Ecopop 01.12.2014, 18:30 Uhr

das sagt die Schweizer ICT nach der Abstimmung

Das Schweizer Stimmvolk hat die Ecopop-Initiative deutlich abgelehnt. Die heimische IT-Branche kann aufatmen, eine Annahme hätte die Situation des Fachkräftemangels deutlich verschärft.
Während am Sonntag Stimmzettel der Eidgenössischen Volksabstimmung ausgezählt wurden, dürften auch die Exponenten der Schweizer ICT nervös geworden sein. Denn eine Annahme der Ecopop-Initiative hätte die ohnehin schon schwierige Rekrutierung von IT-Talenten noch einmal massiv verschärft. Dieses Problem ist vom Tisch, das Volk hat die Zuwanderungsbeschränkung mit 74,1 Prozent deutlich abgelehnt. Entsprechend macht sich bei betroffenen Firmen Erleichterung breit. «Mit einem Bestand von 250 Mitarbeitenden in Wittenbach-St. Gallen und einem Ausländeranteil von knapp 20 Prozent sind wir als High-Tech-Firma darauf angewiesen, dass wir aus der EU qualifizierte Fachkräfte in einem vernünftigen Ausmass rekrutieren können», sagt Thomas Köberl, Mitgründer und Mitglied der Geschäftsleitung von ABACUS Research. «Angesichts dieser Tatsachen freut uns logischerweise der Ausgang der Ecopop-Initiative. Allerdings wird die bevorstehende Kontingentierung von Arbeitskräften aus der EU als Folge der Masseneinwanderungsinitiative auch unserer Branche noch zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten aufgrund der Tatsache, dass es bereits heute schwierig ist, ausgewiesene IT-Spezialisten zu finden.» Die Frist zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative läuft am 9. Februar 2017 aus. Bis dahin muss die Zuwanderung mit jährlichen Höchstzahlen und Kontingenten für alle ausländerrechtlichen Kategorien (ausser Kurzzeitaufenthaltern) gesteuert werden. Gibt es bis dahin kein entsprechende Gesetz, dürfte der Bundesrat mittels Verordnung entscheiden wie die Kontingente vergeben werden. Wie die Umsetzung aussehen wird, weiss derzeit noch niemand.

US-Techies wortkarg trotz Betroffenheit

Besonders froh dürfte - gerade wegen der Masseneinwanderungsinitiative - die Schweizer Niederlassung von Google über das Ergebnis sein. Die Firma versinkt dank ihres Namens und vorbildlicher Leistungen für die Mitarbeiter bisher in einer Flut von Bewerbungen, ist aber auch von einer regen Fluktuation betroffen. Die Masseneinwanderungsinitiative dürfte ihr darum einige Probleme bescheren, umso besser, wurde Ecopop abgelehnt. Dezidiert zu möglichen Vorteilen der Ecopop-Ablehnung äussern möchte man sich - wie Konkurrentin Microsoft - gegenüber Computerworld nicht. Klar Stellung bezieht dafür ein anderer Schweizer Ableger einer grossen US-Tech-Firma: IBM. «Wir begrüssen den klaren Entscheid gegen eine weitere Abschottung. Dieses Signal  ist von grösster Bedeutung, hat doch Offenheit nach aussen die Schweiz als Wirtschaftsstandort so erfolgreich und innovativ gemacht».

Ergon, Swisscom und SBB freuen sich

Ergon ist eine Schweizer IT-Firma, die bekannt dafür ist, hauptsächlich Top-Talente einzustellen. Entsprechend froh ist man über den Wahlsonntag. «Eine zu restriktive Ausländerpolitik in der Schweiz führt dazu, dass grosse Unternehmen vermehrt ganze IT-Abteilungen und IT-Projekte ins Ausland verlagern», sagt Patrick Burkhalter, CEO von Ergon Informatik. «Damit würde in der Schweiz ein wichtiger Teil an Wertschöpfung und auch IT-Know-how verloren gehen. Einerseits, weil Arbeitsplätze ins Ausland verschoben werden. Andererseits, weil viele Schweizer Dienstleister an solchen Grossprojekten ebenfalls mitarbeiten und von solchen Auslagerungen ebenfalls stark betroffen wären.» Dass es ohne Zuwanderung nicht gehen würde, sagt auch die Swisscom. «Swisscom ist auf die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte angewiesen. Wir stehen bei der Suche nach qualifizierten Spezialisten längst im Wettbewerb mit globalen Firmen wie Google oder Microsoft. Nur so können wir den Wirtschafsstandort Schweiz stärken und unseren Kunden täglich das Beste bieten.» Bei den Schweizerischen Bundesbahnen, mit rund 1000 (internen und externen) IT-Angestellten einer der grössten Arbeitgeber in diesem Bereich, heisst es: «Die Annahme der Ecopop-Initiative hätte die gesamte Schweizer Wirtschaft getroffen, und damit auch die SBB. Als grosser Arbeitgeber ist die SBB auf Fachkräfte aller Qualifikationsstufen angewiesen, auch aus dem Ausland. Hoch qualifizierte ausländische Mitarbeiter sind eine wichtige Stütze für eine effiziente und qualitativ hochstehende Produktion am Wirtschaftsstandort Schweiz. Zudem tragen sie zur Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen bei und erhöhen so die Konsumnachfrage in der Schweiz.» Für den ICT-Standort Schweiz war die gestrige Abstimmung sehr wichtig, das ist den Aussagen zu entnehmen. Nun müssen die Unternehmen einen Weg finden, diese Argumente auch für die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gewichtig und wiederholend vorzubringen. Ansonsten werden die Probleme, welche mit der Ecopop-Ablehung entschärft wurden, akut werden.



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