14.12.2015, 14:43 Uhr

Schweizer Behörden wissen noch nicht, wie sie Internetkriminalität bekämpfen sollen

Internetkriminalität nimmt in der Schweiz immer mehr zu. Die Behörden können mit der Aufklärung nicht mithalten, es fehlen Ressourcen und Zuständigkeiten.
350 Strafanzeigen gingen dieses Jahr bei der Bundesanwaltschaft (BA) wegen Phishing ein, berichtet die «NZZ am Sonntag» (Artikel online nicht verfügbar). Im Jahr zuvor waren es 240 gewesen. Davon behandelt die BA «wegen fehlender Ressourcen» nur zwei im Rahmen von Pilotverfahren, sagte Bundesanwalt Michael Lauber. Alle anderen Anzeigen würden zurückgestellt. Ähnliches berichten der «NZZ» Kantonsvertreter.

Die Ressourcen sind aber nur ein Teil des Problems. Das andere ist die Kompetenzregelung. Gemäss «NZZ» ist bei Phishing zwar geregelt, dass die Bundesanwaltschaft «die meisten Verfahren» führen muss. In allen anderen Fällen von Cybercrime sei die Frage aber noch nicht geklärt. Die Bundesanwaltschaft versuchte vor einigen Monaten, die Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen im Cyberkriminalitätsbereich zu verteilen. Der Vorschlag stiess insbesondere bei den kleinen Kantonen aber auf Ablehnung, Hauptgrund waren die Kosten. Für die Verfolgung von Internetverbrechern werden IT-Spezialisten und IT-Infrastruktur benötigt, beides ist in den Kantonen nicht genügend vorhanden. Weil es utopisch und wenig sinnvoll wäre, müsste jeder Kanton eigenes Know-How aufbauen, schlägt Rolf Grädel, Generalstaatsanwalt des Kantons Bern und Präsident der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz, in der «NZZ» vor: «Für mich liegt die Zukunft in der Bildung von regionalen Kompetenzzentren, welche Cybercrime-Fälle bearbeiten und welche den betreffenden Kantonen für den entstandenen Aufwand Rechnung stellen.» Derzeit arbeitet die Bundesanwaltschaft an einem zweiten Entwurf, der die Zuständigkeiten von Bund und Kantonen regeln soll. Weil die Cyberkriminalität nicht zurückgehen wird, steht die Bundesanwaltschaft unter einem gewissen Druck, die Kantone zu überzeugen.



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