30.06.2017, 16:59 Uhr

Estland will die Digitalisierung in der EU vorantreiben

Am Samstag übernimmt Estland erstmals den EU-Ratsvorsitz. Der kleine Baltenstaat mit dem Spitznamen «E-Estonia» will die Digitalisierung Europas vorantreiben.
Es war eigentlich alles ganz anders geplant: Passend zum 100-jährigen Jubiläum der Staatsgründung sollte der kleine Ostseestaat Estland Anfang 2018 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen – zum ersten Mal seit dem Beitritt zur Europäischen Union 2004. Doch dann stimmten die Briten für den EU-Austritt. Und weil Grossbritannien deshalb auf seinen EU-Ratsvorsitz in der zweiten Jahreshälfte 2017 verzichtete, musste jemand anderes übernehmen. An diesem Samstag springt deswegen das gerade einmal 1,3 Millionen Einwohner zählende Estland ein. Gezwungenermassen – aber mit Zuversicht und viel Elan. Sechs Monate wird der Baltenstaat nun massgeblich für die Geschäfte der EU-Mitgliedstaaten zuständig sein und eine wichtige Vermittlerrolle bei Meinungsverschiedenheiten einnehmen. «Das ist eine Rolle, die wir mit Verantwortungsbewusstsein übernehmen, aber auch mit grosser Begeisterung und voller Hoffnung», sagt Regierungschef Jüri Ratas.

Digitale Zukunft

Für seine «Reifeprüfung», wie Matti Maasikas, Vizeaussenminister für EU-Angelegenheiten, die Vorsitzpremiere bezeichnet, hat sich Estland ambitionierte Ziele gesetzt. Das Land will die EU in eine digitale Zukunft führen und für ein offenes und innovatives Europa eintreten. Darauf setzt auch Brüssel. Die Digitalisierung sei die DNA Estlands und müsse auch Teil der europäischen DNA werden, betont EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Europa setze dabei auf die Führung und das E-Know-how des Baltenstaats. Wie fortschrittlich sich Europa entwickeln kann, dafür scheint Estland ein hervorragendes Beispiel zu sein. «E-Estonia», wie sich der Baltenstaat selbst nennt, wurde 2005 zum weltweit ersten Land, in dem Bürger online wählen konnten. Selbstverständlich gibt es längst digitale Krankenakten und papierlose Verwaltungen. «Wir haben das Gefühl, dass wir Europa viel geben können», sagt Präsidentin Kersti Kaljulaid mit Blick auf die digitale Vorreiterschaft ihres Landes. Sie halte es nicht für vorstellbar, dass sich andere Staaten den Entwicklungen verweigern können. Nicht mehr denkbar sei es beispielsweise für Esten, sich einen Tag freinehmen zu müssen, um ein neues Auto anzumelden. Solche Dinge sind in dem Land mittlerweile online möglich.



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