Schmiergeldprozess in Luzern 16.02.2017, 07:14 Uhr

Ex-Informatikchef beteuert Unschuld

Im Prozess gegen den Ex-Informatikchef des Kantons Luzern hat der Angeklagte seine Unschuld beteuert, während der Staatsanwalt von einer aktiven, langfristig angelegten Korruption spricht.
Der ehemalige Informatikchef des Kantons Luzern hat sich am Mittwoch vor dem Luzerner Kriminalgericht wegen ungetreuer Amtsführung und Urkundenfälschung verantworten müssen. Er beteuerte dabei seine Unschuld. Die Anklage dagegen verlangt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, ein Jahr davon unbedingt. Dem 49-jährige Informatiker wird vorgeworfen, sich als Chef der Informatikabteilung des Kantons Luzern unrechtmässig bereichert zu haben. Er soll mehrmals heimlich Provisionen von Firmen im Gesamtbetrag von 323'000 Franken kassiert haben, nachdem diese Aufträge seiner Dienststelle erhalten haben. Zudem soll er gegenüber der Steuerprüfung Verträge gefälscht respektive vordatiert haben. Die Unregelmässigkeiten wurden festgestellt, als die Aufsichts- und Kontrollkommission des Kantonsparlaments die Beschaffungen der Informatik in den Jahren 2009 bis 2011 unter die Lupe nahm. Im März 2013 reichte die Luzerner Staatskanzlei Strafanzeige ein.

Staatsanwalt: «Der Bock zum Gärtner gemacht»

Nach Meinung der Anklage hatte man mit der Wahl des Angeklagten zum Dienststellenleiter «den Bock zum Gärtner» gemacht. Der Dienststellenleiter habe von einem «undurchsichtigen Vertragswerk» profitiert, sagte der Staatsanwalt. Das Vorgehen sei bewusst gewesen und nicht bloss ein Versehen. Es handle sich um eine aktive, langfristig angelegte Korruption. Der ehemalige Amtschef habe gegenüber seinen Vorgesetzten die Nebeneinkünfte verschwiegen. Durch den Jobwechsel von der Privatwirtschaft zum Dienststellenleiter beim Kanton habe sich das Einkommen des Mannes von vorher 63'000 auf «schlappe» 15'400 Franken reduziert, und das habe er nicht hinnehmen wollen, sagte der Staatsanwalt. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wiegt das Verschulden des Angeklagten schwer. Er habe seine Stellung missbraucht. Das untergrabe den Glauben an die Demokratie. Auch habe er eine erhebliche kriminelle Energie aufgewendet. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe von drei Jahren fordert die Anklage eine Geldstrafe von 18'000 Franken (90 Tagessätze à 200 Franken). Nächste Seite: Verteidiger verlangt Freispruch

Verteidiger verlangt Freispruch

Der Verteidiger dagegen forderte Freispruch in allen Anklagepunkten. Es sei weder ein strafrechtlich relevanter Schaden, noch eine Unrechtmässigkeit ersichtlich. Er betonte, dass anfänglich von einer Schadensumme von sieben Millionen Franken die Rede gewesen sei und sein Mandant vorverurteilt worden sei. Nun sei gerade noch von 323'000 Franken die Rede. Aber auch dieser Betrag reduziere sich auf die Hälfte, wenn man nur seine Zeit als Dienststellenleiter berücksichtige und nicht noch die Zeit als Projektleiter. Die Provisionen seinen auf Grund eines Vertrages erfolgt, der vor seiner Zeit als Dienststellenleiter abgeschlossen wurde; als er das Amt angetreten habe, sei er in dieser Sache nicht mehr aktiv gewesen. Es seien sogar weniger Aufträge an die betreffenden Firmen ergangen als vorher. Der Verteidiger betonte, dass sein Mandant vom Kanton Luzern beigezogen wurde, weil ein Informatik-Projekt in den Sand gesetzt worden und ein Verlust von 1,6 Millionen Franken angefallen war. Der Angeklagte habe ein neues Projekt aufgegleist und - auch nach Aussagen seiner Vorgesetzten - erfolgreich umgesetzt.

Angeklagter: «Keine unrechten Handlungen»

In der Befragung vor dem Kriminalgericht sagte der Angeklagte, er wisse heute, dass die fraglichen Verträge nicht unproblematisch gewesen seien. Heute sehe er das anders. Er sei aber überzeugt, keine unrechtmässigen Handlungen begangen zu haben. Die Departementsleitung habe damals signalisiert, dass sie kein Interesse an früheren Verträgen habe. Nach Ansicht des Mannes hätte ein interne administrative Untersuchung gereicht, ein Strafprozess wäre nicht nötig gewesen. In seinem Schlusswort dankte der Angeklagte dem Gericht, dass er erstmals seit vier Jahren ein Gesamtbild der Angelegenheit habe darlegen können. Die Staatsanwaltschaft sei kein einziges Mal auf seine Beweisanträge eingegangen. Der Verteidiger hatte am Mittwoch eine Reihe von Beweisanträgen gestellt. Unter anderem würde er gerne den «grossen Abwesenden», Finanzdirektor Marcel Schwermann (parteilos), vor Gericht befragen. Dies weil sich die Anklage stark auf die Aussagen Schwerzmanns stütze. Der Regierungsrat sei auf Distanz zum Angeklagten gegangen und habe eine nähere Bekanntschaft bestritten, obwohl dieser ihm seinerzeit beim Zügeln geholfen habe. Das Kriminalgericht behält sich vor, im Rahmen der Urteilsberatung allenfalls das Beweisverfahren wieder zu öffnen und einen neuen Prozesstag einzuberufen, falls sich ein Schuldspruch abzeichnet. Der Entscheid dürfte in den nächsten Wochen fallen.



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