04.12.2014, 14:42 Uhr

Bundesrat schadet mit seinen Entscheiden der ICT - und der Schweiz

Der Bundesrat kürzt die Kontingente für ausländische Fachkräfte, um die Masseneinwanderungsinitiative umzusetzen. Davon sind ICT-Unternehmen besonders betroffen. Sie haben darum bereits begonnen, die Jobs auszulagern.
Der Bundesrat scheint der IT-Branche derzeit nicht wohlgesonnen. Zuerst erlässt er, dass kritische ICT-Infrastruktur des Bundes nur von heimischen Anbieternerbracht werden darf. Ein Entscheid, der sogar der Swisscom ? als eigentlich grossem Profiteur - missfällt, wie CEO Urs Schaeppi kürzlich an einer Veranstaltung erwähnte. Und letzten Freitag kürzte der Bundesrat die Kontingente für Fachkräfte aus Drittstaaten. 2000 von gesamthaft 8000 Aufenthaltsbewilligungen werden gestrichen. Über die Beschränkung von Drittstaatlern wolle man einen Anreiz für Schweizer Unternehmen setzen, das inländische Arbeitskräftepotenzial noch effektiver auszuschöpfen, sagte der Bundesrat in einer Mitteilung. Unter dem Entscheid, bei dem die Kantone übergangen wurden, leidet aber besonders die ICT-Branche. Ein Drittel der betroffenen Arbeitsbewilligungen gehe erfahrungsgemäss an die IT-Branche, sagte ICTswitzerland-Präsident Ruedi Noser dem Online-Portal Newsnet. Und die sei kantonal sehr unterschiedlich vertreten. So würde Zürich deutlich stärker betroffen sein als beispielsweise das Appenzell.

Viele Migranten in der ICT

Firmen, die ICT-Fachkräfte suchen, greifen heute besonders oft auf ausländische Fachkräfte zurück, schenkt man einer aktuellen Studie Glauben. Alleine in den letzten fünf Jahren sind demnach 24 300 ICT-Fachkräfte in die Schweiz immigriert, die eine Beschäftigung im ICT-Umfeld fanden und sich noch immer in der Schweiz aufhalten. Das ist rund jeder achte ICT-Beschäftigte, was einem beinahe doppelt so hohen Migrantenanteil wie dem Schweizer Durchschnitt von 7 Prozent entspricht. 75 Prozent davon stammen zwar dem EU/ETFA-Raum und die sind damit nicht von den Kontingentkürzungen betroffen. Doch auch ICT-Fachkräfte aus diesen Regionen werden weniger in die Schweiz gelassen. Denn der Bundesrat kürzt auch die Höchstzahlen für Dienstleistungserbringer aus EU/EFTA-Staaten mit einer Einsatzdauer von über 90 respektive 120 Tagen pro Jahr. Anstatt 3000 werden nur noch 2000 dieser Kurzaufenthaltsbewilligungen erteilt. Und die Aufenthaltsbewilligungen für Personen, die länger als 120 Tage in der Schweiz bleiben, werden um die Hälfte reduziert und betragen im Jahr 2015 noch 250 Einheiten. Diese Höchstzahlen gelten für alle Dienstleistungserbringer, die sich nicht auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) oder das EFTA-Übereinkommen berufen können.

Offshoring als Lösung

Natürlich muss die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt werden, doch auf diese Art bringt sich der Bundesrat in ein Dilemma. Die Unternehmen werden deswegen nicht weniger ausländische Fachkräfte anstellen ? es gibt schlichtweg zu wenig inländisches Potenzial. Stattdessen haben sie bereits begonnen, andere Massnahmen zu ergreifen, um von der politischen Agenda nicht überrollt zu werden. Anstatt Mitarbeiter in die Schweiz zu locken, stellt man sie nun Herkunftsland ein, wo sie ausschliesslich für die Schweizer Niederlassung arbeiten. Einerseits können die Firmen dadurch sicherstellen, dass die Mitarbeiter über die nötigen Qualifikationen verfügen. Dabei geht es nicht nur um IT-Fertigkeiten, sondern beispielsweise auch Sprachkenntnisse, um die eigenen Systeme zu verstehen. Andererseits will man sich nicht der Politik ausliefern lassen müssen und in die Situation kommen, irgendwann aufgrund mangelnder Fachkräfte den Betrieb nicht mehr weiterführen zu können. Und dass die Fachkräfte, die auf anderen Kontinenten arbeiten günstiger sind wie diejenigen, die in der Schweiz arbeiten, ist auch ein nicht zu verachtender Vorteil. Aber einer, den man eigentlich nicht nutzen möchte, wie Computerworld erfuhr. Man sei durchaus bestrebt, die Arbeitsplätze in der Schweiz zu halten, sagten Verantwortliche auf unsere Nachfrage. Aber mit der derzeitigen Richtung, welche der Bundesrat eingeschlagen hat, werde einem das sehr schwer gemacht.



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