Uber und Medgate 01.02.2016, 12:00 Uhr

Schweiz spart mit Software

Die Taxi-Branche ist bereits «uberisiert» – auch in der Schweiz. Medgate entwickelt ähnlich erfolgreich neue Behandlungsmodelle für das Gesundheitswesen. Beides basiert auf Software.
Der weltweite Erfolg des Taxidienstes Uber steht symbolisch für die digitale Transformation der Wirtschaft. Mit clever kombinierter Technologie schickt sich Uber an, das Problem der Personenbeförderung innerhalb von Städten zu lösen. Uber ist allerdings nur Mieter von Cloud-Ressourcen, auf denen eine Vermittlungs-Software läuft. Das Programm stellt die Verbindung zwischen einem Fahrgast und einem Fahrer her, regelt die Abrechnung sowie die Bewertung der Leistung. Ubers Geschäft basiert ausschliesslich auf Software, das Unternehmen hat weder Fahrer angestellt noch besitzt es einen Fuhrpark. 
Wie der Schweizer Uber-Chef Rasoul Jalali erklärte, berechnet sein Unternehmen pro Fahrt eine Gebühr zwischen 20 und 25 Prozent. Mit einem Teil des Geldes zahlt Uber die Cloud-Kapazitäten und den Software-Betrieb. «Uber kostet den Fahrer nichts, wenn sein Wagen stillsteht. Dagegen berechnet eine Taxizentrale pauschal 1000 Franken pro Monat – ohne eine Auftragsgarantie», sagte Jalali.  Der Uber-Manager war einer der Gastredner an einem Anlass es IT-Dienstleisters adesso in Zürich. Dem Schweizer adesso-Geschäftsführer Hansjörg Süess ging es an dem Termin zur «New World of Business» um die Sensibilisierung seiner rund 170 Gäste für das Potenzial der digitalen Transformation. «Uber zeigt eindrucksvoll, dass Software längst nicht nur ein Thema für IT-Abteilungen ist», betonte Süess. Die Digitalisierung werde auch die Schweizer Wirtschaft verändern.
Uber ist längst in der Schweiz angekommen, bestätigte Jalali. In Zürich würde der Limousinen-Service UberBlack oftmals mit Teslas bedient, beim Taxi-Äquivalent UberX kämen viele Hybridautos zum Einsatz, gab er Beispiele. Die Limousinen- und Taxifahrer würden mit Uber den Stillstand ihrer Fahrzeuge vermeiden und ein zusätzliches Geschäft mit den Touren machen. Das Personenbeförderungsgewerbe sei also weniger eine Konkurrenz. Der Carsharing‎-Dienst Mobility ebenfalls nicht, denn der jährliche Mitgliedsbeitrag sei eine hohe Hürde für die spontane Nutzung, so Jalali. Nächste Seite: Milliarden sparen mit Software Zu einem gewissen Teil auf Software basiert auch das Geschäft des Telemedizinanbieters Medgate. Die Kommunikation läuft über Software, die Patientenakten sind in hochsicheren Datenbanken abgelegt. Medgate nutzt moderne IT intensiv. Der Dienst hat sich zum Ziel gesetzt, Arztbesuche für den Patienten bequemer und einfacher zu machen. Dafür können die Erkrankten per Telefon, per Internet oder per Videotelefonie mit einem Mediziner im Telemedizinischen Zentrum von Medgate in Kontakt treten. «80 Prozent der Fälle sind geeignet für Telemedizin – über alle Generationen hinweg. Wir leisten heute rund eine Million Telekonsultationen pro Jahr», erklärte Geschäftsführer Andy Fischer an dem adesso-Anlass. 
Bei den virtuellen Arztbesuchen sitzen heute über 70 Mediziner im Telemedizinischen Zentrum von Medgate und an Heimarbeitsplätzen. Sie werden zwar unterstützt von Computern und Datenbanken, die Entscheidung über eine Therapie trifft aber noch der Mensch, sagte Fischer. «Der Arzt leistet bei der Behandlung die Reproduktion von gesammelten Wissen. Computer beherrschen diese Disziplin viel besser», blickte er in die Zukunft der Medizin. Für den promovierten Arzt sei allerdings fraglich, ob die Computer auch Empathie lernt könnten, damit sie auch die nicht offensichtlichen Symptome einer Erkrankung diagnostizieren können. Unzweifelhaft seien Computer und Software aber eine grosse Hilfe für die Mediziner. Die Vernetzung der medizinischen Leistungserbringer birgt nach den Worten Fischers hohes Einsparpotenzial in der Schweiz. «Doppeluntersuchungen von Patienten kosten jährlich fünf Milliarden Franken zusätzlich», erklärte er. Durch abschliessend am Telefon behandelte Patienten oder gezielte Überweisungen an einen geeigneten Leistungserbringer können solche Doppeluntersuchungen vermieden werden. Dass Telemedizin funktioniert und bei den Patienten ankommt, dokumentiert das jährliche Wachstum von 38 Prozent. Solche hohen Steigerungsraten sind laut Fischer im eher trägen Gesundheitswesen ungewöhnlich. Weder Fischer noch Jalali wollten sich an dem Anlass entlocken lassen, welche Industrie als nächstes mit der «Uberisierung» rechnen muss. Sie rieten den Teilnehmern aus der Schweizer Wirtschaft jedoch, aufmerksam zu sein. «Wenn Sie in einer Branche arbeiten, die sich über Jahre Schutzwälle für ihr Geschäft aufgebaut hat, dann passen Sie besser auf», rief der Schweizer General Manager von Uber ins Publikum.



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