und WinBeam 2S sowie die Lösung für Konkursämter WinKoam 2S an das Unternehmen e-Serve AG verkauft, welches ebenfalls schon Software im Bereich Betreibungs- und Konkursamtlösungen anbietet. «Wir haben einen anderen strategischen Fokus, WinBeam ist bei e-Serve in guten Händen» sagt Suter. Fünf Mitarbeiter von Sage werden zu e-Serve wechseln.



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